Kommentar
14:29 Uhr, 26.03.2014

Der Bullenmarkt geht weiter!

Vor jedem wichtigen Bärenmarkt in den USA kam es bisher zu einer Inversion der Zinsstrukturkurve. Davon sind wir aktuell noch weit entfernt.

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Mit einer sehr einfachen Grafik konnte jeder Bärenmarkt und jede Rezession der vergangenen Jahrzehnte in den USA zuverlässig vorausgesagt werden. Denn das Geschehen am Aktienmarkt wird stark durch das Geschehen am Anleihenmarkt beeinflusst. Die Zinsstrukturkurve (engl. yield curve) zeigt die aktuellen Renditen von US-Staatsanleihen für unterschiedliche Laufzeiten. Links in der Grafik werden die Renditen der kurzlaufenden Anleihen abgetragen, rechts die für Anleihen mit langer Laufzeit. Man spricht dabei auch vom „kurzen Ende“ oder vom „langen Ende“, wenn man kurze beziehungsweise lange Laufzeiten meint.

Die folgende Grafik zeigt den aktuellen Verlauf der Zinsstrukturkurve für US-Staatsanleihen:

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Aktuell sind die Renditen „am langen Ende“ deutlich höher als am kurzen Ende. Dies wird als „normaler“ Verlauf bezeichnet. Anleger, die ihr Geld für längere Zeit dem US-Staat leihen, fordern selbstverständlich eine höhere Rendite als Anleger, die ihr Geld nur kurzfristig zur Verfügung stellen. Die Kurve zeigt also einen ansteigenden Verlauf. Ganz anders sah die Kurve vor Beginn der beiden großen Bärenmärkte ab 2000 bzw. 2007 aus. Damals war - bereits etliche Monate vor Beginn des Einbruchs - eine deutliche Verflachung oder gar Umkehrung der Zinsstrukturkurve zu beobachten. Die kurzfristigen Renditen waren also ähnlich hoch oder gar höher als die langfristigen. Ein flacher Verlauf ist gegeben, wenn die Zinsen mit zunehmender Laufzeit nur sehr geringfügig ansteigen. Von einem inversen Verlauf spricht man, wenn die Renditen mit zunehmender Laufzeit nicht ansteigen, sondern sogar sinken. Das ist ein Zeichen für eher schwache Wachstums- und Inflationserwartungen (langes Ende) und hohe Leitzinsen (kurzes Ende) – eine Kombination, die der Aktienmarkt bekanntlich überhaupt nicht schätzt.

Vor dem Platzen der Internetblase hatte die Zinsstrukturkurve im August 2000 einen ausgeprägt inversen Verlauf:

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Ein sehr ähnliches Bild zeigte sich auch vor dem Platzen der Immobilienblase in den USA im Jahr 2007. Dies hätte als schweres Warnsignal gesehen werden können:

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Die Zinsstrukturkurve hat deshalb eine so große Aussagekraft, weil sie die beiden wichtigsten Faktoren, die über den Verlauf an den Aktienmärkten entscheiden, nämlich Konjunktur und Geldpolitik der Notenbanken, in einer Grafik gemeinsam darstellt. Die Renditen „am kurzen Ende“ werden im Wesentlichen durch die Geldpolitik der Notenbanken bestimmt. Sind die Leitzinsen niedrig, was tendenziell gut für die Wirtschaft ist, sind auch die Renditen für kurzlaufende Anleihen niedrig.

Das „lange Ende“ wird von den Konjunktur-, Inflations- und Zinserwartungen der Anleger gesteuert. Rechnen die Anleger mit einem kräftigen Wachstum, einer hohen Inflation und/oder steigenden Leitzinsen, werden sie für Anleihen mit langer Laufzeit hohe Renditen verlangen - als Inflationsausgleich, weil in einer konjunkturell guten Phase Aktieninvestments attraktiver sind als Anleihen und um mögliche Zinserhöhungen in der Zukunft (die für alte Anleihen mit niedrigen Zinsen negativ sind) auszugleichen.

Fazit: Die aktuelle Zinsstrukturkurve gibt noch keinen Anlass zur Sorge. Es stimmt zwar, dass sich die Kurve in den vergangenen Wochen und Monaten wegen des absehbaren Endes der lockeren Geldpolitik in den USA insbesondere am langen Ende etwas verflacht hat. Die Renditedifferenz zwischen fünf- und dreißigjährigen Staatsanleihen ist sogar auf den niedrigsten Wert seit 2009 gesunken. Allerdings ist die Zinsstrukturkurve noch weit davon entfernt, einen wirklich flachen oder gar inversen Verlauf zu zeigen. Dazu kann es eigentlich auch erst kommen, wenn die US-Notenbank die Leitzinsen wieder deutlich anhebt und/oder die langfristigen Inflations- und Wachstumserwartungen deutlich zurückgehen. Vorerst ist also aus Sicht der Zinsstrukturkurve kein Ende des Bullenmarktes in den USA absehbar.

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Oliver Baron

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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