Kommentar
18:27 Uhr, 12.03.2015

Der Stresstest der Fed: Butterweich?

Die Fed hat vor einer Woche die Ergebnisse des aktuellen Stresstests veröffentlicht. Jede der 31 getesteten Banken hat bestanden. Bei den Testkriterien ist das auch kein Wunder.

Die Fed hat vor einer Woche die Ergebnisse des aktuellen Stresstests veröffentlicht. Jede der 31 getesteten Banken hat bestanden. Bei den Testkriterien ist das auch kein Wunder.

Das Extremszenario ist vielleicht nicht butterweich, es ist aber sicherlich kein wirkliches Extremszenario. Insgesamt verwendet die Fed über zwei Dutzend Parameter, um ein möglichst breites Spektrum abzudecken. Zu den Parametern zählt unter anderem die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes, der Zinsen, der Aktienmärkte, des frei verfügbaren Einkommens, der Arbeitslosenquote, der Häuserpreise usw. Insgesamt sind die Szenarien realistische Abwärtsszenarien. Von wirklich großem Stress ist jedoch nicht viel zu sehen.

Wie stressig das Extremszenario ist zeigt Grafik 1. Hier ist das jährliche Wachstum des US Bruttoinlandsproduktes seit 1900 dargestellt. Das Stressszenario ist in mit roten Balken dargestellt. Das Wirtschaftswachstum ist deutlich negativ. 2015 würde die Wirtschaft in diesem Szenario um 3,675% schrumpfen. Von der Größenordnung her ist das ähnlich der Situation 2009. Dafür geht die Fed dann in den Folgejahren von einer schnelleren Erholung aus als nach 2009. Ob das realistisch für eine Wirtschaft ist, in der Zinsen nicht mehr gesenkt werden können, sei dahingestellt.

Gleichzeitig muss man auch feststellen, dass die USA eine sehr stabile Wachstumsphase von 1950 bis 2006 hatten. Die Rückkehr zu der Volatilität bis 1950 ist unwahrscheinlich. Dennoch zeigt die Zeitreihe, dass ein Szenario mit einem negativen Wachstum von 5 oder 6% über zwei Jahre nicht vollkommen aus der Luft gegriffen ist.

Betrachtet man das Wachstumsszenario im Detail (nicht auf Jahresbasis, sondern auf Quartalsbasis), dann erkennt man wie stressig es wirklich ist. Grafik 2 zeigt insgesamt 3 Szenarien. Das Basisszenario ist die Erwartung für das Wachstum unter normalen Umständen. Das moderate Stressszenario ist eine Minirezession über 3 Quartale mit einem Rückgang von gut 0,5% der Wirtschaftsleistung. Eine solche Variante überhaupt als Stress zu bezeichnen ist schon gewagt.

Der extreme Stress erinnert an 2009. Das negative Wachstum ist jedoch nicht ganz so negativ wie 2009, zieht sich dafür aber um ein Quartal länger hin. Die darauffolgende Erholung ist kräftiger als die 2010 und in den Folgejahren.
Während das Wachstumsszenario noch grundsätzlich nachvollziehbar ist und definit nicht wie eine Wellnesskur wirkt, ist das bei der Inflation anders. Diese steigt interessanterweise im Ernstfall erst einmal an. Wirtschaftliche Kontraktion und hohe Inflation – das gibt es selten. Was sich die Fed dabei gedacht hat ist nicht herauszufinden. Intuitiv würde man jedoch Deflation erwarten. Gerade für Banken wäre das ein größeres Problem als die vergleichsweise hohe Inflation in den beiden Szenarien. Sinken die Preise von Vermögen bei gleichbleibenden Kreditsummen z.B. auf Immobilien, dann haben Banken definitiv ein größeres Problem als wenn Assetpreise weiter zulegen. Einer der größten Stressoren der zurückliegenden Krise waren sinkende Vermögenswertpreise. Insofern ist das Inflationsszenario ein gewisser Ausgleich zum Stress in anderen Bereichen.

Besonders stutzig macht das Inflationsszenario im Zusammenhang mit dem Hauspreisindex. Dieser würde deutlich nachgeben. Wie ein Rückgang der Preise um 25% die Inflation anheizen soll ist mir rätselhaft. Insgesamt kann man sich kaum vorstellen, dass bei wegbrechender Nachfrage die Inflation steigt. Das ist nur möglich, wenn die Währung radikal abwertet. Die Fed geht in ihren vorgegebenen Szenarien allerdings von einer Dollaraufwertung aus, wenn es hart auf hart kommt.

Die etwas widersprüchlichen Annahmen ziehen sich durch den gesamten Stresstest. Zu beobachten ist das auch bei der Renditeentwicklung von BBB bewerteten Unternehmensanleihen. Dass diese im Extremszenario weniger stark ansteigen als im Szenario mit moderatem Stress ist nicht sehr intuitiv. Immerhin ist die Annahme für die Entwicklung auf dem Aktienmarkt durchaus heftig. Der Dow Jones würde auf 8.600 Punkte zurückfallen. Das ist nach heutigem Kursstand dann ein Crash wie wir ihn auch 2008/09 gesehen haben.

Unterm Strich ist der Test auf den ersten Blick nicht sehr konsistent. Immerhin kann man sagen, dass es an der einen oder anderen Stelle tatsächlich strenge Annahmen gibt. Man muss nun auch nicht so lange an den Annahmen schrauben bis zahllose Banken durch den Test fallen. Würden wir 2008/09 noch einmal erleben, dann lässt sich jedoch ziemlich sicher sagen, dass viele Banken durchfallen würden. Für eine Wiederholung der letzten Finanzkrise sind Banken noch nicht gewappnet. Die Regulierung hat sich zwar verschärft, sie arbeitet jedoch nicht darauf hin, dass solche Szenarien wirklich aus eigener Kraft überstanden werden können. Vermutlich wird eine Wiederholung der Finanzkrise einfach zu selten erwartet. Der Regulator nimmt einfach einen Zusammenbruch des Systems einmal in hundert Jahren in Kauf.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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