Kommentar
14:37 Uhr, 20.12.2010

Die Finanztransaktionssteuer - das Monster kommt doch!

Liebe Leser, es ist noch nicht fixiert, es gibt noch keinen Gesetzentwurf, aber man kann eigentlich mit hoher Wahrscheinlichkeit jetzt schon davon ausgehen: Die Strafsteuer für Spekulanten, nein für alle Marktteilnehmer, kommt! Wahrscheinlich 2012. Mindestens in Deutschland, vielleicht auch EU-weit.

0,01% sind derzeit im Gespräch, erfasst werden sollen neben Börsengeschäften auch OTC (over the counter)-Deals, damit es zumindest innerhalb des Landes (bzw. der EU, soweit die Regelung europaweit kommt) keine Ausweichmöglichkeiten auf andere Plattformen gibt.

Ganz ehrlich: Wenn mir jemand garantieren würde, dass es bei diesem Satz bleibt, wäre es mir persönlich weitgehend egal. Bei einer Order über 100 TSD EUR betrüge die Steuer 10 EUR. Ich finde sie zwar trotzdem völlig ungerechtfertigt (so geht?s mir mit der Mehrzahl der staatlichen Abgaben), aber darüber werden die meisten (bis auf Scalp-Trader, auch Devisen, -Options- und Futurestrader kämen arg in Bedrängnis) hinwegsehen können.

Das Problem ist nur: Hat man eine solche Steuer einmal eingeführt, ist es ein Leichtes, einfach am Satz zu drehen. Finanzminister Schäuble hat für 2012 nur zwei Mrd. EUR Einnahmen aus dieser Abgabe eingeplant. Was meinen Sie, wie lange die nächste Regierung, evtl. unter einem Kanzler Sigmar Gabriel, benötigt um den Satz einfach zu verzehnfachen? 0,1% klingt doch auch noch harmlos oder? Und dann, so rechnen sich SPD, Grüne und Linkspartei jetzt schon reich, nehmen wir daraus 30,40, nein 100 Mrd. EUR ein!

Zu verlockend ist es, diese Einnahmequelle anzuzapfen. Nicht mal Milchmädchen rechnen allerdings so traurig naiv wie unsere Politiker. Denn je höher die Steuer, desto mehr Trader schränken ihre Aktivitäten ein oder handeln eben woanders. Ob die USA oder sonstwo, Trading ist Trading. Charts sind Charts. Warum also hier die Steuer entrichten?
Es gibt tausende Händler, deren Spezialität es ist, kleinste Preisunterschiede auszunutzen (Arbitrage). Wenn man günstige Ordergebühren hat, kann sich das sehr lohnen. Die Steuer macht das aber zunichte, damit werden ganz klar die Umsätze an den Börsen zurückgehen. Sie werden illiquider. Wie stark der Effekt sein wird, kann ich Ihnen nicht sagen, aber er wird spürbar sein.

Übrigens war es ja klar, dass die Fondsbranche aufjaulen würde. Die armen Kleinsparer! Nein, die dürfen nicht belastet werden, nur die Trader, Spekulanten (Fonds spekulieren wohl nicht!). Die Fondsmanager fordern ernsthaft, dass im Falle der Einführung der Steuer die Fonds diese nicht entrichten müssen.
Das würde bedeuten: Wenn Sie die Verwaltung Ihres Vermögens selber in die Hand nehmen, die Transaktionen in Ihrem Depot selbst gestalten, sollen Sie die Steuer bezahlen. Wenn Sie für die gleiche Arbeit einen (teuren) Fondsmanager engagieren, soll die Steuer entfallen. Was geht nur in diesen Köpfen vor?

Wenigstens kommen es aus dem Finanzministerium erfrischend ehrliche Worte zu dem Thema. Man wolle keine Lenkungswirkung auf die Finanzmärkte ausüben. Es geht ganz einfach um folgendes: Der Staat will zusätzliche Einnahmen! Das finde ich noch annehmbarer als die saudummen Sprüche, die (angeblichen) Verursacher der Finanzkrise sollen nun endlich die Zeche zahlen. Dies jetzt zu vertiefen, dazu bräuchte ich allerdings mehrere Weekend-Editions...

Noch ein Schlusswort zur Abgeltungsteuer: Hier gilt für mich das gleiche wie oben zur Transaktionssteuer. Den Steuersatz nach der grundsätzlichem Implementierung der Steuer zu erhöhen ist ein Leichtes. Ich rechne spätestens nach der nächsten Wahl mit rund 30% neuem Abgeltungssatz.

Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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