Die Entmystifizierung des Öls und die Effekte niedrigerer Preise
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Erwähnte Instrumente
- WTI ÖlKursstand: 51,75 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
- Brent Crude ÖlKursstand: 61,17 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
Der Einbruch der Ölpreise im zweiten Halbjahr 2014 kam für die meisten Investoren, uns eingeschlossen, überraschend und belastet die Finanzmärkte auch weiterhin. Wir gehen aber davon aus, dass die jüngsten Entwicklungen eng mit dem klassischen Rohstoffzyklus gekoppelt sind, in dem eine längere Phase erhöhter Preise steigendes Angebot und abbröckelnde Nachfrage auslöst. Es heißt, hohe Preise seien das beste Mittel gegen hohe Preise. Dreistellige Ölpreise hielten wir zwar nicht für nachhaltig, doch dass sich das so stark und so schnell ändern würde, haben wir auf keinen Fall erwartet. Die direkten Folgen sind in der Energieindustrie und verwandten Branchen bereits erkennbar. Die Begleiterscheinungen für die breitere Wirtschaft dürften sich im Lauf der kommenden Monate einstellen. Mit unserem Bottom-up und Deep-Value-Stil erachten wir solche Angst- und Unsicherheitsphasen als potenzielle Chancen zur Anlage in hochwertige Wertpapiere mit deutlichem Wertabschlag.
Vor dem Einbruch im letzten Jahr lagen die Ölpreise für die Sorte Brent dreieinhalb Jahre lang im Schnitt bei 110 US-Dollar. Unserer Ansicht nach ging dieser erhöhte Preis auf mehrere Faktoren zurück, darunter solide Nachfragesteigerungen aus China und ungewöhnlich hohe Angebotsausfälle. In diesem Zeitraum passte die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), allen voran Saudi-Arabien, die Produktion immer wieder an, um den Markt auszugleichen und dabei die Preise auf hohem Niveau zu stützen.
Die Reaktionen auf die längere Hochpreisphase waren einigermaßen vorhersehbar: Grob gesprochen ist es Ölförderern gelungen, mehr Öl zu gewinnen, und Ölabnehmern, weniger Öl zu verbrauchen. Auf Angebotsseite standen US- Öl- und Gasproduzenten an der Spitze bei der raschen Optimierung von Fördertechniken für schwierige Ölformationen, während in anderen Bereichen ähnliche, wenn auch nicht ganz so dramatische Verbesserungen erzielt wurden. Auf Nachfrageseite sorgten behördliche Neuregelungen weltweit für eine deutlich effizientere Brennstoffnutzung, während das veränderte Verhalten der Verbraucher die Effekte solcher Regelungen verstärkte und beschleunigte. Unseres Erachtens hat bei der Nachfrage in den Industrieländern ein langfristiger Abwärtstrend eingesetzt. Schwaches globales Wirtschaftswachstum verschärfte das strukturelle Ungleichgewicht noch, das sich herausbildete. Diese Faktoren trafen im Sommer aufeinander. Als die OPEC im November deutlich machte, dass sie nicht länger als marktausgleichender Faktor zur Verfügung stünde, beschleunigte sich der bereits in Gang gesetzte Ölpreisrückgang drastisch.
Es sind jedoch entscheidende erste Signale für eine Reaktion auf Produktionsseite erkennbar. Bis diese die insgesamt steigende Förderung jedoch spürbar bremst, wird es noch eine Weile dauern. Bis dahin bauen sich weiter rasch Bestände auf – über- und unterirdisch. Unseres Erachtens dürften wachsende Vorräte und die Entschlossenheit der OPEC, ihre Marktanteile zu halten, den Ölpreis noch längere Zeit decken. Unserer Ansicht nach führen die Verringerung der Produktionskosten, die auf die angesprochenen technischen Fortschritte und Effizienzsteigerungen zurückzuführen sind, sowie das insgesamt vorliegende Angebots- Nachfrage-Gleichgewicht zu einem Gleichgewichtspreis, der deutlich unter den Werten der letzten Jahre liegt.
Bei Mutual Series konzentrieren wir uns auf Gelegenheiten bei Öl- und Gasförderern mit Anlagen und Bilanzen, die auch bei niedrigen Preisen gut dastehen. Außerdem stellen wir uns auf die früher oder später von uns erwarteten Chancen bei Turn-around-Situationen von Energieunternehmen ein, falls diese Phase mit niedrigeren Preisen tatsächlich Bestand hat. Abgesehen vom Energiebereich könnten die niedrigeren Ölpreise nach unserer Überzeugung dem globalen Wirtschaftswachstum zugutekommen – und insbesondere den Verbrauchern in den USA und Europa. Auf Grundlage des US- Benzinverbrauchs in den letzten Jahren könnte ein jährlicher Rückgang des Benzinpreises um 1 US-Dollar pro Gallone für die Verbraucher eine Kaufkraft von 135 Mrd. US-Dollar freisetzen. Ein solcher Impuls könnte für manche zyklischen Konsumgüterunternehmen zum Katalysator werden. Die Kehrseite der Medaille: Wir rechnen mit einem deutlichen Einbruch der Investitionen energieabhängiger Unternehmen, die sich auch auf solche Firmen auswirken, die nicht direkt mit dem Energiesektor verknüpft sind.
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