Fundamentale Nachricht
12:13 Uhr, 13.10.2015

Die dunkle Seite der Null

Janus-Fondsmanager und -Anlagestratege Bill Gross fordert ein Ende der Niedrigzinspolitik der Notenbanken.

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Denver (GodmodeTrader.de) - Die Fortsetzung der ultra-lockeren Geldpolitik der großen Notenbanken, die jüngst auch die Fed vollzogen hat, hemmt das Wachstum der meisten Volkswirtschaften eher, als dass sie es ankurbelt. Denn solange die Zentralinstitute ihre Leitsätze weiterhin künstlich nahe der Nulllinie halten, ist die elementare Steuerungsfunktion des Zinses für die Verteilung von Kapital weitgehend außer Kraft gesetzt. Dies droht mittel- bis langfristig das Wirtschaftssystem der Industriestaaten nachhaltig zu schädigen. Zu dieser Einschätzung kommt Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege des US-amerikanischen Verögensverwalters Janus Capital in seinem aktuellen Investmentausblick und fordert einen Kurswechsel der Notenbanken.

„Niedrige oder Null-Prozent-Zinsen scheinen zunächst Wunder zu wirken, weil sie die Vermögenspreise beflügeln und die Realwirtschaft stabilisieren“, sagt Gross. „Aber sie haben eine Art unsichtbares Gepäck im Schlepptau. Je länger die Niedrigzinsphase andauert und Zinsen nahe der Nullmarke zur einer Art Norm werden, desto schwerer wird dieses Gepäck. Aber das scheinen die Notenbanker, die nur ihre Modelle im Kopf und die Inflation im Blick haben, nicht zu bemerken.“ Leitzinsen von null oder 0,25 Prozent sind seiner Einschätzung nach zwar dazu geeignet, die angeschlagene Volkswirtschaft eines Landes über Wasser zu halten. „Aber sie wirken auf der anderen Seite wie ökonomischer Ballast, der das Wachstum hemmt“, so Gross.

Dabei ist sich der Janus-Experte der Tatsache bewusst, dass es kein wissenschaftlich abgesichertes Modell gibt, das diese These ökonomisch belegt. Dennoch sind die Notenbanker seiner Meinung nach dringend gefordert, sich mit dem negativen Einfluss zu beschäftigen, der von einer Null-Zins-Politik mittel- bis langfristig ausgeht. „Zinsen von nahezu null Prozent zerstören die Funktion, die das Sparen innerhalb des kapitalistischen Systems hat. Die Sparvermögen sind die synchrone Gegenkomponente für Investitionen. Ich frage mich, warum kaum jemand diesen offenkundigen Zusammenhang sehen möchte“, kritisiert Gross.

„Wenn sich die Unternehmen zu sehr niedrigen Zinsen verschulden können, müssten sie dieses Geld sinnvollerweise umgehend in die Realwirtschaft investieren. Ein Blick auf die Jahre zurück belegt jedoch genau das Gegenteil.“ Denn nach Beobachtungen von Gross haben die Konzerne die günstigen finanziellen Mittel wieder in die Finanzmärkte zurückgeführt - zum Beispiel, indem sie eigene Aktien zurückgekauft haben, oftmals auch um damit Steuern zu sparen. „Viel wichtiger ist jedoch, dass die Nullzinsen bestehende Geschäftsmodelle etwa von Lebensversicherern und Pensionskassen zerstören“, so Gross. Doch gerade diese Institutionen haben eine ganz wichtige Aufgabe dabei, die Bedürfnisse einer immer älter werdenden Bevölkerung zu finanzieren. Angesichts der insgesamt niedrigeren Renditeaussichten müssten viele Vorsorgeeinrichtungen jedoch ihre Leistungszusagen erheblich kürzen.

Vor diesem Hintergrund sieht Gross die Gefahr, dass die Wirtschaftssysteme in den Industriestaaten vor einem Kollaps stehen. „Die Volkswirtschaften der entwickelten Welt sind dabei, ins Leere zu laufen. Denn wenn die Erträge eines Investments mittel- bis langfristig auf nahezu null abdiskontiert werden, woher soll dann das Geld kommen, um etwa das Versorgungsversprechen gegenüber einer alternden Bevölkerung einzulösen?“, warnt Gross. Er macht sich daher für eine strategische Wende in der Zinspolitik der Fed stark. „Mein Ratschlag ist: Kommt weg von der Null-Zins-Politik und macht es schnell“, fordert der Janus-Stratege. „Das wird kurzfristig schmerzhaft werden, aber auf lange Sicht werden alle dadurch mit ziemlicher Sicherheit gewinnen. Daher noch einmal: Macht Schluss mit den Nullzinsen!“

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2 Kommentare

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  • bembes
    bembes

    Endlich mal "jemand" der dies so auffen sagt. Bitte an Draghi und Konsorten weiterleiten !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    15:14 Uhr, 13.10. 2015
  • kingkong007
    kingkong007

    Die dunkle Seite der EZB Nullen Im Dunkeln ist gut munkeln

    Unter Kunstlichteinfluss geht sicherlich noch mehr wie bei den Blaumeisen.

    Damit will ich nicht sagen, dass die Nuller blauäugig sind und ne´ Meise haben.

    Aber ganz kann man das nicht ausschließen.

    13:04 Uhr, 13.10. 2015

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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