Kommentar
06:52 Uhr, 01.06.2016

Der Brexit ist wieder da

Der Brexit wurde medial in den letzten Wochen ziemlich vernachlässigt. Das dürfte sich nun mit den neuesten Umfrageergebnissen ändern.

Der Brexit ist nicht nur ein Medienspektakel, sondern für die Zukunft der EU von großer Bedeutung. Auch Anleger sollten das Theme spätestens jetzt auf dem Radar haben. Den jüngsten Umfrageergebnissen zufolge liegen die Brexit Befürworter vorne. Das sah in den letzten Wochen noch ganz anders aus.

Grafik 1 zeigt die Umfrageergebnisse seit Beginn 2016. Da es teilweise mehrere Umfragen an einem Tag von unterschiedlichen Instituten gibt, wurde der Durchschnitt der jeweils letzten 5 Umfragen verwendet. Durch diese Betrachtungsweise liegen die Gegner des Brexit noch etwas vorne, doch die Tendenz ist relativ klar. Das Lager der Befürworter ist relativ stabil und pendelt um die Marke von 45 %. Den neuesten Umfragen nach bewegt sich dieser Wert nun wohl eher bei 42 %.

Die Befürworter des Brexit konnten in den letzten Wochen deutlich aufholen. Noch Mitte Mai waren weniger als 40 % der Briten für einen EU Austritt. Inzwischen sind es 45 %. Einige Umfragen sehen die Brexit Befürworter gar bei 47 %. Das gibt zu denken, denn im Lager der Gegner tut sich wenig. Die Befürworter hingegen können nun seit einigen Wochen zulegen. Sie scheinen deutlich besser darin zu sein, Unentschlossene vom Brexit zu überzeugen.

In einigen Medien wird der Tag der Abstimmung (23.6.) bereits B-Day genannt. B-Day kann man auf viele Arten interpretieren. Eine davon ist die Anspielung auf den D-Day, der den Anfang vom Ende des Zweiten Weltkrieges markierte. Kurz gesagt ist es ein geschichtsträchtiger Tag. Das kann der Tag des Referendums tatsächlich werden und den Anfang des Endes der EU bedeuten.

Etwas weniger kompliziert dürften die Brexit Befürworter B-Day auch als Birthday, Geburtstag, sehen. Dann könnte Großbritannien endlich frei von den Gängelungen der EU sein (bitte nicht wörtlich, sondern mit etwas Sarkasmus verstehen).

Je näher die Abstimmung rückt, desto nervöser dürfte der Markt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die letzten Umfrageergebnisse keine Ausrutscher waren. Das britische Pfund reagiert auf die Umfragen bereits jetzt sehr empfindlich. Tatsächlich zeigt sich seit einem guten Jahr eine hohe Korrelation zu den Umfragen. Je stärker das Lager der Gegner ist, desto stärker ist auch das Pfund (Grafik 2).

Tritt Großbritannien aus der EU aus, dann wird das Pfund fast zwangsläufig weiter fallen. Durch vollkommen ungeklärte Verhältnisse zur EU wird es zweifelsohne ein gewisses Chaos geben. Bis diese Unklarheiten geklärt sind, kann sich die Wirtschaft rasch in eine Rezession bewegen, dabei jedoch wegen des schwachen Pfunds eine hohe Inflation ausweisen. Das schlechteste aus zwei Welten.

An der EU und anderen Märkten weltweit würde ein Brexit nicht spurlos vorübergehen. Die zu erwartende Volatilität des Finanzmarktes kann zu stockenden Kreditflüssen führen und der Wirtschaft erheblich schaden. Politisch kann eine Welle von Abstimmung über Unabhängigkeiten starken (Katalonien, Baskenland, Schottland, ...). Gerät dieser Stein ins Rollen, dürfte es sehr schwer sein ihn noch aufzuhalten.

Wie dem auch sei. Der Markt und Anleger haben den Brexit bisher nicht wirklich als Gefahr wahrgenommen. Das ist ein Fehler. Es ist ein großes Risiko in vielerlei Hinsicht - auch für das Depot.

20 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Nicht nur der Brexit hängt wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der EU-Bonzen und unserer unseligen Kanzlerdarstellerin. Es gibt inzwischen vom Brexit über China, Japan bis zu den US-Wahlen jede Menge potentielle Bruchstellen für ein rosarotes weiter so wie bisher. Auch wenn die Kriminellen an den Schaltstellen der Macht nun versuchen mit der Abschaffung von Bargeld Zeit zu gewinnen, sind wir wahrscheinlich an einem Punkt, an dem die Bargeldabschaffung nicht mehr schnell genug umgesetzt werden kann.

    Nachstehend ein interessanter Artikel, der das Thema Politikverdrossenheit beleuchtet:

    Trump, die Wut der Wähler und einer wie Röttgen, dem der Kragen platzt! Ausgerechnet … Peter Bartels

    Auch Chefredakteure können nicht alles lesen und redigieren, schon gar nicht vorher; selbst der legendäre Verleger Axel Springer seufzte mal bei einem legendären » Zeit-Spaziergang« mit dem damals ebenfalls legendären Ben Witter, dass er bei mancher Bild-Schlagzeile »morgens aus dem Bett falle« ... Stefan Aust war nicht nur ein guter (und erfolgreicher) Spiegel-Chefredakteur – er ist wahrscheinlich auch der letzte gute Chefredakteur der Welt. Trotz Ralf Dargent, der neulich versuchte, mit einem Mainstream-Machwerk die letzten treuen Welt-Leser zu verjagen. Heute kommt die Welt mit einer Kritik, die das Lesen lohnt. Sachlich, kühl, enthüllend, erhellend. Ohne rot-grünen Schaum vorm Maul: »Trump und die Wut«.

    Es geht wieder mal um einen jener unsäglichen öffentlich-rechtlichen Untersuchungsausschüsse, diesmal um hart aber fair. Thema »Populismus« am Beispiel von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump. Der Schweizer Publizist Roger Köppel und der deutsche CDU-Politiker Norbert Röttgen gerieten sich in die Haare: »Erobern jetzt Krawallmacher und Populisten die Macht?«, hatte der ewige ARD-Scheinheilige Frank Plasberg listig gefragt. Und Röttgen sagte sofort und beflissen, was Merkels Mainstream von Berlin bis München und Hamburg erwartete: »Ich fände es angsterregend, wenn Trump gewählt werden würde.«

    Und mit Seitenhieb auf die AfD (wen sonst?!) schnappatmete Röttgen: »Er (Trump) vereinfache, pauschaliere, löse mit seinen Ideen aber keine Probleme.« Der Schweizer Köppel widersprach trocken: »Die Leute haben genug von der sterilen Großraumpolitik, sie wollen wieder eine authentische Politik.« Und ausgerechnet der USA-Kenner und künftige ARD- Tagesthemen-Chef, der smarte Ingo Zamperoni, gab an dieser Stelle den Spielverderber und pflichtete dem Schweizer bei: »Viele sind enttäuscht, fühlen sich abgehängt. Sie denken, dass es kaum schlimmer werden kann. Deshalb wollen sie Trump ...«

    Sogar der türkische Kabarettist »... Serdar Somuncu stimmte ihm zu«, konstatiert Welt-Rezensent Florian Schmidt kühl. Und Mit-Talker Dirk Schümer (Welt) kommentierte in der Sendung mindestens ebenso gelassen: »Trump (ist) ... nicht der Bösewicht, für den er sich ausgibt ... Das macht der ganz gezielt, um sich als Produkt zu verkaufen.«

    Natürlich musste Frank Plasberg spätestens jetzt den Polit-Philosophen geben: »Warum ist Populismus überhaupt so beliebt? Was treibt die Wähler in die Arme von Menschen wie Trump ... der rechtsradikalen Marine Le Pen ... ?« Jetzt hätten nach der Kleiderordnung der Meinungs-Mogule natürlich Frauke Petry und die AfD aufgelistet werden müssen.

    Plasberg nannte aber lieber den »linkspopulistischen« Griechen-Ministerpräsidenten Tsipras. Und sogleich dröhnte Röttgen nach rotem und grünem Beifall heischend: »Trump ist die Stimme der Wut ... Er erzeugt Emotionen ... Ängste ... Das ist sein Geschäftsmodell.« Ebenso schmetterte ihn wieder Welt-Redakteur Schümer ab: »Die Ängste waren schon da. Das ist ein globales Phänomen ... ein Politikversagen.«

    Und dann redete Roger Köppel, Verleger und Chefredakteur der Weltwoche und Schweizer Nationalrat, Tacheles: »Die etablierten Parteien müssen eine bessere Politik machen ... Wenn sie das machen, brauchen sie auch keine Furcht vor Populisten zu haben.« Und er wiederholte, was er neulich schon schrieb: Die Asylpolitik der (deutschen) Bundesregierung trage eine Mitschuld daran, dass in Deutschland Asylbewerberheime brennen. Köppel wörtlich: Diese Asylpolitik »schürt den Extremismus. Das produziert diese Wut.«

    olltreffer! Dabei hatte der Schweizer nicht mal gesagt, was die Engländer schon vor Monaten geschrieben haben, dass Angela Merkel schuld an den vielen Toten im Mittelmeer sei – schließlich locke erst ihre Politik der offenen Arme die Zehntausenden von Flüchtlingen in die Seelenverkäufer.

    Aber Norbert Röttgen platzte auch so schon der Kragen. Die Welt: »Das geht einen entscheidenden Schritt zu weit ... Das, was Sie gerade gesagt haben, ist die Legitimierung von übelster und gefährlicher Gewalt ... Das ist Brandstiftung!«, fauchte er. Und: »Sie werfen eine Fackel ... um später zu behaupten, alles sei ganz anders gemeint gewesen.«

    Sachlich sarkastisches Fazit des Welt-Autors: »Immerhin, der Zuschauer bekam eine packende Diskussion ... Eine Seltenheit im deutschen Fernsehen.«

    mmerhin! Wieder mal bewies einer wie Norbert Röttgen, warum die Wähler in Scharen inzwischen auch den selbstgefälligen Politikern der »linken« CDU davonlaufen. Dieser Rechtsanwalt Röttgen ist der Prototyp der Politikverdrossenheit ... Er, der zweieinhalb Jahre unter Merkel Umweltminister war ... der 2012 kläglich und aus eigener Schuld gegen die schon damals nur nette SPD-Tante Kraft den Kampf um den NRW-Ministerpräsidenten-Sessel verlor ... der heute auf »außenpolitischer Experte« macht.

    Genau dieser Röttgen steht für jene »Berufspolitiker«, die einst gemeinsam mit Hermann Gröhe und Ronald Pofalla (gegen den Willen Kohls!) die Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts durchpeitschten. Einer staatsrechtlichen »Heldentat«, der die doofen deutschen Steuerzahler die Massen »sogenannter Deutscher« verdanken ...

    Pass-Deutsche, die kaum Pflichten, aber alle Rechte haben. Sogar das Recht, sich schon heute ihre Rente nach Anatolien überweisen zu lassen. Und demnächst nach Afghanistan, in den Irak, nach Syrien oder Eritrea. Und da plustert sich einer wie CDU-Hinterbänkler Röttgen auf? Bei seinem Volks-Gehalt, bei seiner künftigen Volks-Rente kein Wunder? Aber eben auch nicht der Zorn der Wähler, die leider immer noch Steuerzahler sind, deutsche Steuerzahler ...

    .

    11:41 Uhr, 08.06.2016
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Ohne Europa ginge es insbesondere uns - Deutschland - bei weitem viel viel besser ....

    Und deshalb gilt: Nicht die Mauer, sondern Europa muss weg ... die Mauer muss wieder hin ... - insbesondere, damit wir uns der Flüchtlingsströme erwehren können ...

    17:31 Uhr, 01.06.2016
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Oh mein Gott, wie ich dieses momentane EUROPA hasse und verachte ... - mir schwillt echt der Kamm ...

    10:50 Uhr, 01.06.2016
    2 Antworten anzeigen
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    und vor allen Dingen endlich weg mit der Hauptverbrecherin: dieser Verbrecher-Merkel ... - dieser verdammten Türkei-Arschkriecherin ... - US-Speichelleckerin ...

    10:41 Uhr, 01.06.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Sabcoll
    Sabcoll

    Ich kann kaum glauben, dass hier soviele für den Brexit sind.

    Die EU ist ein Fehlkonstrukt und es hapert an allen Ecken und Enden, ja.

    Aber offene Grenzen, keine 3 Portemonnaies wenn man durch die EU reisen möchte und und und. Es gibt soviele Vorteile, die ich nicht mehr missen möchte.

    Sollen wir auf all das verzichten, nur um "denen da oben" mal zu zeigen, dass Sie gehörig Mist gebaut haben?

    Ein Ausstieg für ein besseres Europa? Was bleiben wird ist nur noch der Kontinent und ob der soviel besser sein wird? Nein. Denn dann gibts gar keinen Gegenpol mehr zur USA - und für die nächsten 50 Jahre werden die wieder tun und lassen, was sie wollen.

    Besser wäre: Kein Brexit und endlich vernünftige Politik betreiben. Aber das geht leider nicht mit unseren "etablierten" Parteien, die ohnehin alles Konzern- und USA-Sklaven sind.

    10:41 Uhr, 01.06.2016
    2 Antworten anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Es wird kommen wie bei der Goldanbindung in der schweiz. 3 Wochen teures mediengetrommel und der Angstbrite stimmt dagegen. Wetten.

    10:32 Uhr, 01.06.2016
    1 Antwort anzeigen
  • kingkong007
    kingkong007

    Diese Umfragen sind das Papier nicht wert.

    Ein "Brexit" wäre ein Albtraum für die EU Machtzentrale, für die Bürger eine große Chance.

    Ein Ausstieg für ein besseres Europa, jetzt oder nie !

    09:55 Uhr, 01.06.2016
  • zorro71
    zorro71

    Wenn die Auszählung in Österreich erfolgt, wird es keinen Brexit geben. Ich hoffe der Brexit kommt, damit der Wahnsinn endlich ein Ende hat. Den Deutschen ging es mit der D-Mark besser, auch wenn man jetzt ständig so tut als wäre das "Alternativlos".

    09:37 Uhr, 01.06.2016
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Wird leider nicht kommen der Austritt - wie schon bei den Schotten. Da hätte ich és viel mehr erwartet und nicht mal die haben es auf die Reihe bekommen.,,,

    09:23 Uhr, 01.06.2016
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... ich persönlich bete zu Gott, dass es zum BREXIT kommt ... - dann ist endlich Schluss mit diesem Possenspiel namens EU ...

    08:33 Uhr, 01.06.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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