Kommentar
19:31 Uhr, 27.02.2019

Die nächste Rezession kommt sicher - aber die Geldpolitik ist diesmal nicht schuld

Praktisch alle Rezessionen seit dem Zweiten Weltkrieg wurden durch eine zu straffe Geldpolitik ausgelöst. Diesmal könnte es anders sein.

Global gibt es eine konjunkturelle Abkühlung. Einige Länder befinden sich bereits in einer Rezession (z.B. Italien). Die USA sind davon noch ein gutes Stück entfernt. Das hat auch mit der Geldpolitik zu tun. Diese ist nach wie vor sehr locker, auch wenn die Zinsen 2018 um einen Prozentpunkt angehoben wurden. Vor den letzten drei Rezessionen stiegen die Zinsen sehr viel schneller als in diesem Zyklus. Das führte unter anderem dazu, dass Unternehmen für ihre Schulden sehr viel Geld aufbringen mussten. Anfang der 90er Jahre waren es fast 3 % der Wirtschaftsleistung. Vor den letzten beiden Rezessionen waren es 2 %.


Dabei sind nicht so sehr die Ausgaben an sich das Problem, sondern die Geschwindigkeit, mit der sie ansteigen. Steigt die Zinslast zu schnell, würgt das Investitionen ab. Ein zu schneller Anstieg gibt den Unternehmen nicht ausreichend Zeit, sich neu aufzustellen.

Derzeit haben wir eine ungewöhnliche Situation. Die Zinslast sinkt. Unternehmen können sich immer noch günstiger refinanzieren als in den Jahren nach der Krise. Es ist sehr ungewöhnlich, dass eine Rezession beginnt, wenn die Zinslast sinkt. Es wäre wohl das erste Mal.

Rezession und das Hoch der Zinslast fielen seit den 50er Jahren immer zusammen (Grafik 2). Die Notenbank hat die Zinsen so schnell erhöht, dass die Zinskosten die Wirtschaft in die Knie zwangen. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Haushalte.

Die Zinsen sind zwar in den letzten Jahren gestiegen, doch im historischen Vergleich sind sie immer noch niedrig. Langlaufende Kredite oder Anleihen, die kurz vor der Krise oder in den Jahren danach abgeschlossen wurden, können immer noch günstiger refinanziert werden.

Das gibt der Wirtschaft viel Spielraum. Sie kann das Geld für andere Zwecke als den Zinsdienst einsetzen. Obwohl sich die Konjunktur abkühlt, ist das nicht notwendigerweise der Geldpolitik zuzuschreiben. Gemessen an den Zinskosten ist die Geldpolitik immer noch sehr akkommodierend.

Die Notenbank kann die Konjunktur immer noch abwürgen. Es kommt ganz darauf an, was sie in diesem Jahr tut. Es deutet allerdings fast alles darauf hin, dass es erst einmal keine weiteren Zinsschritte geben wird. Im Idealfall werden die Zinsen sogar gesenkt. Dann entsteht ein Szenario wie Mitte der 90er Jahre.

Die Notenbank hielt die Zinsen in einem Band von 4,5 % bis 6 % relativ stabil. Erst die finalen Zinsschritte zwischen 1998 und 2000 kippten die Wirtschaft. Würde die Fed die Zinsen heute in einem Band von 2-2,75 % belassen, ist ein noch lang anhaltender Aufschwung durchaus denkbar.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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