Kommentar
10:12 Uhr, 25.09.2015

Die Outperformer von morgen

Ist die Vergangenheit ein Maßstab für die Zukunft, dann müssen sich Anleger mit einer Reallokation ihrer Portfolios auseinandersetzen.

Jede Anlageklasse folgt im Prinzip der gleichen Systematik. Werte, die hoch gestiegen sind, fallen irgendwann wieder und die Underperformer der letzten Jahre werden die Outperformer der Zukunft. Diese Systematik ist weder neu noch ist sie ein großes Geheimnis, aber woher weiß man, wer die Outperformer von Morgen sind und wie viel sie outperformen werden?

Über die Outperformance der kommenden 10 Jahre gibt das marktbreite Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) Aufschluss. Besonders gut eignet sich die CAPE Ratio. Die Cyclical Adjusted Price-Earnings Ratio (CAPE oder Shiller KGV – nach dem Nobelpreisträger Robert Shiller) ist das durchschnittliche, inflationsbereinigte KGV eines Marktes über die vergangenen 10 Jahre.

Mit den Details der CAPE Ratio muss man sich als Anleger nicht weiter beschäftigen. Es reicht, wenn man den aktuellen Wert eines Marktes kennt. Das ist ausreichend, um auf die zukünftige Performance zu schließen. Wieso das möglich ist zeigt Grafik 1. Dargestellt ist die Performance des Dow Jones auf 10-Jahressicht. Die Zeitreihe beginnt im Jahr 1910. Der erste Datenpunkt zeigt, dass der Dow Jones von 1900 bis 1910 eine Gesamtperformance von 50% erzielt hat.

Die zweite Zeitreihe ist die invertierte CAPE Ratio, allerdings zeitlich um 10 Jahre vorversetzt. Invertiert man ein KGV, dann erhält man eine Rendite. Hat eine Aktie ein KGV von 10, dann hat sie eine Rendite von 10%. Liegt das KGV bei 20, dann liegt die Rendite bei 5%. Diese Renditen sind in der Grafik dargestellt und zeitlich versetzt.

Die Korrelation zwischen dem invertierten Shiller KGV und der Dow Jones Rendite ist sehr hoch und funktionierte als Indikation für die zukünftige Rendite exzellent. Versagt hat die Vorhersagekraft des Shiller KGV nur ein einziges Mal und das war zur Jahrtausendwende, als die Technologieblase entgegen jeglicher Vernunft die Kurse immer höher trieb.

Traut man dem Shiller KGV nach wie vor zu, dass es für Prognosen zutreffend ist, dann lässt sich der Verlauf des Dow Jones bis ins Jahr 2025 prognostizieren. Diese Prognose ist in Grafik 2 abgebildet. Der Index ist dabei zwei Mal zu sehen, einmal seit 1900 in logarithmischer Darstellung und einmal linear und nur seit 1990. In der linearen Darstellung lassen sich die Korrekturen und Bärenmärkte besser erkennen.
Die derzeitige Korrektur sollte den Dow Jones bis mindestens 15.300 Punkte zurückführen. Bis November 2018 ist dann eine Rallye bis 21.777 Punkte angesagt bevor ein Bärenmarkt den Index bis 13.700 zurückführt. Der darauffolgende Bullenmarkt lässt den Index dann auf 26.100 Punkte steigen. Schauen wir mal, ob die Prognose zumindest ansatzweise eintrifft.

Wem ein Anstieg des Dow Jones auf 26.000 Punkte nach einer guten Performance aussieht, der täuscht sich. Der Anstieg liegt im Vergleich zum heutigen Niveau bei knapp 60%. Pro Jahr entspricht das einer Performance von 4,7%. Da ist in einigen anderen Märkten deutlich mehr zu holen.
Grafik 3 zeigt Märkte weltweit mit ihren zu erwartenden, durchschnittlichen Renditen über die kommenden Jahre. Der US Markt ist hier mit lediglich 2,7% abgebildet. Das liegt vor allem daran, dass der gesamte US Markt deutlich höher bewertet ist als der Dow Jones. Die zukünftige Rendite fällt für den Gesamtmarkt daher deutlich geringer aus.

Die Performance über die kommenden 10 Jahre ist auf Basis des aktuellen Shiller KGV berechnet. Als aussichtsreich erweisen sich noch immer die Eurokrisenländer ebenso wie einige ausgewählte Schwellenländer. Besonders Brasilien sticht hier neben Russland hervor.

Bei einem Blick auf den Chart müsste man eigentlich sofort brasilianische, russische und ungarische Aktien kaufen. Trotzdem ist erst einmal Vorsicht geboten. Die Märkte sind auf einem interessanten Einstiegsniveau, doch jenseits der nüchternen Zahlen gibt es noch andere Faktoren, die eine Kaufentscheidung beeinflussen sollten.

Ungarn befindet sich auf einem zweifelhaften politischen Weg. Die Renditechancen des Marktes sind hoch, doch das politische Risiko ist nicht weniger hoch. Keiner weiß, was Orban als nächstes einfällt. Es könnte von einer Sondersteuer auf Unternehmen (wäre nicht das erste Mal) bis hin zu einem EU Austritt alles dabei sein. Ob Anlegern die mögliche Rendite ausreichend erscheint, um das politische Risiko zu kompensieren, ist fraglich.

Brasilien ist ein Markt in großen Schwierigkeiten. Nicht umsonst ist die potentielle Rendite so hoch. Hohes Renditepotential ohne Risiko ist nicht machbar, dennoch sind die Perspektiven gut. Als Anleger muss man vielleicht nicht sofort kaufen und kann sich Zeit lassen, doch die langfristigen Perspektiven des Landes scheinen sehr solide.

Die zukünftige Performance in Russland ist überschätzt. Da das Shiller KGV einen mehrjährigen Durchschnitt darstellt lebt es derzeit noch von den fetten Jahren mit Ölpreisen von über 100 Dollar. Realistischerweise muss man die Rendite halbieren, um zu einer sinnvollen Erwartung zu kommen.

Wer eine höhere Volatilität nicht scheut und sich vorstellen kann jenseits des Heimatmarktes aktiv zu werden, der kann eine höhere Rendite erzielen, wenn er einen Teil der Aktienpositionen umschichtet. Das Shiller KGV ist relativ zuverlässig, es ist jedoch kein Timing Instrument. Keiner weiß genau, ob die Outperformance jetzt oder erst in zwei Jahren beginnt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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