Kommentar
11:15 Uhr, 04.01.2011

Die Deflations-"Hoffnung"

Ich begrüße Sie herzlich im Neuen Jahr!

US-Dollar, Euro, Yen. Das werden auch weiter unsere Hauptthemen im Devisenbereich sein, solange die neue Weltmacht China ihre Währung nicht standesgemäß freigibt. Und was soll man zu diesen drei Problemkindern sagen? Man weiß nicht so recht wer schlimmer dasteht.

Auf den ersten Blick am besten sieht der japanische Yen aus. Auf den zweiten Blick erkennt man aber, dass die japanische Staatsverschuldung auf 200(!)% des BIP zusteuert. Dagegen sehen sogar die USA mit über 85% gut aus. Deutschland liegt bei etwa 75%. Die Besonderheit in Japan: Die Schulden (Staatsanleihen) lagern überwiegend im Inland bei den braven japanischen Bürgern, Banken und Versicherungen, die sich (noch) mit unglaublich lächerlichen Renditen um 1% zufrieden geben. Es darf zurecht bezweifelt werden, dass diese "Innenfinanzierung" noch lange funktioniert, insbesondere wenn die Inflation auch offiziell anzieht. Wenn die Renditen steigen kriegt Japan aber ein ernstes Problem, das vermutlich wie in den anderen Ländern auch mit Hilfe der Notenbank bekämpft wird. Neue Geldflutungen werden den Yen wieder schwächen und die Inflation weiter ankurbeln.
Der statistische Niederschlag der weltweit längst real gewordenen Inflation ist für mich DAS Thema der nächsten zwei Jahre. Wie hier einige immer noch von Deflationsgefahren fabulieren können ist mir ein Rätsel (lassen wir die Häusermärkte in den USA und einigen Staaten wie Spanien dabei außer Betracht). Allzu oft ist da eher der Wunsch Vater des Gedankens, wie ich aus vielen Gesprächen heraushöre. Die Hoffnung, dass die Preise wieder fallen (Gold, Silber, Immobilien), damit man sein Papiergeld zu schönen Kursen in "reale Werte" transformieren kann, ist überall präsent. Diese Chance bot die Krise 2008/2009. Ich spüre in mir selber ehrlich gesagt auch die Sehnsucht, dass diese Gelegenheit nochmal kommt - allein mir fehlt der Glaube.

Was ist an der jetzigen Situation anders als in der "alten" Finanzkrise, was denken die Menschen? Die sind gar nicht so blöde wie die Politik oft glaubt. 2008 hatten die Bürger Angst vor Bank-Pleiten. Cash war King, deswegen wurde ja nicht zu Unrecht ein Banken-Run befürchtet, was letztlich zur "Merkel-Garantie" für Bankeinlagen führte. Oder anders gesagt: Es herrschte nicht die Angst vor, dass die Euros nichts mehr wert sind, sondern dass man an diese nicht mehr rankommt.
Das ist vorbei! Inzwischen weiß jeder Schüler, was Quantitative Easing wirklich bedeutet. Ein (noch kleiner) Teil des Wirtschaftsbooms geht m.E. eben darauf zurück, dass die Menschen aufgrund dieser Überlegungen vermehrt ihr Geld ausgeben. Hinzu kommt die Geldmengenerhöhung durch die Notenbanken. Der wichtigste Vertreter der österreichischen Nationalökonomie, Ludwig von Mises, hat für diese Art "Aufschwung" den Begriff "Crackup-Boom" oder "Katastrophen-Hausse" geprägt.
Nun ist der Effekt, dass die Marktteilnehmer aufgrund von Inflationserwartungen ihr Geld nicht horten, sogar offizielles Programm. Letztlich steckt diese Überlegung hinter dem 2%-Inflationsziel der EZB. Ich weiß nicht, mit welchen statistischen Tricks man es in Zukunft schaffen möchte, die Raten derart niedrig zu halten. Es bringt auch den meisten Haushalten nichts, wenn DVD-Player und andere Technikprodukte billiger werden. Mieten, Nahrungsmittel, Energiekosten, Sozialversicherungen, ich könnte hier lange weitermachen mit der Liste- die wesentlichen Kosten steigen immens. Dieser Fakt, gemeinsam mit dem Wirtschaftsboom, wird die Forderungen der Arbeitnehmer nach höheren Löhnen deutlich nach oben treiben. Die Zeit der Zurückhaltung scheint mir vorbei, und die Spirale setzt sich in Gang. Das Ende der expansiven Geldpolitik, das Zulassen rezessiver Tendenzen, oder anders gesagt: Der freie Markt könnte diese Entwicklung stoppen und dringend nötige Bereinigungen vornehmen. Dann wären auch deflationäre Tendenzen nicht nur möglich, sondern sogar realistisch. Dazu hat aber niemand den Mumm. Also machen wir weiter wie bisher und verlagern das Problem in die Zukunft.
Übrigens, haben Sie sich schon nach einem schönen Häuschen umgesehen?

Ihr Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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