Deka-EZB-Kompass: Probleme der Europeripherie belasten das Wachstum und dämpfen die Inflationsraten
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1. Der EZB-Kompass ist im Februar von 24,6 auf 26,6 Punkte gestiegen. Sieben der zehn von uns bewerteten Indikatoren haben sich im Februar erhöht. Allein die Lohnkosten und die Inflationserwartungen des Consensus haben stagniert. Die annualisierte Sechsmonatsrate der Industrieproduktion ist nach dem starken Anstieg der letzten Monate etwas gefallen, liegt aber immer noch bei 3,3 %. Die Erholung der Kompasswerte wird sich in den nächsten Monaten zwar fortsetzen, jedoch mit nur geringem Schwung, sodass der EZB-Kompass auch auf 18-Monatssicht unter seinem neutralen Wert von 50 Punkten verharren wird.
2. Auch die aktualisierten, vierteljährlichen Mitarbeiterprognosen der EZB für 2010 und 2011 sollten die geringe Notwendigkeit mittelfristiger Zinserhöhungen signalisieren. So erachten wir eine Veränderung der Prognosen aus dem Dezember von 0,8 % und 1,2 % für das BIP-Wachstum sowie von 1,3 % und 1,4 % für die Inflationsentwicklung nicht für unbedingt notwendig.
3. Die EZB wird zudem die Ausgestaltung ihrer Langfristtender im 2. Quartal bekannt geben. Drei Konditionsentscheidungen stehen dabei aus und werden Medienberichten zufolge immer noch kontrovers diskutiert: a) Die des letzten 6-Monatstenders Ende März, der in jedem Fall voll zugeteilt wird, b) die des 3- Monatstenders Ende März, der auch in jedem Fall voll zugeteilt wird, und c) die der weiteren 3-Monatstender Ende April, Mai und Juni.
zu a) 6-Monatstender (Ausschreibung 30.3., Zuweisung 31.3.): Die EZB möchte, dass das Bankensystem seinen Liquiditätsbedarf wieder hauptsächlich über die Hauptrefinanzierungsoperationen deckt. Die Nutzung der Langfristtender (LTRO) soll wieder etwas zurückgedrängt werden. Per Wochenausweis vom 23. Februar machen die Langfristtender mit 637 Mrd. Euro aktuell den Großteil der gesamten Forderungen an das Bankensystem aus geldpolitischen Operationen aus und die Hauptrefinanzierungsoperationen (HRO) mit 83 Mrd. Euro nur einen geringen Teil. Zum Vergleich: Vor der Krise im Juni 2007 betrugen die LTRO 150 Mrd. Euro und die HRO 288 Mrd. Euro. Dies spricht gegen eine Vollzuteilung zu 1 % und für eine Indexierung wie beim letzten 12-Monatstender. Der ökonomische Unterschied wird gering sein, da mit einer Zinserhöhung in den nächsten sechs Monaten u.E. nach kaum zu rechnen ist. Zum einen möchte genau das die EZB aber jetzt wohl kaum durch einen Festzins von 1 % signalisieren. Zum anderen ist ein kleiner Unterschied doch vorhanden: Er liegt im Zinseszinseffekt. Bei einer Indexierung zahlen die Banken ähnlich wie bei der revolvierenden Inanspruchnahme der wöchentlichen HRO einen Zins, der auch bei konstanten Leitzinsen etwas über 1 % liegen wird. Dadurch dürften Teilnehmer des 6-Monatstenders wenigstens nicht garantiert besser gestellt werden als die der HRO.
zu b) 3-Monatstender (Ausschreibung 30.3., Zuweisung 31.3.): Theoretisch ist eine Indexierung des Zinses ebenfalls möglich. Wir halten sie aber für unwahrscheinlich, da das damit verbundene Signal, eine Zinserhöhung im Dreimonatszeitraum nicht auszuschließen, eher verwirrend wäre. Die Inanspruchnahme dieses Tenders ist sowieso unattraktiv, da er am 1.7. und damit genau zu dem Zeitpunkt fällig wird, zu dem der Liquiditätsbedarf aufgrund der Fälligkeit des ersten 12-Monatstenders sehr hoch ist. Der Tender dürfte daher nur ein sehr geringes Volumen erhalten.
zu c) 3-Monatstender (Ausschreibungen Ende April, Mai und Juni). Bei diesen Tendern erwarten wir den Über gang zum Zinstenderverfahren mit vorher festgelegten Volumina. Dieses Verfahren war der Regelfall vor der Finanzkrise. Die EZB hatte dabei Anfang jeden Jahres festgelegt, wie viel sie in allen monatlichen LTRO des Jahres zuteilen möchte, und den Betrag dann nicht weiter verändert. Die Volumina wurden mit den Jahren um 5 bzw. 10 Mrd. Euro-Schritte auf zuletzt 50 Mrd. Euro monatlich erhöht. Dies führte zu einer Inanspruchnahme von 150 Mrd. Euro bei den jeweils drei ausstehenden LTRO insgesamt. Wir halten es aufgrund des aktuell höheren Liquiditätsbedarfs des Bankensystems für wahrscheinlich, dass der Betrag ggü. 2008 erhöht wird und zumindest 60 Mrd. Euro betragen könnte. Ein wesentlich höherer Betrag ist aufgrund der derzeitigen Existenz von 6- und 12-Monatstendern unwahrscheinlich. Der Übergang zum Zinstenderverfahren würde die Liquidität des Bankensystems nicht materiell beschränken, da die HRO weiterhin mit Vollzuteilung ausgeführt werden. Er würde jedoch einen wichtigen Schritt zur Normalisierung der Geldpolitik und eine notwendige Vorstufe zum Zinstenderverfahren bei den HRO darstellen. Letzteres ist notwendig, um den EONIA-Satz an den Leitzins anzunähern, was wiederum vor einer ersten Leitzinserhöhung erfolgen sollte. Für die EZB liefert der Übergang zum Zinstenderverfahren wertvolle Informationen: Banken können bei den geldpolitischen Operationen der EZB multiple Gebote abgeben, also bspw. 5 Mio. für 1,05 %; 5 Mio. für 1,04 %; 5 Mio. für 1,03 % und 20 Mio. für 1,0 %. Sie zahlen bei Zuteilung dann die von ihnen gebotenen Zinssätze. Bei einem marginalen Zuteilungssatz von 1,02 % im obigen Beispiel durchschnittlich 1,04 % für insgesamt 15 Mio. Euro. Durch diese beim Zinstender offen gelegten Gebote erhält die EZB die Möglichkeit, eine Vorstellung über die Dringlichkeit des Liquiditätsbedarfs sowie der individuellen und aggregierten Geldnachfragekurve zu erhalten. Die ökonomischen Konsequenzen des Übergangs zum Zinstenderverfahren und der quantitativen Einschränkungen der LTRO für den Geldmarkt sind klar: Sie führen zu einer Versteilung der Geldmarktkurve. Die EZB wird diese Implikation vermutlich nicht herausstellen wollen. Eine Begründung für die Ausweitung der LTRO war jedoch, die Geldmarktsätze am langen Ende drücken zu wollen und das geldpolitische Umfeld damit expansiver zu gestalten. Der gegenteilige Effekt lässt sich daher nun schlecht leugnen.
Die Turbulenzen um die griechischen Staatsschulden haben das Potenzial, den einigen Interviews zu Folge geplanten Übergang zum Zinstendenderverfahren bei den Langfristtendern zu verschieben. Es ist fraglich, ob dies an den Finanzmärkten bereits als ein „Lex Griechenland“ ausgelegt würde. Eine Möglichkeit, mit der sich die EZB Spielraum verschaffen könnte, wäre es das Volumen der Langfristtender erst im nächsten Monat zu veröffentlichen.
Quelle: DekaBank Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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