Kommentar
06:47 Uhr, 04.10.2016

Die 4. Dimension der Geldpolitik

Die meisten tun sich schon schwer, mit drei Dimensionen umzugehen. Eine vierte Dimension ist schwer vorstellbar, vor allem in der Geldpolitik.

Der „Meilenstein“, der in der Geldpolitik gerade erreicht wurde, hat wenig mit Dimensionen im klassischen Sinn zu tun. Geldpolitik funktioniert nicht in Dimensionen, höchstens im übertragenen Sinne, wenn man über die Dimension (Höhe) der QE Programme staunt. Die 4. Dimension ist vielmehr Ausdruck von etwas, was man sich nicht vorstellen kann.

In den vergangenen Jahren wurden wir immer wieder belehrt, was die Vielfältigkeit der Geldpolitik anbelangt. Bei vielen Dingen dachte man, dass sie nicht gehen. Inzwischen sind wir klüger. Es geht überraschend viel.

Das, was umsetzbar ist, hat jedoch auch seine Grenzen. In der realen Welt kann man sich viel vorstellen, aber nicht alles ist möglich. So ist es etwa nicht möglich, sich gleichzeitig nach oben und nach unten zu bewegen. Man kann es nacheinander tun, aber nicht gleichzeitig.

In der Geldpolitik ist auch vieles möglich, aber eben nicht alles. Die Bank of Japan versucht es trotzdem – gleich zweifach. Sie hält an ihrem Inflationsziel von 2 % fest. Die BoJ will - und hat es vergangene Woche wieder bestätigt – Preisstabilität, die sie als 2 % Inflation definiert. Nun will sie aber gleichzeitig das Inflationsziel überschießen und hat sich auch diesem Ziel fest verschrieben.

Persönlich kann ich mir das praktisch nicht vorstellen. Die beiden Aussagen stehen in Konflikt zueinander. Entweder man erreicht 2 % und erreicht somit die Preisstabilität oder man hat mehr als 2 % Inflation und hat dann keine Preisstabilität mehr. Beides gleichzeitig geht nicht. Genau das hat die BoJ allerdings als neue Maßgabe herausgegeben. Sie will Preisstabilität bei 2 % während sie gleichzeitig das 2 % Stabilitätsziel längerfristig überschießen will.

Das ist nicht der einzige Widerspruch der jüngsten Politik. Die japanische Notenbank will eine Zinskontrolle für Anleihen mit bis zu 10 Jahren Laufzeit. Um die Zielzinsen (0 % für 10-jährige Anleihen) durchzusetzen, muss sie entsprechend Anleihen kaufen oder verkaufen. Steigen die Zinsen z.B. auf 0,3 %, dann muss die BoJ ganz schnell große Orders in den Markt geben und kaufen, was das Zeug hält, um die Zinsen wieder auf 0 % zu drücken.

Nun will die BoJ aber auch die jährlichen Käufe weiterhin bei 80 Billionen Yen halten. Muss sie radikal in den Markt eingreifen, um die Zinsen wirklich durchsetzen zu können, ist es ggf. notwendig, deutlich mehr zu kaufen.

Der umgekehrte Fall ist ebenso möglich. Kaufen Anleger wie wild Anleihen und drücken die Zinsen substantiell unter 0 %, z.B. -0,3 %, dann muss die Notenbank eigentlich Anleihen aus ihrem Bestand auf den Markt werfen, um die Zinsen wieder nach oben zu drücken.

Es ist möglich die Zinsen bei 0 % zu fixieren und gleichzeitig die Anleihekäufe bei 80 Billionen zu halten. Es ist aber nur zufällig möglich. Gibt der Markt ein anderes Gleichgewicht vor, muss die BoJ möglicherweise erheblich von ihrem 80 Billionen Ziel abweichen.

Es mag an meiner begrenzten Vorstellungskraft liegen, doch ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie die BoJ vor allem die in Konflikt stehenden Inflationsziele gleichzeitig erreichen kann. Nur, weil man sich etwas nicht vorstellen kann, bedeutet das nicht, dass es nicht gibt. In diesem Fall kann man jedoch davon ausgehen, dass die ausgegebenen Ziele schlichtweg Nonsens sind.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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