Kommentar
11:40 Uhr, 10.11.2014

Der Eurozone steht ein langer Weg der Erholung bevor

Das Wachstum in weiten Teilen Europas hat sich langsam entwickelt und war für uns in der Eurozone so gut wie überhaupt nicht erkenntlich. Der Währungsblock scheint immer mehr mit Japan gemeinsam zu haben - die Wirtschaft dort bewegt sich schon seit Jahren nicht von der Stelle - als mit Großbritannien oder den USA. Als anfängliche Reaktion auf die Schwierigkeiten der Region hat die Europäische Zentralbank (EZB) einen guten Anfang gemacht. Ihre jüngsten Maßnahmen sollen der Wirtschaft Kapital zuführen. Diese Maßnahmen stellen aber nur den Anfang dessen dar, was wir für notwendig erachten: Eine gemeinsame Strategie der EZB und der Regierungen der einzelnen Länder, die mehr tun müssen, um den europäischen Wirtschaftsmotor richtig in Fahrt zu bringen. Da die Eurozone sich wahrscheinlich noch länger in einer Phase schwachen Wachstums und niedriger Inflation befinden wird, ist eine langfristige lockere Geldpolitik der politischen Entscheidungsträger der Region unserer Meinung nach unausweichlich.

Obwohl die EZB ihren Beitrag zur Erholung der Eurozone leisten muss, glauben wir, die Kernländer müssen sich stärker auf Reformen konzentrieren. In Frankreich hat die Regierung zum Beispiel unserer Meinung nach noch nicht annähernd genug getan. Das Defizit des Landes ist recht hoch und mit ihrem letzten Haushaltsentwurf hat die französische Regierung effektiv zum Ausdruck gebracht, dass sie die Defizitziele derzeit nicht einhalten kann, aber zu einem späteren Zeitpunkt versuchen wird dies zu tun. Wir glauben, das Land braucht Wirtschaftsreformen und die Regierung scheint nicht genug dafür zu tun, um dies zu erreichen. Demgegenüber hat Deutschland unserer Meinung nach seine haushaltspolitischen Vorgaben sehr gut erfüllt. Aber während die meisten anderen Länder in Europa eine haushaltspolitische Sparpolitik betreiben, denken wir, das größte Land der Region könnte es sich vielleicht leisten, seine eigene Haushaltspolitik zu entspannen.

Einige der Kernländer der Eurozone könnten von den sogenannten Peripherieländern noch etwas lernen. In vielen dieser Länder haben die Regierungen unserer Meinung nach die erforderlichen Reformen umgesetzt. Einige haben erfolgreich Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Haushaltsdefizite ergriffen, in anderen wurden Gesetze verabschiedet, die wichtige Reformen ermöglichen, die jetzt umgesetzt werden, obwohl dies in vielen Fällen erst der Anfang der strukturellen Angleichungen ist, die wir für erforderlich halten.

Außerhalb der Eurozone hat sich die britische Wirtschaft unserer Meinung nach in eine positive Richtung entwickelt. Das Wachstum ist gesund, die Inflation scheint unter Kontrolle zu sein und die Bank of England (BoE) befindet sich in einer ganz anderen Position als die EZB. Die BoE denkt über Zinserhöhungen nach und obwohl der Druck einer frühen Zinserhöhung etwas nachgelassen hat, glauben wir, die Frage lautet nicht ob, sondern wann die BoE diese Entscheidung treffen wird. Aus diesem Grund glauben wir nicht, dass britische Staatsanleihen viel Wert bieten. Für Anleger in Großbritannien bieten sich möglicherweise gute Gelegenheiten anderenorts in Europa, denn die britische und die Volkswirtschaften der Eurozone scheinen sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln.

Die Inflation in der Eurozone ist auf gerade einmal 0,4% geschrumpft und ist somit weit vom Inflationsziel der EZB von 2% entfernt. Und obwohl die Konsensprognosen für das nächste Jahr einen kleinen Anstieg vorhersagen, glauben wir, ein Anstieg der Inflation auf einen Wert um 2% ist unwahrscheinlich.

Die niedrige Inflation ist eindeutig eine von EZB-Präsident Mario Draghis Hauptsorgen und er hat bereits geäußert, die Notenbank werde tun, was auch immer nötig ist, um die niedrige Inflation zu bekämpfen.

Wir glauben, die EZB und die Bank of Japan werden auch weiterhin eine lockere Geldpolitik verfolgen, die niedrige Inflation und Deflation in ihren jeweiligen Ländern zu bekämpfen. Obwohl viel über das Liquiditätsvolumen, das die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im Rahmen ihrer quantitativen Lockerungsmaßnahmen bereits in die US-Wirtschaft gepumpt hat, diskutiert wurde, wenn man die Maßnahmen Japans und Europas mit in Erwägung zieht, werden diese denen der Fed wohl gleichkommen oder sogar übertreffen. Global gesehen wird jetzt also wohl genauso viel oder sogar noch mehr Liquidität geschaffen als zu dem Zeitpunkt, als die Fed noch alleine handelte.

Inzwischen entwickelt sich die US-Wirtschaft unserer Meinung nach relativ gut. Die Fed hat angekündigt, sie werde ihre lockere Geldpolitik einstellen. Der Blick ist jetzt auf eine Erhöhung der Zinsen in den USA gerichtet. Unserer Meinung nach haben diese starken Abweichungen bei der Geldpolitik der größten Notenbank der Welt auch Auswirkungen auf ihre jeweiligen Währungen. Wir denken, der Euro könnte gegenüber dem US-Dollar und - in geringerem Umfang - auch gegenüber dem britischen Pfund weiter nachgeben, denn die jeweiligen Volkswirtschaften bewegen sich auf unterschiedlichen Wachstumspfaden. Was aber die potenziellen Chancen für Anleger in festverzinsliche Anlagen betrifft, könnten längerfristige Eurozone-Anleihen sich unserer Meinung nach als attraktiv erweisen.

Autor: David Zahn, Franklin Templeton Investment

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