Des Kaisers neue Kleider
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New York (GodmodeTrader.de) - Die Aktienmärkte haben die neue Administration in den USA seit dem Wahltag mit der Trump-Rally gefeiert, um über zehn Prozent hat der S&P 500 seit dem 8. November zugelegt. Grund für den Optimismus waren vor allem die angekündigten Maßnahmen zur Wachstumsstimulierung, darunter eine Steuerreform mit kräftiger Senkung der Unternehmenssteuersätze, wie Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie für Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock, in seinem wöchentlichen Kommentar schreibt.
Bisher seien allerdings Vorschläge zur Ausgestaltung dieser Reform eher vage geblieben. Zwischen der Bereitschaft, auf ein Weiterlaufen der Trump-Rally zu setzen und der Schlussfolgerung, dass der Kaiser eventuell gar keine Kleider an habe, verlaufe für Finanzmarktteilnehmer ein schmaler Grat, heißt es weiter.
„Auch die amerikanische Notenbank Fed weist darauf hin, dass offenbar Investoren die wachstumsfördernden Maßnahmen der Trump-Regierung für ziemlich sicher halten. Darauf jedenfalls deuten Aktienpreise und die sehr niedrige Volatilität hin. Aber was, so haben sich laut letzter Woche veröffentlichter Sitzungsprotokolle des FOMC mehrere Fed-Gouverneure gefragt, passiert eigentlich, wenn diese Erwartung enttäuscht wird? Dann dürften, so nicht nur unsere Einschätzung, Kursrückschläge drohen. Denn trotz des nach wie vor gut laufenden Wachstums und eines positiven Gewinntrends, auf den auch die in diesen Tagen zu Ende gehende Berichtssaison hindeutete, preisen die aktuellen Kursniveaus schon zu einem guten Teil niedrigere Unternehmenssteuern in den USA ein“, so Lück.
Auch bezüglich weiterer Zinsschritte seien die ‚FOMC Minutes‘ aufschlussreich. So sei an mehreren Stellen im Zusammenhang mit der nächsten Zinsanhebung von ‚fairly soon‘ die Rede, ein Hinweis darauf, dass vermutlich im Mai der nächste Zinsschritt anstehe. Einige FOMC-Mitglieder schienen sogar den 15. März zu bevorzugen. Sehr bald, so klinge es aus den FOMC Minutes, solle man auch die Schrumpfung der unverändert gigantischen Bilanz ins Auge fassen. Die Märkte seien also gut beraten, sich nicht allzu sehr auf ein weiteres Jahr zögerlicher Fed-Politik zu verlassen, heißt es weiter.
„In Europa ist all dies in weiter Ferne. Die EZB tut gut daran, den temporären Charakter der gegenwärtig zu beobachtenden Inflationsdaten zu betonen. Allzu deutlich klaffen Gesamtindizes und Kernraten auseinander, klarer Hinweis darauf, dass bei der Erholung der Inflationszahlen Basiseffekte am Werk sind. Zwar werden, getrieben durch im Jahresverlauf deutlich gestiegene Energiepreise, die harmonisierten Verbraucherpreisindizes für Deutschland und die Eurozone das Inflationsziel der EZB im Februar wohl sogar überschreiten (erwartet werden 2,1 Prozent für Deutschland und 2,0 Prozent für die Eurozone), aber Kernraten unter einem Prozent suggerieren, dass von einer fundamentalen Normalisierung bisher keine Rede sein kann. Mario Draghi tut gut daran, vorschnellen Rufen nach einer Einstellung des Anleihekaufprogramms mit entsprechender Aufklärungsarbeit zu begegnen. Was bedeutet das für Anleger?“, fragt Lück.
Die Einkaufsmanagerindizes der letzten Woche seien für Europa besser ausgefallen als für Amerika. Während der Gesamtindex der Eurozone im Februar von 54,4 auf 56,0 Punkte zugelegt habe, habe sich sein US-Pendant auf 54,3 abgeschwächt, anderthalb Punkte weniger als im Januar. Diese Woche habe sich der leicht gedämpfte US-Jahresanfangstrend in den ISM-Indikatoren fortsetzen können. Beide, sowohl für industrielle wie nicht-industrielle Bereiche, würden unter ihren Januarständen erwartet, heißt es weiter.
„Da auch die Aktienbewertungen für Europa sprechen, fragen sich viele, warum seit Jahresstart US-Aktien wieder einmal besser performt haben. Die Antwort liegt wohl in den politischen Unsicherheiten des alten Kontinents. Die Präsidentenwahl in Frankreich, vermutlich das größte einzelne Event-Risiko, wird indes immer komplizierter. Während am linken Rand Jean-Luc Mélenchon und Benoit Hamon sich in Grabenkämpfen verlieren, wird das rechte Spektrum von Skandalen um Vetternwirtschaft gebeutelt. Bemerkenswert, dass die Wahlaussichten des gemäßigten Konservativen Francois Fillon deswegen unter Druck geraten, während die in den Umfragen führende Rechtspopulistin Marine Le Pen von sehr ähnlichen Anschuldigungen bisher nahezu unbeschädigt geblieben ist. Zulegen konnte zuletzt vor allem Emmanuel Macron, der Shooting Star der französischen Politik. Aus unserer Sicht verkörpert er Frankreichs vielversprechendste Option. Sollte er, was nicht komplett unwahrscheinlich ist, Frankreichs nächster Präsident werden, könnte der Ausgang der Wahl vom größten Risiko zur größten Chance für Europa werden. Dann wohl auch zur Freude derer, die schon lange auf Unterstützung für europäische Aktien warten“, so Lück.
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