Kommentar
13:41 Uhr, 15.02.2011

Deutschland: Bruttoinlandsprodukt - unter einer dicken Eisschicht

1. Das Bruttoinlandsprodukt nahm im vierten Quartal 2010 "lediglich" um 0,4 % mom zu (Bloomberg- Median: 0,5 % qoq; DekaBank: 0,4 % qoq). Damit blieb das Wachstum selbst hinter der vorsichtigen impliziten Prognose des Statistischen Bundesamtes vom Januar im Rahmen der Veröffentlichung der vorläufigen Jahreswerte zurück. Die Wirtschaftsleistung des Vorjahreszeitraums wurde kalenderbereinigt um 4,0 % überschritten. Wie immer handelt es sich bei der Erstveröffentlichung um eine Schnellschätzung, bei der keine Details bekannt gegeben werden. Dies geschieht mit der zweiten Veröffentlichung am 24. Februar. Doch aufgrund der vorliegenden Konjunkturindikatoren kann man schon jetzt die nachfolgenden Entwicklungen ableiten.

2. Die Quellen der Enttäuschung sind schnell ausgemacht. Zum einen führte der frühe und frostige Wintereinbruch zu extremen Behinderungen der Bauwirtschaft. Allein im Dezember ging die Bauproduktion um über 24 % mom zurück, weil die Temperaturen deutlich unter den Gefrierpunkt fielen. Die Bauinvestitionen, in die auch das weniger witterungsanfällige Ausbaugewerbe eingeht, dürften damit um rund 3 % qoq gesunken sein und damit allein rund 0,3 %-Punkte Wachstum gekostet haben (Schaubild D, Anhang).

3. Eine weitere Enttäuschung war der private Konsum, der nur schwach zugelegt haben dürfte. Dabei standen die Zeichen eigentlich auf weiterhin starke Expansion: Eine hervorragende Arbeitsmarktentwicklung, Sonderzahlungen der Unternehmen, die glänzende Laune der Konsumenten. Passend dazu waren auch die Unternehmensmeldungen: Das ifo Geschäftsklima der Einzelhändler stieg sprungartig auf den höchsten Wert seit 1991 an, und der Einzelhandelsverband sprach von einem grandiosen Weihnachtsgeschäft. Stattdessen sanken die Einzelhandelsumsätze im gesamten Quartal um 0,7 % qoq, zusammen mit dem deutlich erfolgreicheren Kfz-Handel blieb gerade Stagnation übrig (Schaubild E, Anhang). Eine mögliche Begründung für das unerwartet schwache Weihnachtsgeschäft könnte in der kalten Witterung gesehen werden. Wahrscheinlicher aber noch ist, dass es bei den nächsten Veröffentlichungen zu einer Aufwärtsrevision der Einzelhandelsumsätze und des Konsums kommen wird; erste Revisionen in diese Richtung hat es schon gegeben.

4. Ein echter Hochpunkt im vierten Quartal waren wohl die Investitionen in Ausrüstungen, die abermals spürbar zugelegt haben (Schaubild C, Anhang). Besser hätten die Rahmenbedingungen aber auch kaum sein können. Die Kapazitätsauslastung war wieder überdurchschnittlich, die Nachfrageperspektiven verbesserten sich und steuerliche Entlastungen liefen Ende des Jahres 2010 aus. Wann, wenn nicht jetzt sollte ein Unternehmen also - zu steuerlich günstigen Bedingungen - neue Maschinen kaufen?

5. Der Außenbeitrag trug weiterhin zum Wachstum bei. Die globale Wachstumsdelle erreichte zwar im vierten Quartal die deutschen Unternehmen, sodass die Exporte nur noch in verringertem Tempo zulegten (Schaubild A, Anhang). Das Importwachstum, das derzeit aufgrund der Rohstoff- und Energiepreisentwicklung schwerer als sonst aus den nominalen Einfuhren ableitbar ist (Schaubild B, Anhang), ließ unterm Strich aber einen positiven Wachstumsbeitrag verbleiben.

6. Schlussendlich steuerten die Lagerinvestitionen etwas zum Wachstum bei, weil sich der Lagerabbau verlangsamt hat. Dies dürfte die Fertigwarenlager über die unerwartete Verlangsamung der Nachfrage und die Vorproduktlager über die Importe betroffen haben.

7. Alles in allem sind die etwas schwächer als erwarteten Wachstumszahlen kein Grund, Trübsal zu blasen. Denn die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 % ist für deutsche Verhältnisse immer noch leicht überdurchschnittlich, und wichtiger noch, einige der Bremseffekte im vierten Quartal werden in dem bzw. den Folgequartalen zu zusätzlicher Nachfrage führen. So wird die kurzfristig gestoppte Bauaktivität bei entsprechenden Witterungsbedingungen sehr schnell nachgeholt werden. Zudem dürften witterungsbedingt nicht mehr rechtzeitig erworbene Geschenke unter dem Weihnachtsbaum durch Gutscheine oder kaufkraftfördernde Briefumschläge ersetzt worden sein. Das sollte zu nachgeholtem Konsum im ersten Quartal führen. Wir jedenfalls bleiben zuversichtlich und erwarten im laufenden Jahr ein Wachstum von 2,5 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 160 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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