Die Idee einer Europäischen Ratingagentur droht zu scheitern
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Hamburg/ München (BoerseGo.de) – Der Mega-Projekt einer Europäischen Ratingagentur steht laut einem Pressebericht offenbar vor dem Aus. Grund sind fehlende Investoren. Wie die "Financial Times Deutschland" am Montag mit Bezug auf Brancheninsider berichtet, ist das Beratungsunternehmen Roland Berger nicht mehr davon überzeugt, die notwendigen 300 Millionen Euro Startkapital für den Aufbau einer derartigen Agentur zusammenkratzen zu können. Die Initiative stoße bei Geldgebern auf zu wenig Resonanz, schreibt die Zeitung. Vor allem die Unterstützung deutscher und französischer Großbanken sei nicht vorhanden. Außerdem machte die deutsche Industrie und deren Spitzenverband BDI zuletzt Front gegen die Pläne.
Die Ratingmacht der drei US-Agenturen S&P, Moody’s und Fitch dürfte damit auf Jahre hinaus gesichert bleiben. Ihr Marktanteil liegt bei 95 Prozent. Die drei „Großen“ wurden für ihr Veralten in den jüngsten Finanzkrisen heftig kritisiert. Die US-Rater hatten die Finanzkrise 2007/08 mitverursacht, indem sie hochriskante und fragwürdige US-Hypothekenanleihen mit besten Bonitätsnoten versahen. Während der europäischen Schuldenkrise wurde und wird den Agenturen von den Europäern vorgeworfen, dass sie mit ihren Herabstufungen von Schuldenländern Öl ins Feuer gegossen und zu der Eskalation signifikant beigetragen hätten.
Das von Berger-Partner Markus Krall erdachte Ratingkonzept hätte ein anderes Geschäftsmodell verfolgt. Anstelle der Emittenten von Wertpapieren sollten die Investoren für die Ratings bezahlen. So hätten die Agenturen keinen Anreiz mehr, sich mit entsprechend wohlfälligen Noten Aufträge zu sichern. Unklar blieb allerdings, wie die Investoren dazu gebracht werden sollen, für die Ratings zu zahlen.
Die Berger-Pläne sahen ein Stiftungsmodell vor. Insgesamt 30 Investoren aus der Finanzbranche sollten jeweils 10 Millionen Euro beisteuern. Nach fünf bis sieben Jahren sollte sich die neue Agentur so weit im Markt verankert sein, dass die Geldgeber aus dem laufenden Cashflow heraus ausbezahlt werden können. Die Politik hatte bislang auf das Berger-Projekt gesetzt.
Komplett beerdigen wolle Berger das Projekt aber nicht, schreibt die FTD weiter. Eine kleine Gruppe Frankfurter Finanziers solle nun soviel Geld bereitstellen, dass die Grundidee weiterverfolgt werden könne.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.