Kommentar
08:11 Uhr, 10.04.2015

Destabilisieren Zentralbanken das Finanzsystem?

Die Zentralbanken haben es sich zur Aufgabe gemacht das Finanzsystem und überhaupt die ganze Welt zu retten. Wenn sie so weitermachen, dann könnte etwas ganz anderes passieren.

Gestern war zu lesen, dass die Schweiz als erstes Land eine Anleihe mit 10 Jahren Laufzeit zu einer negativen Rendite begeben hat. Die Rendite ist nur leicht negativ (-0,055%), aber sie ist negativ. Die Zinsen sinken immer weiter. Wer auf eine Stabilisierung gehofft hatte, wird bisher bitter enttäuscht. Wie viel tiefer es noch gehen kann bleibt abzuwarten. In der Eurozone hat die EZB erst mit den Anleihenkäufen begonnen. Wenn erst einmal 15 oder 20% aller langläufigen Anleihen vom Markt verschwunden sind, dann dürfte echte Knappheit herrschen. Bei einer so großen Nachfrage nach Anleihen und begrenztem Angebot müssen die Renditen fast zwangsläufig weiter fallen.

Leicht negative Zinsen auf Sicht von wenigen Jahren lassen sich noch ertragen. Das Geld ist untergebracht, die Inflation ist niedrig, der Kaufkraftverlust hält sich in Grenzen. Bei 10 Jahren Laufzeit ist das Risiko bereits enorm. Wer weiß schon, was in 10 Jahren ist? 2005 dachte wohl niemand, dass es zu dem kommt, was wir gerade sehen. 1929 dachte auch niemand daran, dass die USA schon kurze Zeit später eine jahrelange Deflation erleben würden. Ebenso war Anfang der 70er Jahre nicht abzusehen, dass die Inflation auf 15% steigen würde.

Einigen Investoren reicht es bereits jetzt. Sie wollen nicht mehr mitspielen. Bereits seit Jahresbeginn überlegen Schweizer Pensionsfonds, ob sie nicht lieber einen Teil ihres Geldes in bar abheben und im Tresor einlagern wollen. Das ist billiger (unter Berücksichtigung der Kosten für die Lagerung) als Staatsanleihen zu kaufen. Wer große Geldmengen in bar haben möchte, der bekommt sie nicht so leicht. Als Privatanleger hat man es einfacher. Würden mir negative Zinsen auf dem Konto abgebucht, dann ist die Rechnung Geld auf dem Konto oder Geld im Bankschließfach schnell gemacht und umgesetzt.

Bei minimal negativen Zinsen sind sich viele Privatpersonen zu bequem, um ihr Geld in bar zu lagern. Sinken die Zinsen auf -1%, dann ist das anders. Vielen Großinvestoren dürfte dann endgültig der Kragen platzen. Privatanleger und institutionelle Investoren würden wohl große Mengen Bargeld von ihren Banken verlangen. Es könnte zum Bankrun kommen. Einen Bankrun gibt es, wenn Menschen den Eindruck bekommen, dass ihr Geld bei Banken nicht mehr sicher ist. In einer Krise wie 2008/09 wusste man nicht, welche Bank überlebt. Das war ein bisschen Glückssache. Da kann man noch Hoffnung haben. Bei negativen Zinsen ist sicher, dass das Geld Tag um Tag weniger wird. Wer lässt das schon mit sich machen?

Bargeld abheben und horten kann zu einem großen Problem werden und das ganze System zusammenbrechen lassen. Es ist nichts anderes als ein Bankrun, wenn auch aus anderen Gründen. Die Folgen sind die gleichen. Nicht umsonst gibt es immer wieder Theorien, die sich um die Abschaffung des Bargeldes ranken. Gäbe es kein Bargeld, dann kann man es auch nicht vor der Entwertung in Sicherheit bringen. Das geht nur, indem man Sachwerte kauft. Das wiederum führt zur Überbewertung von Sachwerten, was langfristig wieder zum Problem wird.

Zentralbanken mögen es ja gut meinen, aber so langsam wird der Bogen wirklich überspannt. Wenn das so weitergeht, dann würde es mich nicht wundern, wenn es wirklich aus dem Nichts zu einem Bankrun kommt. Das, was die Zentralbanken verhindern wollten (einen Systemzusammenbruch), hätten sie dann herbeigeführt.

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14 Kommentare

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  • Bradley
    Bradley

    Ich habe auch die Schnauze voll und werde nächste Woche 50% von meinem Tagesgeldkonto (Zinssatz momentan bei 0,15%) abheben und in mein Schließfach packen. Ich hoffe das viele mit dem gleichem Gedanken spielen und diesen auch umsetzen. Man muss es diesen Zentralbanken und der politischen Klasse einfach einmal zeigen, dass der mündige Bürger sich nicht dauerhaft für dumm verkaufen lässt.

    17:44 Uhr, 10.04. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • P_44
    P_44

    1000-Franken-Scheine sind brennbar und daher als Mittel zur Wertaufbewahrung ebenso wenig geeignet wie Diamanten.

    13:31 Uhr, 10.04. 2015
  • Löwe30
    Löwe30

    In Deutschland gibt es mehr als Die Vermögenswerte deutscher Lebensversicherungen sind zu 87,7 % in Renten (Staatsanleihen) investiert. Die versicherte Summe beläuft sich auf rund 2,7 Billionen Euro! Quelle:

    http://www.geopolitical.biz/mediapool/18/188905/data/Stuttgart_28.04.2012_Zeitbombe_deutsche_Lebensversicherungen.pdf

    Dieses Ergebnis zeigt mir, dass die hohen Löhne in Papierscheingeld tatsächlich nur 'Schein' sind und den produktiv Tätigen zu Gunsten der Plutokratie etwas vorgaukeln. Die sogenannte expansive Geld- und Fiskalpolitik – mitunter auch Wachstumspolitik genannt – nutzt nur den Plutokraten, deshalb wurden Zentralbanken gegründet.“ Quelle:

    09:39 Uhr, 10.04. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Mit dem guten Kommentar meinte ich natuerlich Herrn Schmale nicht die Ente;-))))

    09:32 Uhr, 10.04. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Guter Kommentar. Danke. Unabhaengig davon fliege naechste Woche in die Schweiz und nehme ALLES in 1000 Franken Scheinen mit incl. des gelagerten Goldes dort. Ich traue der Schweiz nicht mehr. Telefonisch wurde mir mitgeteilt das ich 8!!! Tage auf die Auszahlung in bar meines Privatkontos(angeblich jederzeit kuendbar) warten muss, Begruendung : keine. Schon alleine diese Aussage macht mich mehr als stutzig. Zeit abzuraeumen und abzuwarten.

    09:29 Uhr, 10.04. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Duck
    Duck

    Die Goldkröte war ein kleiner mittelamerikanischer Froschlurch aus der Gattung
    der echten Kröten innerhalb der Familie der Kröten. Die erst Mitte der
    1960er-Jahre entdeckte Spezies gilt heute als ausgestorben

    Der Zins war ein weltweit verbreiteter Ertrag aus der Gattung der Kapitalerträge innerhalb der Familie der Renditen. Der bereits seit den ersten Hochkulturen in Mesopotamien im Codex Hamurapi verankerte Ertrag gilt heute als ausgestorben

    09:12 Uhr, 10.04. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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