Kommentar
12:00 Uhr, 01.06.2011

Das Überraschungsei für Erwachsene

Was dem kleinen „Racker“ sein Kinderüberraschungsei, das könnte dem gestandenen Anleger bald der Q-BES Europe Excess Return Index sein, zumindest wenn es nach dem Emittenten eines entsprechenden darauf bezogenen Papiers der Barclays Bank geht. Doch statt um irgendwelches mehr oder weniger nützliches Spielzeug, geht es für den Börsianer hier um einen ganz anderen „Knalleffekt“- den überraschend über den allgemeinen Markterwartungen liegenden Zahlen eines Unternehmens, bei denen auch noch so mancher Erwachsene große Augen bekommt. Erweist sich also die Faktenlage als besser als von Analysten im Vorfeld der Zahlen angenommen, dürfte dies auch den Kurs der jeweiligen Aktie beflügeln und weiter in die Höhe treiben, so die Idee, die hinter dieser Strategie steckt, die in den vergangenen fünf Jahren immerhin für eine Rendite von 4,73 Prozent p.a. gesorgt hätte.

Ausgehend von dem breiten STOXX Europe 600 Index werden bei der Index-Konstruktion aus der Grundgesamtheit zunächst alle Titel eliminiert, die eine geringere Marktkapitalisierung als fünf Mrd. US-Dollar aufweisen und deren täglicher Börsenumsatz niedriger als 50 Mio. Euro bezogen auf die vergangenen 20 Handelstage ist. Alle Unternehmen, die in Bezug auf Kurs-Buchwert-Verhältnis, Cashflow und Rendite außerdem im letzten Viertel landen, werden mit dem gleichen Schicksal bestraft. Im dritten Schritt ist es dann höchste Zeit für die Überraschung in Form des gleichnamigen Quotienten. Er gibt an, wie stark die tatsächlich erzielten Gewinne pro Aktie von den entsprechenden Erwartungen abweichen. Dabei werden in einer Rangliste von eins bis maximal 25 nur Unternehmen berücksichtigt, die auch wirklich Gewinne erzielen konnten. Sollte dies bei weniger als 20 der Fall sein, wird anteilig direkt in den STOXX Europe 600 investiert. Dieses Prozedere geht jeden Monat einmal über die Bühne, wobei allgemeine Marktfaktoren durch das Eingehen einer gleichzeitigen Shortposition im Benchmark-Index ausgeschlossen werden sollen. Bleibt nur zu hoffen, dass es auch zu genügend Gewinnüberraschungen kommt, damit die Strategie nicht zu einem Nullsummenspiel avanciert. Außerdem schwebt da noch die alte Börsenregel „buy the rumours, sell the facts“ im Raum, die nichts anderes besagt, als dass man kaufen sollte, wenn „die Kanonen donnern“ und verkaufen, wenn die Fakten eingetreten also die Erwartungen erfüllt wurden. Ein Gewinnerwartungs-Index, der erst im Nachhinein zukauft, wäre unter diesem Gesichtspunkt äußerst suboptimal, weil er dann zwangsläufig immer zu spät dran ist. Da das Papier zusätzlich mit einem vollständigen Kapitalschutz zum Laufzeitende in vier Jahren ausgestattet ist, geht der Anleger zumindest kein Kursrisiko ein, wenn man einmal von dem 2-prozentigen Ausgabeaufschlag absieht. Auch mögliche Wechselkursveränderungen bei Aktien, die außerhalb der Eurozone notiert sind, werden hier durch einen Quanto-Mechanismus ausgeschlossen.

Der BörseGo Tipp:

Die Barclays Gewinnerwartungs-Index Protect-Anleihe bietet dem Anleger die Möglichkeit einer marktneutralen Partizipation an europäischen Werten mit Überraschungspotential auf der Gewinnseite. Allerdings wird hier immer nur rückwirkend investiert, was bei einer nicht nachhaltig positiven Entwicklung des jeweiligen Titels im Einzelfall durchaus Nachteile haben kann. Insofern könnte dem Investor eine weitere Überraschung drohen. Allerdings kann zumindest die Anlage-Idee, einen gewissen Charme nicht entbehren.

Gewinnerwartungs-Index Protect-Anleihe

Emittent/WKN:

Barclays / BC0CX6

Laufzeit:

23.06.2015

Preis: (in Zeichnung bis 16.06.2011)

Ausgabepreis: 100 % (zzgl. 2 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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