Kommentar
07:50 Uhr, 04.12.2015

Desaster-Jahr 2016?

Wer glaubt, 2015 sei ein schwieriges Jahr für Anleger gewesen, der kann sich 2016 auf noch Schlimmeres gefasst machen. Passend zur gestrigen Unruhe an den Märkten hier einige Gründe, weshalb 2016 sehr schwierig wird.

Aktien werden fallen

2015 ist noch nicht vorbei, doch bereits jetzt lässt sich sagen, dass es ein schwieriges Jahr für Anleger war. Die Aktienmarktrally in Europa – gesponsert von der EZB – dauerte keine 3 Monate. Die kompletten Gewinne wurden über den Sommer wieder abgegeben. Inzwischen befinden sich die Indizes wieder im Plus, doch das Jahr 2015 hat gezeigt, dass auch die EZB kein Allheilmittel hat. Bis Jahresende dürfte die EZB mit ihrer Entscheidung, das Anleihenkaufprogramm nicht auzudehen, die Kurse belasten. Am Ende bleibt dann nicht mehr viel von der QE Rally übrig.

Die EZB kann letztlich auf und nieder springen wie sie will; wenn die US Märkte nicht mitspielen, dann wird jegliche von geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen getriebene Aktienrally ein Strohfeuer bleiben. Schlimmer noch, jegliche ausbleibende zusätzliche Lockerung führt zu crashartigen Kursreaktionen. Der Aktienmarkt bleibt unter diesen Umständen im kommenden Jahr schwierig. Wertet der Euro weiter ab, haben auch europäische Aktien die Chance auf weitere Gewinne, insbesondere deutsche Aktien.

Die Logik dahinter ist einfach: fällt der Außenwert des Euro, werden deutsche Güter günstiger. Das hilft dem Export – theoretisch. 2016 hat trotz Euroabwertung kaum Exportwachstum für Deutschland gebracht. Aktien reagieren auf einen abwertenden Euro reflexartig mit Kursgewinnen. Dieser Reflex ist real absolut nicht zu rechtfertigen.

Jenseits der Euroabwertung haben europäische Aktien wenig zu bieten. Die Erholung in den einstigen Krisenländern läuft. An den Aktienmärkten spiegelt sich das nicht wider. Der Markt hatte hier viel vorweggenommen und die Euroabwertung hilft z.B. Spanien wenig. Spanien ist wenig exportorientiert. Daher hilft die Euroabwertung nicht viel. Vielmehr bewegen sich die Indizes der Krisenländer parallel zu den US Indizes.

Viel dürfte bei europäischen Aktien nicht zu holen sein. Die EZB kann immer wieder für ein Strohfeuer sorgen, wenn überhaupt. Ebenso haben die Märkte inzwischen viel eingepreist.

Was auch immer die EZB tut, man darf nicht vergessen, dass das aktuelle QE-Programm offiziell im März 2017 enden soll. Vermutlich wird die Laufzeit im kommenden Jahr noch einmal verlängert, doch selbst wenn das Programm bis Mitte/Ende 2017 läuft, kann das bereits Ende 2016 auf den Kursen lasten. Man denke nur an die US Indizes, die sich seit Ankündigung der Zinswende kaum noch vom Fleck bewegt haben.

Bei US Aktien wird 2016 auch nicht viel zu holen sein. Das Gewinnwachstum der Unternehmen bleibt mager. Dafür sorgen der starke Dollar und niedrige Rohstoffpreise. Gleichzeitig steigen die Zinsen, wenn auch nur minimal. Steigende Zinsen führen im Normalfall zu einer „Bewertungskompression.“ Eine Kompression bedeutet, dass bei gleichbleibenden Gewinnen das KGV sinkt. Umgekehrt steigt das KGV, wenn die Zinsen sinken, selbst bei gleichbleibenden Gewinnen.

Das Gewinnwachstum von US Unternehmen, welches unter normalen Umständen zu steigenden Kursen führt, wird durch die Kompression wettgemacht. Für US Aktien droht 2016 eine Wiederholung von 2015 zu werden: unterm Strich tut sich nicht viel.

Wenn mit Aktien im kommenden Jahr wenig zu verdienen ist, womit lässt sich dann Geld verdienen? Grafik 1 zeigt eine sehr lange Historie von US Aktien und Langfristzinsen. Zunächst lässt sich festhalten, dass Aktien besser laufen, wenn die Zinsen nicht allzu hoch sind. Davon kann derzeit und auch 2016 keine Rede sein. Die Zinsen – ob kurzfristig oder langfristig – bleiben sehr niedrig. Das ist zwar gut für Aktien, doch allein die Tatsache, dass die Zinsen nicht weiter fallen, führt zu einer Bewertungskompression.


Können Anleger auf Anleihen setzen?

Wenn Zinsen steigen, dann fallen die Kurse von Anleihen. Anleger können also nicht einfach ihren Aktienbestand in Anleihen umschichten. Das würde wenig bringen, außer niedrigen Zinseinnahmen und vermutlich sinkenden Kursen. Die Zinsen werden im kommenden Jahr so moderat steigen, dass kein Crash bei Aktien und Anleihen zu erwarten ist. Dennoch werden beide Anlageklassen Schwierigkeiten haben Gewinne zu produzieren. Die Zinsanhebung ist zu wenig, um den Markt kräftig korrigieren zu lassen und zu viel, um ihn weiter zu stützen.

Anleihenkurse werden vermutlich leicht fallen, wenn die Zinsen moderat steigen. Das frisst die Zinserträge auf, die man erhält. Gleichzeitig reichen die steigenden Zinsen nicht, um Anleihen massiv unter Druck zu setzen. Man kann also auch auf der Shortseite kaum mit Performance rechnen.

In Europa ist dank EZB kaum mit einer nennenswerten Veränderung bei Anleihen zu rechnen. Sie werden sich mit einigen Korrekturen in der Tendenz seitwärts bewegen. Europäische und amerikanische Aktien und Anleihen sind aller Voraussicht nach 2016 kein Performancegarant. Sie dürften sich in Europa volatil seitwärts und in den USA volatil abwärts/seitwärts bewegen.


Wie sieht es mit Rohstoffen aus?

Wenn Aktien und Anleihen für 2016 keine Favoriten sind, was ist es dann? Rohstoffe sind es nicht. Das Überangebot an Rohstoffen wird auch 2016 Thema bleiben. Das zeigt sich auch an den Inflationsdaten. Grafik 2 zeigt wieder eine lange Historie von US Aktien und Inflation. Moderate Inflation ist das beste Umfeld für Aktien. In den USA kann die Inflation im kommenden Jahr auf 2% steigen. Das ist noch gerade wenig genug, um Aktien und Anleihen nicht zu schaden, doch nutzen wird es auch nichts. Moderate Inflation wird die US Notenbank nur bestärken, die Zinsen langsam immer weiter zu erhöhen.

In Europa wird Inflation ebenfalls kein großes Thema sein. Die Euroabwertung hat bisher wenig Inflation importiert. Daran sind die fallenden Rohstoffpreise schuld. Diese werden im kommenden Jahr eventuell eine Bärenmarktrally durchleben, doch so lange der Dollar weiter aufwertet, ist kein nachhaltiger Boden in Sicht, auch, weil die Überkapazitäten noch lange nicht abgebaut sind.

Rohstoffe wären als Investment interessant, wenn man steigende Inflation erwartet. Dazu würden vor allem Edelmetalle gehören. Sie schützen vor hoher Inflation. Die Inflation wird jedoch zu niedrig bleiben, um Anleger in Scharen in Edelmetalle zu drängen. Gleichzeitig bleiben die Zinsen niedrig. Das bedeutet, dass die Realzinsen 2016 ebenfalls kaum vom Fleck kommen.

Realzinsen sind der bestimmende Preisfaktor für Gold und Silber. Realzinsen, die moderat steigen lasten auf Edelmetallen. Grafik 3 zeigt US Aktien und Realzinsen. Wie schon bei Inflation und Langfristzinsen bewegen wir uns momentan (und auch 2016) im Niemandsland.

Aktien, Anleihen und Rohstoffe setzen ihren Trend aus diesem Jahr vermutlich fort. Für Anleger bleiben noch Währungen als Spekulationsobjekt. Hier war der Trade des Jahres EUR/USD short. Dieser „idiotensichere“ Trade kann sich auch 2016 als lukrativ erweisen. Ein Trade, der nicht schief gehen kann, ist es jedoch nicht. Viel der erwarteten Zinswende in den USA und zusätzlicher Lockerung in der Eurozone ist bereits eingepreist. Wie schnell der Euro aufwerten kann, wenn die EZB nicht liefert, zeigt sich gerade.

Schwellenländerwährungen haben 2015 arg gelitten. Das kann sich 2016 fortsetzen, allerdings in moderaterem Tempo. Da die Zinsen in Schwellenländern deutlich höher sind als in den USA – trotz Zinswende – ist eine moderate Abwertung der Währungen nicht genug, um Anlegern Rendite zu bringen. Wer eine Schwellenländerwährung gegen eine andere Währung verkauft muss die Zinsdifferenz zahlen. Diese kann jegliche Performance zunichte machen.

Unterm Strich kann man sagen: 2016 wird ein sehr schwieriges Jahr für Anleger. Wir befinden uns im absoluten Niemandsland. Die großen Makrotrends der vergangenen Jahre laufen so langsam aus. Das zeigt sich an der ansteigenden Volatilität in allen Anlageklassen. Die Trends sind aber noch intakt. Um auf eine Trendwende zu spekulieren ist es noch zu früh. Das Ende der Trends, von Volatilität begleitet, macht es für Anleger schwer Geld mit den noch vorhandenen Trends zu verdienen. 2016 wird etwas für kurzfristigere Trades und auch viel Geduld an der Seitenlinie.

Die hier präsentierten Szenarien sind alle denkbar und auch wahrscheinlich. Man kann es aber auch sehr viel positiver sehen, wenn man will. Das versuche ich in einer Fortsetzung des Artikels.

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10 Kommentare

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  • Maybrit
    Maybrit

    hallo,esgibt prognosen,chartanalaysen und trader.ihre aussage ist eine prognose,nicht mehr

    im übrigen war 2015 ,JT ca 9337 und JH 12374,genügend zu verdienen auf der richtigen seite.! heute ist nikolaustag, freut euch.tschüss

    11:01 Uhr, 06.12.2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Sehr guter Artikel ... TOPP ... !!!

    10:32 Uhr, 06.12.2015
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    P. S. Deswegen sollten übrigens der Dax in aktuellen Dollarkursen täglich Brot sein und gleich neben der Euroversion zur Verfügung gestellt werden. Anregung

    10:16 Uhr, 04.12.2015
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Oh Je, kaum gibt's mal einen Dämpfer, bricht der große Katzenjammer aus. Wer da mal nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet! Und übrigens: Die Logik hinter der Koinzidenz von fallendem Euro und steigendem Dax ist mitnichten in der Verbilligung der Exporte zu suchen. Sonst hätten ja die weniger exportorientierten Euro-Indizes nicht steigen dürfen. Sind sie aber. Die steigenden Euro-Aktien sind einfach ein Hedge gegen den fallenden Euro. Denn was ein Asset wirklich wert ist, orientiert sich immer noch an der einzigen wirklichen Weltreservewährung - dem Dollar. in diesem Sinne

    10:09 Uhr, 04.12.2015
  • Schneider
    Schneider

    Nicht zu sprechen gekommen sind Sie in Ihrem Artikel auf Immobilien. Wie schaut es damit aus? Auch die scheinen ja hoch bewertet.

    09:26 Uhr, 04.12.2015
  • 1 Antwort anzeigen
  • Rolli1001
    Rolli1001

    Harry ist doch der Entertainer bei Godmod, da spielen auch viele " Wünsch Dir was " mit :-)

    08:30 Uhr, 04.12.2015
  • Austrochris
    Austrochris

    da sind ja einige Kollegen von Godmodetrader a bissi euphorischer . Herr Weygand zum Beispiel ist ja ziemlich bullisch für den Dax mit Zielen jenseits von 13 000 Punkten für 2016 .

    08:09 Uhr, 04.12.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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