Kommentar
11:44 Uhr, 26.10.2015

Der größte Spekulant der Welt

Die US Regierung ist klammheimlich zum größten Kreditgeber der Welt aufgestiegen und spekuliert damit indirekt auf einen nie endenden wirtschaftlichen Boom. Kommt es anders, dann sind die Steuerzahler am Zug.

Die Politik kritisiert gerne, wie maßlos private Geldinstitute vor der Krise Risiken angehäuft haben. Wären Banken mit ihren Regeln strikter gewesen, dann hätte die Finanzkrise von 2008/09 in diesem Ausmaß nicht stattgefunden. Damit sich genau das in Zukunft nicht wiederholen kann, wurde die Regulierung verschärft. Banken müssen mehr Eigenkapital halten. Da sich das nicht in allen Bereichen lohnt, weil die Rendite zu klein ist, werden insgesamt weniger Risiken eingegangen.

Die Risiken, die Banken heute nicht mehr eingehen, sind nicht verschwunden. Dabei geht es nicht nur um Risiken, die aus spekulativen Geschäftsbereichen entstanden sind (z.B. Eigenhandel), sondern auch um Risiken aus dem Kernsegment. Das Kernsegment von Banken ist immer noch die Vergabe von Krediten, doch seit der Finanzkrise hat sich das geändert.

2008 lagen insgesamt 4,8 Billionen US Dollar an Immobilienkrediten in den Bankbilanzen. Diese Summe wurde auf 4,05 Billionen im Jahr 2013 reduziert. Heute steht die Summe bei 4,25 Billionen. Die Gesamtsumme aller Immobilienkredite liegt bei 13,6 Billionen Dollar. Das sind 400 Mrd. mehr als 2013. Die Hälfte des Wachstums wurde von Banken getragen, die andere Hälfte vom Staat.

Grafik 1 zeigt die Entwicklung des Gesamtkreditvolumens seit 1951. Mit einem Blick erkennt man, dass die Kreditaufnahme von 1998 bis 2008 exzessiv war. Die Summen wuchsen schneller als die Wirtschaftsleistung. Der Anstieg ist schon als exponentiell zu bezeichnen.

Der Großteil der Kredite wurde für Wohneigentum (Ein- und Mehrfamilienhäuser) vergeben. Banken und auch der Staat sind somit besonders vom Wohl und Wehe der Finanzlage der Bürger abhängig. In Zeiten, in denen Reallöhne stagnieren und Gehälter in Bezug auf die Wirtschaftsleistung immer weniger ausmachen ist das bedenklich.
Banken halten sich im Großen und Ganzen an die Lehren der Finanzkrise und vergeben Kredite nach strikteren Regeln. Der Staat tut das nicht. Grafik 2 zeigt wie viel Kredit sich der US Staat inzwischen in die Bücher geholt hat. Lange Zeit lag das Wachstum im Marktdurchschnitt. Seit der Finanzkrise liegt es darüber. Zunächst kam es 2009 mit der Verstaatlichung von Fannie und Freddie Mac zu einem sprunghaften Anstieg der Kredite. Über 4 Billionen wanderten auf direktem Wege zum Staat.

Als die Konsolidierung und das Deleveraging 2009 begann bauten vor allem Banken ihre Risiken ab. Das kann man vom Staat nicht behaupten. Während Banken fast 800 Mrd. an Risiken abbauten, reduzierte der Staat das Volumen um lediglich 200 Mrd., obwohl das Gesamtvolumen der Staatskredite höher war als jenes der Banken.

Die US Regierung ist der größte Kreditgeber der Welt. Mit über 5 Billionen an ausstehenden Immobilienkrediten hat der Staat einen Marktanteil von knapp 40%. Andere Risiken (z.B. Studienkredite) addieren sich zu weiteren 3,5 Billionen Dollar an direkten und indirekten Verbindlichkeiten auf. Die US Regierung hat im Bereich Handelsfinanzierung und Studienkredite in den vergangenen Jahren ordentlich zugelangt (Details dazu in einem früheren Artikel),

Der Staat sitzt inzwischen nicht nur auf einem Schuldenberg von 18 Billionen und hohen zukünftigen Verpflichtungen aus Sozialleistungen und Renten, sondern auch auf insgesamt 8,5 Billionen Kreditrisiko. Kommt die nächste Krise auf dem Häusermarkt, dann können schnell Verluste von 500 bis 1.000 Mrd. anfallen.

Derzeit gibt es noch keine Anzeichen für eine neue Krise auf dem Immobilienmarkt. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der Häuserpreise und des Kreditvolumens. Grundsätzlich folgen Immobilienmarktkrisen mit einjähriger Verspätung auf die Entwicklung von Hauspreisen. Bis sich niedrigere Preise bis zur Kreditwürdigkeit der Schuldner durchgearbeitet haben, dauert es mehrere Quartale.

Während die nächste Krise noch nicht gleich um die Ecke wartet, ist das Risiko trotzdem vorhanden. Insbesondere ist kritisch, dass sich der Staat vor allem Subprime Kredite in die Bücher geholt hat. Banken fassen dieses Segment nicht mehr an. Den Staat stört das nicht. Er übernimmt einfach die Rolle des Subprime Kreditgebers im Immobilienbereich.

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3 Kommentare

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  • Unbedingt
    Unbedingt

    Eine Kleinigkeit, die irritiert: Den Steuerzahler als solchen sollte es doch in den USA eigentlich gar nicht geben. Es gibt doch auch Politiker in den USA, die den ganzen Tag mit der Verfassung in der Hand herum laufen und Wahlkampf damit machen. Spekulieren die tatsächlich darauf, alle Schieflagen, die über das Tagesgeschäft hinaus gehen, exportieren zu können? Zum Beispiel nach Europa? Mit schlauen Verträgen und Winkelzügen?

    10:03 Uhr, 26.10. 2015
  • tourguide
    tourguide

    Da kann man ja nur sagen: Willkommen im Sozialismus !

    08:23 Uhr, 26.10. 2015
  • hansdampf
    hansdampf

    Hmja, die Fed hält weitere 1,72 Bio an Hypothekenpapieren / MBS, die sind in der Aufstellung oben ja wohl noch nicht enthalten.

    Sicherlich ein weiterer Grund, weshalb die Zinsen - zumindest von Seite der Fed - nicht wirklich signifikant steigen werden (ein oder zwei kleine Alibi-Zinserhöhungs-Ründchen zur Wahrung der "Glaubwürdigkeit" mal ausgenommen - aber selbst das bekommen sie ja aktuell nicht hin!).

    07:47 Uhr, 26.10. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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