Kommentar
11:46 Uhr, 17.03.2011

Daxianer sehen schnelle Erholung

US-Ökonom Robert Shiller prophezeit einen immensen globalen Aktienmarktausverkauf. Er, der bereits vor der New-Economy-Bubble und der 2007 geplatzten Immobilienblase in den USA gewarnt hatte, ist alarmiert: Das Erdbeben in Japan könnte die Börsen weltweit mit sich reißen. Tatsächlich sind viele Investoren rund um den Globus in Panik geraten. Allein am Montag wurden an der Tokioter Börse umgerechnet rund 200 Mrd. EUR an Börsenwert vernichtet und der DAX verlor seit dem Erdbeben in der Spitze mehr als 7 Prozent. Viele Akteure waren so verunsichert und verspürten ein derart großes Kontrolldefizit, dass sie sich teilweise aus riskanten Investments zurückzogen. Nicht so die heimischen, mittelfristig aktiven Börsianer, die die Börse Frankfurt regelmäßig befragt: Sie haben sich gesträubt, ihre schiefen bullishen Positionen aufzugeben und haben stattdessen sogar ihre DAX-Engagements noch ausgeweitet. Kurz: Sie haben in der jüngsten Korrektur eine Kaufgelegenheit gewittert und ihren Einstandspreis verbilligt. Das Bullenlager wächst um weitere 4 Prozent, während das Bären-Camp 2 Prozent seiner Anhänger verliert. Die Hälfte aller Befragten traut dem DAX nun eine Kurserholung zu. Der Bull/Bear-Index, der die Gesamtstimmung abbildet , kann noch weiter zulegen und notiert nun auf dem zweithöchsten Stand dieses Jahres.

Vor diesem bullishen Hintergrund ist es auch verständlich, warum sich in den Medien und Handelssälen die Überzeugung so hartnäckig hält, dass die zerstörten Fabriken, Straßen und Brücken schnell wieder aufgebaut werden können. Und dass die japanische Wirtschaft sogar einen neuen Schub erfahren wird. Immer wieder werden Vergleiche mit dem Kobe-Erdbeben im Januar 1995 gezogen - nach einer Konjunkturdelle ging es damals konjunkturell kräftig vorwärts. Diesmal mag der wirtschaftliche Schaden noch nicht einmal so groß sein wie 1995. Doch sämtliche Vergleiche mit der Vergangenheit hinken, seit die atomare Bedrohung hinzugekommen ist: Zum jetzigen Zeitpunkt ist es überhaupt nicht abzusehen, welche Folgen die Unfälle in den Atomkraftwerken Japans für das Land selbst haben werden oder wann überhaupt mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann - Vergleichsfälle gibt es nicht. Auch die Folgen für den Rest der Welt sind unklar. Schließlich ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt eng verflochten mit sämtlichen Industrienationen - etwa in der Automobil- oder der Chipbranche. Angesichts dieser großen Unsicherheit erscheint der jüngste Ausverkauf also gar nicht so irrational, wie uns viele Kommentatoren glauben machen wollen.

Dass der DAX zu den günstigsten Kursen seit Oktober letzten Jahres auf etwas Kaufinteresse gestoßen ist, konnte Schlimmeres vorerst verhindern. Nur: Die Einstandspreise der mittelfristig orientierten Börsianer - auch wenn sie sie verbilligt haben sollten - liegen vermutlich einige Prozent oberhalb der aktuellen Kurse. Das sind zwar noch lange nicht die Bedingungen für einen crashartigen Ausverkauf. Aber dennoch dürfte der DAX nun noch empfindlicher und anfälliger sein für neue Hiobsbotschaften von Japans Atomkraftwerken.

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