Kommentar
20:00 Uhr, 23.03.2009

Der Grundstein ist gelegt...

Nein, nicht der Grundstein für den nächsten Bullenmarkt – sondern der für eine Finanzkatastrophe, die alles bisher da gewesene in den Schatten stellen könnte. Mit ihren „beherzten“ Aktionen von dieser Woche und dem Kauf von Staatsanleihen in großem Stil, zeigen die Notenbanken rund um den Erdball nämlich, dass alle bisherigen finanzpolitischen Instrumente kläglich versagt haben.

Während Fed-Chef Ben Bernanke und der damalige US-Finanzminister Henry Paulson im Sommer 2007 noch mit Milliardenbeträgen im zweistelligen Bereich hantierten und lauthals hinausposaunten, derart gigantische Beträge würden die Krise spielend bewältigen, ist die Fed mit ihren verzweifelten Anstrengungen jetzt eine ganze Dimension höher gerutscht: Billionen müssen her, um die Sache endlich in den Griff zu bekommen.

Um einmal die Größenordnungen zurechtzurücken, und den Irrglauben zu widerlegen, so besonders groß sei der Unterschied zwischen Millionen, Milliarden und Billionen ja gar nicht:

Eine Million Sekunden, das sind gerade einmal zwölf Tage, eine Milliarde Sekunden, das sind dann schon 32 Jahre – und eine Billion Sekunden, das sind unglaubliche 32.000 Jahre.

Umgerechnet bedeutet das: Während die Fed noch vor zwei Jahren vermutete, die Finanzkrise im übertragenen Sinne in wenigen Jahrhunderten lösen zu können, benötigt sie hierfür jetzt 32 Jahrtausende.

Jedes Wochenende erscheint auf der Weekendedition von GodmodeTrader.de ein Kommentar vom Autor des Antizyklischen Börsenbriefs. Insofern sind Sie herzlich eingeladen, das Portal auch samstags und sonntags zu besuchen.

Das ganze Trauerspiel zeigt vor allem eines: Panik macht sich breit, die Notenbanken sind mit ihrem Latein am Ende, die Zinssenkungen der vergangenen Monate haben Null Komma Nichts bewirkt, die Krise schreitet voran - jetzt hilft nur noch der ganz große Feuerwehrschlauch.

Es ist schon bemerkenswert, dass in den finanzpolitischen Führungsetagen offenbar niemand auf die Idee kommt, die fiskalischen Maßnahmen der jüngsten Vergangenheit erst einmal in Ruhe wirken zu lassen. Bekanntlich dauert es sechs bis acht Monate, bis Zinssenkungen in der Wirtschaft ankommen. Doch natürlich wissen die Notenbanken ganz genau, dass sie diese Zeit nicht haben. Niemand kann es jetzt noch verantworten, ein halbes Jahr Däumchen zu drehen, um zu sehen, ob die Nullzinspolitik etwas bewirkt.

Mit den jetzt bekannt gegebenen Maßnahmen verpulvert allein die US-Notenbank rund 1,75 Billionen US-Dollar. Dabei geht es nicht nur um den Ankauf von Staatsanleihen, auch Auto-, Hypotheken und Studentenkredite werden von der Notenbank eingesammelt. Eines der Ziele ist es, den kollabierenden Häusermarkt endlich zu stabilisieren. Tatsächlich zeigt der NAHB-Housing Market Index auf niedrigstem Niveau so etwas ähnliches wie eine Beruhigung. Zumindest die Fallgeschwindigkeit scheint nachzulassen.

Der Index ist dem Verbrauchervertrauen recht ähnlich. Er liefert eine Stimmungs-Analyse des Baugewerbes hinsichtlich der momentanen und zukünftigen Bedingungen. Ein Wert von 50 bedeutet grundsätzlich, dass die Anzahl der positiven Einschätzungen überwiegt. Da die Daten recht zeitnah veröffentlicht werden, ist die einzige Zeitreihe, die Stimmungen im Baugewerbe erfasst, ein recht treffsicherer Indikator für künftige Bauausgaben. Doch eines muss man natürlich sehen: Mit einem Wert von zehn (!) ist das Barometer weit davon entfernt auch nur ansatzweise positive Signale zu liefern. Wie gesagt: Bislang reduziert sich lediglich die Fallgeschwindigkeit.

Eines muss klar sein: Die Immobilienmärkte MÜSSEN jetzt drehen. Wenn auch das letzte Mittel der Notenbanken nicht greifen sollte, dann werden uns düstere Jahre bevorstehen.

Die Maßnahmen, die jetzt rund um den Erdball ergriffen werden, sind historisch einzigartig. Das Problem dabei ist: Wir werden Zeitzeugen eines riesengroßen Experiments – und niemand weiß, wie das Ganze ausgehen wird.

Die panikartigen Vorgehensweise der Notenbanken sind ein deutlicher Fingerzeig, dass die Gefahren einer massiven Deflation eher zu- als abgenommen haben. Nun muss sich zeigen, ob die letzte Lösung greift. Der japanischen Notenbank hatte man in den 1990er Jahren vorgeworfen, bei der Bekämpfung der Krise zu zögerlich gewesen zu sein. Diesem Vorwurf will sich die Fed keinesfalls aussetzen.

Eine allerletzte Chance, das Steuer noch herumzureißen, könnte der G20-Gipfel am 2. April in London sein. Dort müssen die Weichen gestellt werden für eine umfassende Reform und Neuordnung des todkranken Finanzsystems. Andernfalls könnte es sehr ungemütlich werden.

Einstweilen sollte man sich von der gerade gestarteten Bärenmarktrallye nicht blenden lassen. Nutzen Sie die Gunst der Stunde, trennen Sie sich von Ihren Depotleichen, schichten Sie das Kapital in die Aktien solider Großkonzerne um. Und vergessen Sie Gold und Silber nicht.

In der Vergangenheit waren gerade in Krisenzeiten Zwischenerholungen an den Börsen besonders günstig für die Aktien der Gold- und Silberproduzenten. Sehr eindrucksvoll war dieser Effekt während der großen Depression in den 1930er Jahren. Auch in unseren Tagen lässt sich eine ähnliche Beobachtung machen: Interessanterweise hat nämlich der Goldminen-Index HUI seinen Aufwärtstrend kürzlich wieder aufgenommen. Angesichts der allgemeinen Stimmungslage ist der folgende Kursverlauf sehr bemerkenswert:

Noch deutlicher wird die Diskrepanz, sieht man sich einmal den Dow Jones und den Goldaktien-Index im direkten Vergleich an: Der HUI hat den Weltleitindex zuletzt klar abgehängt. Sollten die Börsen jetzt zu einer umfassenden Erholung ansetzen, dann könnte das eintreten, was wir schon seit längerer Zeit vermuten: Ähnlich wie in den 1930er Jahren könnten die Aktien der Gold und Silber-Produzenten so richtig durchstarten. Die relative Stärke des Edelmetall-Sektors während der jüngsten Baisse deutet genau das an:

Welche Gold- und Silber-Unternehmen wir jetzt favorisieren, das hatten wir im Antizyklischen Börsenbrief kürzlich ausführlich dargelegt.

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Und als Kontra-Anlegern ist uns eines natürlich auch klar: Man sollte die Ignoranz der Börsianer niemals unterschätzen. Nach dem Debakel der vergangenen Monate ist die Zeit reif für eine Bärenmarktrallye. Vor einigen Monaten hatten wir einmal die These aufgestellt, dass im Rahmen dieser Krise auch eine Erholung alles in den Schatten stellen könnte, was es in den vergangenen Jahrzehnten gegeben hat. Die Chance auf eine faustdicke Überraschung ist jetzt eher noch größer geworden.

Die Börsenampeln stehen vorerst jedenfalls auf grün, auch der US-Transportindex ist mittlerweile in die Puschen gekommen. Beim Dow Jones zeigen sich kurzfristig leichte Ermüdungserscheinungen. Das allerdings war zu erwarten: Bei 7.500 Punkten wartet eine recht massive Widerstandszone (rote Linie). Da dort in den kommenden Tagen auch der gleitende 50-Tage-Durchschnitt verläuft (blaue Linie), ist jetzt erst einmal mit einer Verschnaufpause zu rechnen:

Mit Blick auf den Sommer stellt sich die Lage allerdings etwas anders dar: Auch in schweren Bärenmärkten neigen die Indizes dazu, den langfristig bedeutenden gleitenden 200-Tage-Durchscnitt immer wieder einmal anzutesten – und sogar zu überschreiten.

In der Grafik oben ist gut zu erkennen, dass sich diese Durchschnittslinie mittlerweile in der recht luftigen Höhe von rund 9.600 Punkten bewegt. Rechnen wir: Ausgehend vom jüngsten Tief bei 6.500 Zählern wäre das ein Erholungspotential von fast 50 Prozent. Das ist ziemlich genau das Erholungspotential, das der Nikkei während der Japan-Krise und auch der Dow Jones während der Weltwirtschaftskrise immer wieder einmal ausgelotet haben.

Was sonst noch los war:

Wer geglaubt hatte, dass die Menschen immer weiter die neuesten Mobilfunkgeräte kaufen würden, der sah sich in dieser Woche getäuscht: Die Krise stürzt jetzt auch die Handyhersteller in die roten Zahlen. Sony Ericsson warnte vor hohen Verlusten - und ließ damit auch die Aktien von Nokia straucheln.

Das alles ist jedoch gar keine Überraschung: Ähnlich wie bei Autos gilt auch bei Handys: Wenn das jeweilige Grundbedürfnis, Mobilität oder eben mobile Kommunikation, gedeckt ist, dann braucht niemand zwingend einen neuen Wagen oder ein neues Mobiltelefon. In Krisenzeiten schon gar nicht.

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

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