Kommentar
13:10 Uhr, 18.05.2022

Die Liquiditätskrise ist in vollem Gange

Bei den Unsummen, die Notenbanken an Geld gedruckt haben, geht man eigentlich nicht davon aus, dass es an Liquidität mangelt. Der Eindruck täuscht.

US-Wertpapiere sind beliebt, seien es Aktien oder Anleihen. Die USA haben den mit Abstand größten Aktien- und Anleihemarkt der Welt. Wer große Summen anlegen will, kann dies fast nur im Dollarraum. Der Markt ist zudem sehr liquide. Große Summen können vergleichsweise schnell ge- und verkauft werden. Die USA überschwemmen die Welt mit Dollar, indem sie mehr importieren als exportieren und für die Exporte mit Dollar bezahlen. Das Ungleichgewicht ist seit Pandemiebeginn besonders groß. Das monatliche (!) Defizit im Außenhandel lag zuletzt bei mehr als 100 Mrd. Dollar. Das monatliche Defizit ist größer als die jährliche Wirtschaftsleistung von 130 verschiedenen Ländern. Die Dimensionen sind kaum vorstellbar.

Obwohl die USA fleißig Waren importieren und dadurch Dollar in die Welt exportieren, verkaufen offizielle Stellen Dollaranlagen. Die meisten Notenbanken halten Wertpapiere in einem Verwahrkonto bei der US-Notenbank. Diese veröffentlicht den Bestand regelmäßig. Derzeit werden mehr Wertpapiere verkauft als gekauft (Grafik 1).


Der Rückgang des Bestandes begann 2014. Damals fiel der Ölpreis, wodurch Ölexporteure weniger Dollar einnahmen. Sie verkauften Wertpapiere, um die fehlenden Dollar aus den Exporteinnahmen zu kompensieren. Seither hat sich der Trend nicht mehr umgekehrt und zuletzt wieder beschleunigt.

Das hat auch für den Aktienmarkt Bedeutung. Parken Länder ihre Dollareinnahmen nicht bei der US-Notenbank, gibt es dafür meist einen guten Grund. Für einige Länder ist dieser gute Grund momentan die Verteidigung des Wechselkurses. Dollar werden verkauft, um die eigene Währung zu stützen.

Sinkt der Wertpapierbestand, ist das ein Zeichen einer globalen Liquiditätskrise. Es ist daher kein Zufall, dass die Performance des Aktienmarktes der Entwicklung des Bestandes folgt (Grafik 2). Die Liquiditätskrise ist noch nicht in den USA angekommen. Umso bemerkenswerter ist es, dass auch US-Aktien leiden.


Der US-Aktienmarkt wiederum gibt den Takt für andere Märkte vor, auch den Dax (Grafik 3). Zum Teil lässt sich die Performance kaum voneinander unterscheiden. Die globale Liquiditätskrise, unter der vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer leiden, ist noch nicht ausgestanden. Der effektive Liquiditätsentzug beginnt gerade erst.

Eine rasche Trendumkehr ist nicht zu erwarten. Das dürfte es auch dem Aktienmarkt schwer machen, schnell wieder einen langfristigen Aufwärtstrend zu etablieren. Liquidität ist wichtig und sie wird auf absehbare Zeit knapper. Der Aktienmarkt muss dennoch nicht jahrelang korrigieren. Es kommt auf die relative Entwicklung an. So kann der Wertpapierbestand im Verwahrkonto der Fed weiter sinken, aber weniger schnell als früher. Dies würde genügen, um die Lage zu entspannen. An diesem Punkt sind wir noch nicht angelangt und er ist auch noch nicht absehbar.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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