Kommentar
09:16 Uhr, 04.11.2020

Der Sieger der US-Wahl

Noch bevor die Wahllokale in den USA geschlossen waren, stand schon ein Sieger fest: China.

Vordergründig gehen die USA gegen China vor. Die USA wollen Chinas Einfluss in der Welt zurückdrängen und ihren Platz an der Spitze verteidigen. Der Platz an der Spitze lässt sich auf unterschiedliche Art bewerten. Zuallererst ist da die Größe der Wirtschaft.

China holt seit vielen Jahren auf. Das Wachstum hat sich in den letzten Jahren zwar auf 6 % verlangsamt, doch die Coronakrise verhilft China zu einem großen Sprung nach vorne. Die Wirtschaft hat ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht und sogar übertroffen. In den USA und Deutschland wird die Wirtschaftsleistung Ende 2020 noch 3-4 % unter diesem Niveau stehen (Grafik 1).


In China wird sich das Wachstum im Vergleich zum letzten Quartal weiter verlangsamen. Das ist immer noch besser als die nun zu erwartende Stagnation im Westen. China lässt es auf eine zweite Coronawelle nicht ankommen. Sobald es ein Dutzend Fälle gibt, werden ganze Metropolen abgeriegelt und innerhalb von Tagen 5-10 Mio. Menschen getestet.

China kann mit lokalen und temporären Maßnahmen das Wachstum aufrechterhalten. Dem Westen gelingt das nicht. So wird sich die Lücke zwischen der Wirtschaft Chinas und der USA bis 2022 auf 20 % verringern (Grafik 2). Bis 2030 wird China die USA weit hinter sich gelassen haben.


China managt die Krise besser als viele andere Länder. Die USA treten bisweilen wie eine Bananenrepublik auf. Wirtschaftlich kann China den USA und generell dem Westen davonlaufen. Es geht bei dem Platz an der Spitze aber nicht nur um Wirtschaftskraft. Es geht auch um Technologie.

Die USA erlassen Sanktionen und Exportverbote bestimmter Technologien. Sie wollen China aushungern. China hat das lediglich aufgeschreckt und steckt nun hunderte Milliarden in die Entwicklung von Technologien. Der Plan zur Selbstversorgung bestand schon länger, war aber auch langfristig ausgelegt. Nun wird der Plan beschleunigt.

Schon in den vergangenen Jahren stellte China mehr als die Hälfte der weltweiten Patentanträge. In vielen Bereichen wie künstlicher Intelligenz, Gesichtserkennung usw. ist China global führend. Der Vorsprung wird nun nur noch größer.

Die USA haben in den letzten Jahren ihre Freunde genauso behandelt wie ihre Feinde, internationale Institutionen geschwächt oder sie verlassen. Allein können die USA gegen China nicht gewinnen. Es braucht Allianzen. Bis der Schaden wieder repariert ist, ist China bereits die Nummer 1.

Während die USA Porzellan zerschlagen haben, hat China über die Belt and Road Initiative sich in Asien, Afrika und Südamerika verankert und die Beziehungen gestärkt. Chinas Position ist so stark, dass selbst die Einführung des Sicherheitsgesetzes in Hong Kong, das die Eigenständigkeit beendet und internationalen Rechtsbruch bedeutet, überall in der Welt ohne große Konsequenzen zur Kenntnis genommen wurde.

Die USA haben auch keine Jobs aus China zurück in die USA geholt. Die Zölle haben nichts bewirkt und wurden am Ende vom amerikanischen Konsumenten bezahlt. Die Landwirtschaft überlebte den Handelsstreit nur, weil Dutzende Milliarden an Subventionen aufgefahren wurden, eine Praxis, die man in China kritisiert.

Wie man es dreht und wendet, die letzten vier Jahre waren ein Geschenk für China. China war nie so stark wie jetzt und kann überall in der Welt sein System als überlegen propagieren. Die US-Gesellschaft ist so zerrüttet wie selten, sei es entlang der politischen Überzeugung oder der Hautfarbe. Die noch amtierende Regierung hat die eigene Demokratie unterwandert. So kann man sich kaum als Erfolgsmodell in der Welt darstellen und schon gar keine Gefolgschaft erwarten.


Allein die Unterwanderung der Demokratie in dieser Wahl ist ein Geschenk für China. Stürzen die USA danach weiter ins politische Chaos, weil Gerichte entscheiden müssen und der am Ende benannte Präsident als illegitim gilt, wirft das die USA politisch um Jahre oder Jahrzehnte zurück.

Schon jetzt hat China bei dieser Wahl gewonnen, so wie auch in den letzten vier Jahren. Wird Trump wiedergewählt, hört Weihnachten für China gar nicht mehr auf.

Clemens Schmale


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5 Kommentare

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  • katzenfreund
    katzenfreund

    Sehr guter Kommentar Merkel und co wären gut beraten Trumpistan links liegen zu lassen und mit China sehr eng zu kooperieren. Auch Russland spielt ausser als billiges Rohstofflager keine Rolle für China

    11:54 Uhr, 04.11. 2020
  • hochdietassen
    hochdietassen

    Dem ist allenfalls noch hinzuzufügen, dass ein skrupelloser Egomane mit beschränkter Intelligenz es immerhin schafft, so viele Amerikaner von sich und seinem Verhalten zu überzeugen, dass sich in der Folge gerade auch dieses Wahlresultats tatsächlich die Frage stellt, ob der Aufwand, den die Chinesen mit ihrer geistigen und moralischen (u.a.m.)Totalkontrolle betreiben, überhaupt notwendig ist angesichts des Schwach-Sinns, den der Mensch von sich aus und ganz freiwillig zu seinem Lebensinhalt macht...

    10:01 Uhr, 04.11. 2020
    1 Antwort anzeigen
  • Falcon
    Falcon

    👍

    09:19 Uhr, 04.11. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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