Kommentar
00:00 Uhr, 22.03.2010

Deutsche Alternativen: D-Mark oder Staatsbankrott?

Allmählich muss man sich fragen, ob unsere Regierung noch ganz bei Trost ist. Da wird allen Ernstes über die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) diskutiert, der künftig im Krisenfall einspringen und Pleitekandidaten wie Griechenland herauspauken soll. Das Ganze gipfelt in dem Vorschlag, man könne den Fonds doch mit dem Gold der Bundesbank unterlegen.
Hat unserem Finanzminister, der sich derzeit für ein solches Projekt stark macht, eigentlich einmal jemand erklärt, dass Deutschland in der gegenwärtigen Lage das einzige Land in Europa wäre, das in einen Europäischen Währungsfonds nennenswerte Beträge einzahlen könnte? Man sollte es ihm schleunigst beibringen, ansonsten wird dieser Unsinn womöglich Realität.

Finanzminister Wolfgang Schäuble wirbt für einen Europäischen Schuldenfonds, der Pleitekandidaten im Krisenfall rauspauken soll. Wer soll das bezahlen? Ja, wer wohl...

Glücklicherweise ist die Realisierung eines solchen Vorhabens nicht ganz einfach: Ein Europäischer Währungsfonds verstößt gegen den Vertrag von Maastricht. Dieser müsste zunächst geändert werden, weil er aus guten Gründen eine wichtige Klausel enthält, die es anderen Mitgliedsländern verbietet, für die Schulden eines anderen Landes einzuspringen.
Das politische Argument für den Schuldenfonds lautet, einen zweiten Fall Griechenland dürfe es nicht geben. Dabei stehen mit Italien, Spanien und Portugal die Fälle zwei bis vier schon vor der Tür.

Beispiel Spanien: Die Neuverschuldung lag 2009 bei 11,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und damit fast so hoch wie in Griechenland. Die gesamte Verschuldung des Landes beträgt 244 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zwar sind die Staatsschulden mit 60 Prozent des BIP noch niedriger als in Athen, dennoch dürfte Spanien derzeit das größere Risiko für die EU darstellen: Es ist schlicht zu groß, um gerettet zu werden.

Und ein Ende der schlimmsten spanischen Wirtschaftskrise seit 30 Jahren ist nicht in Sicht: Die (offizielle) Arbeitslosenquote liegt bei rund 20 Prozent, bei den jungen Erwachsenen bis 25 Jahren sind rund 45 Prozent auf Jobsuche. Der gerade veröffentlichte negative Bericht der Ratingagentur Moody’s zur finanziellen Situation der spanischen Banken sorgt für weitere Aufregung in Madrid.
Aber auch den anderen krisengeschüttelten Ländern Europas würde ein Euro-Schuldenfonds nicht helfen, weil die Mittel hierfür aus langsam aufgebauten Rücklagen, Devisenreserven oder Umlagen erst noch aufgebracht werden müssten.

Da derzeit praktisch alle Staaten in Europa die Maastricht-Kriterien massiv verletzen, und schon heute weit über ihre Verhältnisse leben, wären derzeit wohl nur Finnland, Luxemburg und Deutschland überhaupt in der Lage, in Finanznot geratene Nachbarländer zu unterstützen. Finnland und Luxemburg? De Facto bliebe die Last natürlich an Deutschland hängen. Der deutsche Steuerzahler als Retter Europas, der den Rest der Gemeinschaft vor dem Staatsbankrott bewahrt? Wollen wir hoffen, dass den Verantwortlichen dazu noch etwas anderes einfällt.

Und die Vorschläge aus dem Gruselkabinett gehen noch weiter: Aus Frankreich kommt die Idee, Deutschland solle einen Teil seiner Exportüberschüsse abtreten, um den Schaden für die schwächeren Staaten abzumildern. Auch der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy fordert, die EU müsse etwas gegen „makroökonomische Ungleichgewichte“ unternehmen. Im Klartext: Sollen sich die Deutschen mit ihrer Wirtschaftspolitik doch gefälligst den Griechen und den anderen Schuldenexperten unterordnen. Schließlich ist Deutschland „schuld“ an der Krise, weil es so wettbewerbsfähig ist und damit die Konkurrenzfähigkeit anderer Staaten der Euro-Zone gefährdet. Immerhin erwirtschaftet Deutschland fast 50 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts mit Ausfuhren.

Doch die klugen Köpfe haben einen wichtigen Punkt übersehen: Entscheidend ist die Frage, WARUM die übrigen EU-Staaten im zurückliegenden Jahrzehnt nicht wettbewerbsfähiger geworden sind. Die Antwort darauf ist schnell gefunden: Weil es sehr bequem war, auf Kosten der Deutschen über die eigenen Verhältnisse zu leben.

Die deutschen Überschüsse hatten in den zurückliegenden Jahren maßgeblichen Anteil an der Finanzierung der EU - und sind deshalb, Ironie des Schicksals, auch mit ursächlich dafür, dass die südlichen Länder derart hohe Schuldenberge auftürmen konnten.

Die verquere Logik weiter gedacht, müsste man nun also die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf das Niveau seiner Nachbarn absenken. Dann sollten auch die anderen Staaten zum Zuge kommen, so jedenfalls die Theorie. In der Praxis würde das natürlich dazu führen, dass weder Deutschland noch sonst ein Land in Europa auf den Weltmärkten noch einen Fuß auf den Boden bekommen würde.
Die jüngsten Entwicklungen legen eine Schlussfolgerung nahe: Hätte diese Bundesregierung Courage und Weitblick, dann würde sie lieber heute als morgen im Alleingang aus dem unsinnigen Euro-Experiment aussteigen und die D-Mark wieder einführen.

Ganz davon abgesehen, dass dies ein frommer Wunsch bleiben wird, würde ein solcher Schritt zwar erhebliche Turbulenzen auslösen, wäre langfristig aber vermutlich das kleinere Übel. Doch das wird nicht passieren. Statt dessen wird es für die Deutschen heißen: Mitgefangen, mitgehangen – und Deutschland wird das Schicksal seiner europäischen Nachbarn teilen...

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

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