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12:55 Uhr, 06.07.2018

Die nächste Konjunkturverlangsamung entscheidet

Weder die Geld- noch die Haushaltspolitiken werden Carmignac-Finanzexperte Didier Saint Georges zufolge über das frühere Maß an Flexibilität verfügen, um die nächste Konjunkturverlangsamung in den Griff zu bekommen.

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Paris (GodmodeTrader.de) – Die überraschende Regierungsübernahme durch eine Koalition aus 5-Sterne-Bewegung und Lega in Italien hat die Finanzmärkte im Mai in Ausnahmezustand versetzt. Nachdem bekannt wurde, dass die Koalition auch Pläne für einen Ausstieg aus dem Euro in der Schublade hat, entstand eine politische Kettenreaktion, wie sie nur in Italien möglich ist. Diese löste einen Rückgang des Euro, der europäischen Aktienmärkte und vor allem der Anleihemärkte der europäischen Peripherieländer aus. Das erneute Schreckgespenst eines Euro-Ausstiegs eines EU-Mitgliedstaats spukte abermals in den Köpfen herum, wie Didier Saint Georges, Mitglied des Investmentkomitees bei Carmignac, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Es sei technisch durchaus möglich, dass ein souveränes Land zu seiner Landeswährung zurückkehre. Dafür müssten aber mindestens zwei Bedingungen erfüllt sein. Erstens müsse es dies wollen. Aktuell ergäben aber sämtliche Meinungsumfragen, dass die Mehrheit der Italiener in der Eurozone bleiben möchte. Eine demokratisch gewählte Regierung hindere zwar nichts daran, Entscheidungen gegen den Volkswillen zu treffen. Aber dieses Szenario wäre gelinde gesagt paradox bei einer Regierung, die sich ausdrücklich auf das „Volk“ berufe, heißt es weiter.

„Zweitens muss dieser Schritt überraschend erfolgen. Wenn eine Regierung dieses Vorhaben im Voraus ankündigen würde, gäbe es sofort eine Kapitalflucht und sie wäre ruiniert, bevor sie überhaupt mit der Umsetzung beginnen kann. Diese beiden Zwänge zusammen bedeuten, dass eine italienische Regierung auf ‚Italexit‘-Kurs ausdrücklich und bewusst im Widerspruch zu dem von ihren Wählern erteilten Mandat handeln müsste. Das ist wenig wahrscheinlich“, so Saint Georges.

Ob das heiße, dass Italien bald wieder umschwenke? Und würden die Finanzmärkte bald wieder an ihren Aufwärtstrend anknüpfen, der auch der Tatsache zu verdanken sei, dass im Sommer 2012 unter der aufmerksamen Leitung von Mario Draghi die Konvergenz der Kosten für den Schuldendienst der Länder der Eurozone eingeleitet worden sei? Dies sei aus zwei Gründen äußerst fraglich, heißt es weiter.

„Zum einen kann die gerade erst bestätigte Regierung von Giuseppe Conte zwar keinen Euro-Ausstiegsplan ankündigen, sie ist aber gewillt, mit der bisherigen Wirtschaftspolitik zu brechen: Die selbstverständliche Haushaltsdisziplin wird in Frage gestellt. Die Finanzmärkte werden eine bewusste weitere Ausweitung der Haushaltsdefizite wohl kaum positiv aufnehmen. Dieses Risiko dürfte sich zunächst aber nicht allzu sehr auswirken, vor allem weil Italien noch einen kleinen Spielraum hat, bevor das Land in Gefahr gerät (es weist zurzeit ein geringeres Haushaltsdefizit als Frankreich auf und kann auf einen Leistungsbilanzüberschuss verweisen). Ebenso ist vorstellbar, dass die Fixierung Salvinis auf die Migrationsfrage Brüssel oder dem deutsch-französischen Tandem einen Ansatzpunkt gibt, um im Austausch gegen ein Entgegenkommen in dieser Frage ein Wirtschaftsprogramm zu erhalten, das für die Märkte akzeptabel ist“, so Saint Georges.

Der zweite Grund, sich Sorgen zu machen, gehe tiefer und betreffe nicht nur Italien. Die strukturellen Reformen in den einzelnen Mitgliedstaaten und die institutionellen Reformen auf EU-Ebene seien bisher kaum vorangekommen. Dieser Mangel werde durch die weiterhin aktive Unterstützung durch die Zentralbank und den günstigen Konjunkturzyklus verschleiert. Er könne jedoch offen zutage treten, wenn sich die Konjunktur in ein paar Monaten verlangsame, und dies erst recht, wenn die Verlangsamung mit dem Auslaufen der Unterstützung durch die EZB zusammenfallen sollte. Da die Reformen nicht ausreichten, um die Verschuldung zu senken, würden die Märkte den anfälligsten Peripherieländern noch nicht erlauben, zu haushaltspolitischen Mitteln zu greifen, ohne dass diese Intervention zu höheren Zinsen führe. Außerdem werde die Europäische Union zu diesem Zeitpunkt noch nicht über einen Haushalt verfügen, mit dem sie die Lücken in den anfälligsten Mitgliedstaaten füllen könnte, heißt es weiter.

„Mit anderen Worten: Die schwächsten Länder werden am meisten ins Hintertreffen geraten, und auf diese Weise wird die wunderbare Konvergenzdynamik zwischen den Ländern der Eurozone, von der die Aktien-, Anleihe- und Kreditmärkte in den letzten sechs Jahren profitiert haben, plötzlich in Frage gestellt. Diese Aussicht allein rechtfertigt schon Emmanuel Macrons Verweise auf die Dringlichkeit, die die Umsetzung seines Reformprogramms in Frankreich besitzt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass weder die Geld- noch die Haushaltspolitiken über das frühere Maß an Flexibilität verfügen werden, wenn es darum geht, die nächste Konjunkturverlangsamung in den Griff zu bekommen. Für Anleger wird es in dieser nächsten Phase des Konjunkturzyklus folglich darauf ankommen, die Reflexe, die sie seit 2012 erworben haben, abzulegen und ihr Management der Marktrisiken von Grund auf zu überdenken“, so Saint Georges.

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3 Kommentare

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  • The Secessionist
    The Secessionist

    Die Umverteilung des deutschen Volksvermoegens hin in die Vereinigten Sozialistischen Staaten Europas ,..................... programm !

    10:55 Uhr, 09.07.2018
  • Sputnik1648
    Sputnik1648

    Moin, moin,

    Marktrisiken hin und her, aber m.E. gehen die Risiken im starken Maße von den einzelnen Staaten aus. Die Geldbedarfe der einzelnen Staaten sind einfach zu hoch. Aber welcher Staat (inkl. der BRD) möchte seiner Bevölkerung sagen, dass gespart werden muss? Das wäre in der BRD weder mit der SPD, noch den Grünen oder Linken zu machen.

    Hypothese: Staaten werden nie sparen, damit wäre die Regierung abgewählt.

    Annahme: Aus der Hypothese folgt, dass die Staatsausgabenseite mindestens konstant bleibt, wenn nicht noch wächst, gerade in einer Krise oder einem konjunkturellem Abschwung.

    Ergo: Aus der Hypothese und der o.g. Annahme folgt, dass die Ausgaben durch höhere Einnahmen zu denken sind. Hierfür können entweder die Staatsverschuldung und oder die Staatseinnahmen erhöht werden.

    Staatsverschuldung: Irgendwann ist der Deckel voll, um es einmal platt zu sagen. Rien ne va plus.

    Staatseinnahmen: Und jetzt kommt das Problem des gut vorsorgenden BRD Mittelstandes. Ob unser hoch geschätzter Staat nicht weis, wo wir unser Geld haben? Und ob es nicht sinnvoll wäre eine "kleine" Abgabe zur Finanzierung der so wichtigen Staatsausgaben zu erheben? Früher gab es Kriegsanleihen (Zwangsanleihen) wieso das nicht wieder einführen? Traut das niemand unseren Politikern zu? Vergleiche mit Raubrittern im Mittelalter sind ausdrücklich zulässig.

    Fazit: Das Geld des Mittelstandes ist weg. Früher oder später. Da helfen auch keine Taschenspielertricks. Sicher wird der eine oder andere etwas retten können. Fachkräfte und Kapital werden gerne im Ausland gesehen.

    16:08 Uhr, 06.07.2018
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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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