Deutsche Wirtschaft gegen Euro-Krise nicht mehr immun
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Berlin (BoerseGo.de) - Die Krise in der Eurozone wird die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stärker belasten als bislang erwartet. Im Jahresdurchschnitt werde das Bruttoinlandsprodukt nur um ein Prozent wachsen, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichen neuen DIW-Prognose. Dabei werde die Konjunktur hauptsächlich von der Binnenwirtschaft gestützt, die Exportindustrie werde erst um die Jahreswende wieder anziehen. Für 2013 erwarten die Ökonomen eine Wachstumsrate von knapp zwei Prozent - im April hatten sie noch 2,4 Prozent prognostiziert. In beiden Jahren werde die Arbeitslosenquote bei knapp sieben Prozent liegen. „Die Krise im Euroraum holt die deutsche Wirtschaft ein“, sagt DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. „Daran werden auch die Gipfelbeschlüsse von vergangener Woche kurzfristig nicht viel ändern.“
Einige der Gipfelbeschlüsse seien aber im Grundsatz zu begrüßen, meinen die Forscher. „Wir halten es für richtig, dass den europäischen Finanzmärkten eine echte europäische Aufsichtsbehörde gegenübergestellt werden soll“, so Fichtner. Eine Aufsichtsbehörde müsse jedoch mit hinreichenden Kompetenzen zur Kontrolle und Sanktionierung ausgestattet werden. Dies sei in kurzer Zeit kaum zu schaffen. Auch eine direkte Hilfe für marode Banken durch die Rettungsfonds sei im Grunde richtig, da die Staaten damit alleine teilweise überfordert seien und sich die Europäische Zentralbank dann wieder auf das Ziel der Preisstabilität konzentrieren könne. „Die direkte Hilfe kann aber nur ultima ratio sein, das Haftungsprinzip darf nicht völlig ausgehebelt werden“, sagt Fichtner. Die Unsicherheit an den Finanzmärkten sollte aber weiterhin bestehen bleiben.
Die Nachfrage nach deutschen Produkten aus dem Euroraum werde weiterhin schwach bleiben, denn der Euroraum sei wegen der Schuldenprobleme in vielen Ländern und der anhaltenden Unsicherheit an den Finanzmärkten in einer ausgeprägten Rezession, vermuten die Experten. Auch aus den übrigen Industrieländern dürfte die Nachfrage laut DIW eher gedämpft bleiben. Insgesamt stehe die deutsche Wirtschaft immer noch sehr gut da“, so das Resümee der Berliner Forscher. Eine Rezession wegen der Krise im Euroraum sei in Deutschland nicht zu erwarten.
Kritik üben die DIW-Wissenschaftler an der Entwicklung der öffentlichen Haushalte. „Die Konjunktur lief zuletzt gut, und auch im Prognosezeitraum profitieren die öffentlichen Finanzen von der wirtschaftlichen Entwicklung. Da könnte die Neuverschuldung des Bundes wesentlich ambitionierter zurückgeführt werden“, sagt DIW-Finanzexpertin Kristina van Deuverden. Die aktuell günstige Lage der öffentlichen Haushalte solle nicht dazu verleiten, die Konsolidierung auf die lange Bank zu schieben. „Bei einer Zuspitzung der Krise im Euroraum könnte das Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik schnell verlorengehen“, warnt van Deuverden.
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