Kommentar
06:28 Uhr, 31.07.2017

350 Billionen-Markt: Die neue Benchmark ist da!

350 Billionen sind eine ganze Menge – ob in Euro oder Dollar spielt da keine Rolle. Dieser gigantische Markt soll nun reformiert werden.

Seit Anfang des Jahres wird gemunkelt, was mit dem wohl größten Markt der Welt passieren wird. Am Freitag ist es ein kleines Stück offizieller geworden. Die britische Notenbank favorisiert eine neue Benchmark für den 350 Billionen Markt.

Die Rede ist dabei von der Ablösung des LIBOR (London Interbank Offered Rate). Der LIBOR ist ein Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. Das kann in Dollar, Euro oder Pfund sein. Dazu gibt es unterschiedliche Laufzeiten, z.B. eintägige Transaktionen, wenn sich eine Bank nur über Nacht Geld bei einer anderen Bank leiht oder Transaktionen mit mehreren Monaten Laufzeit.

Die LIBOR Sätze sind die wichtigste Benchmark im globalen Finanzmarkt. Ungefähr 30 Billionen Kredite hängen in der einen oder anderen Form von der Benchmark ab. So mancher Immobilienkäufer zahlt auf seinen Kredite LIBOR+2 %.

Größer als der Kreditmarkt ist der Derivatemarkt. Allein das ausstehende Nominalvolumen für OTC (over the counter, außerbörslichen) Zinsderivate beträgt knapp 400 Billionen Dollar (Grafik 1). Ein Großteil davon hängt am LIBOR. Genau dieser soll bis 2022 abgelöst werden. Das ist schon recht mutig eine so wichtige Benchmark durch eine andere zu ersetzen. Da sollte besser nichts schiefgehen...

Deswegen wird die Angelegenheit auch zur Chefsache erklärt. Die Bank of England favorisiert derzeit den SONIA (Sterling Overnight Index Average). Dieser ist dem LIBOR nicht ganz unähnlich (Grafik 2). SONIA und LIBOR laufen ziemlich parallel. Sie sind auch ähnlich aufgebaut. Beide beruhen auf Zinssätzen, die Gläubiger ihren Schuldnern verrechnen.

Beim LIBOR war das Problem, dass Banken ausschließlich untereinander handelten. Daraus wurde ein handfester Skandal. Banken stimmten sich ab und manipulierten den LIBOR. Das soll beim SONIA nicht mehr möglich sein. Ganz ausschließen kann man eine Manipulation nicht, doch der LIBOR basierte zuletzt nur noch auf wenigen einzelnen Transaktionen. Je weniger Transaktionen es gibt, desto leichter ist eine Manipulation.

Die Notenbank reformiert den SONIA gerade, sodass zur Berechnung aktuell bis zu 400 Transaktionen herangezogen werden können. Das ist eine ganze Menge und schon deutlich schwerer zu manipulieren. Trotzdem wird es nicht leicht werden, den LIBOR zu ersetzen. Er hat zweifellos seine Schwächen. Es ist nicht nur die Anfälligkeit für Manipulation, sondern auch die schwindende Relevanz. Die Notenbanken haben den Markt mit so viel Liquidität versorgt, dass der Interbankenmarkt kaum noch die Aussagekraft der Vorkrisenjahre hat.

Wir dürfen gespannt sein, ob das alles reibungslos über die Bühne geht. Bis 2022 ist noch etwas Zeit. Für einen 350 Billionen Markt könnte es aber fast ein wenig knapp sein.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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