Das Öl des Iraks
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Der Irak verfügt nach Saudi-Arabien (250 Mrd. Barrel), Kanada (180 Mrd. Barrel) und Iran (126 Mrd. Barrel) über die höchsten Rohölvorkommen der Welt. Nach dem heutigen Kenntnisstand liegen im Irak Ölreserven in Höhe von 115 Mrd. Barrel. Allerdings sind bisher nur etwa 10% des Landes explorationstechnisch erforscht. Experten gehen davon aus, dass vor allem in den westlichen Wüstenregionen weitere bedeutsame Vorkommen auf ihre Offenlegung warten. Die optimistischsten ausländischen Schätzungen gehen von weiteren 100 Mrd. Barrel aus. Vorsichtigere Analysten rechnen mit 45 Mrd. Barrel. Die tatsächliche Zahl dürfte wohl irgendwo dazwischen liegen. Die Erschließung dieser Quellen würde Irak zum zweitwichtigsten Ölförderland der Welt machen. Irakische Offizielle sprechen sogar von Reserven in Höhe von 300 Mrd. Barrel wenn ganz Irak erschlossen werden würde.
Die drei größten Erdöllagerstätten befinden sich im Norden im Gebiet um die Stadt Kirkuk, im Osten der Hauptstadt Bagdad und die Rumaylah-Region im Süden. Lassen Sie uns zunächst den aktuellen Zustand der irakischen Ölförderung betrachten.
Der Irak fördert zurzeit zwischen 1,8 und 2 Mio. Barrel/Tag. Diese Quote liegt unter den Zielen der irakischen Regierung. Sie sieht das Ziel bei 2,5 Mio. Barrel/Tag, übergeordnet sogar bei 3 Mio. B/T, was dem Vorkriegsniveau entsprechen würde. Die höchste Fördermenge erreichte der Irak 1979 mit 3,7 Mio. B/T. Eine höhere Fördermenge als das Vorkriegsniveau ist Experten zu Folge noch nicht möglich. Der Grund dafür ist, dass der Irak seit 1980 in drei große Kriege verwickelt war und 13 Jahre UN-Sanktionen hinter sich hat. Saddam Hussein plante, mit der Erforschung der Wüstenregionen im Westen des Landes, die Fördermenge bis 2010 auf 6 Mio. B/T hochzufahren. Die Kosten zur Herstellung des Vorkriegszustandes werden auf 1,144 Mrd. USD. Sabotageakte, Terroranschläge und Diebstahl können allerdings die Kosten weiter in die Höhe treiben und den Zeitplan nach hinten verschieben. Etwa 60% der Anlagen im Norden wurden im Krieg zerstört. Die größten Schäden sind den landesweiten Förderanlagen jedoch nicht während des Krieges widerfahren, sondern nach Beendigung des Krieges. Sabotage, Anschläge und Diebstahl sind für ca. 80% der entstandenen Schäden verantwortlich.
Die Transportwege für Öl ins Ausland fallen Sabotageakten besonders häufig zum Opfer. Dazu gehören auf der einen Seite die Pipelines, auf der anderen Seite die Verladehäfen. 2003 wurden zwischen April und Dezember 86 Anschläge auf die Pipelines in Irak verübt. Wie die untere Graphik zeigt durchziehen mehrere Pipelines das Land, die Gesamtlänge beträgt 4350 Meilen (ca. 6500 km). Die wichtigste Export-Pipeline verbindet die nördlichen Ölfelder um Kirkuk mit dem Hafen Ceyhan in der Türkei. Die US-Armee hat eine 9700 Mann starke Einheit abgestellt, deren Aufgabe ausschließlich der Schutz der Pipelines, vor allem der Leitung Kirkuk-Ceyhan, ist.
Quelle: CIA
Unter optimalen Bedingungen
Unter optimalen Bedingungen könnte Iraks Öl-Export-Infrastruktur über 6 Mio. B/T befördern. Der Öltransport stellt somit, vorausgesetzt die aktuellen Probleme werden ausgeräumt, keine Engpaßsituation für die Zukunft dar. Neben der Ausschaltung des Terrorismus müssen auch Neuverhandlungen mit Syrien und Saudi-Arabien aufgenommen werden. Wie auf der Karte zu sehen ist, verlassen drei Pipelines den Irak. Neben der Leitung nach Ceyhan, die in Betrieb ist, sind die beiden anderen Leitungen (durch Syrien und Saudi-Arabien) für irakisches Öl gesperrt. Die Kirkuk-Ceyhan Leitung beförderte einst 300.000-500.000 b/t, wurde aber auf der irakischen Seite während des US-Angriffs bombadiert und auch später durch Anschläge zertstört. Nun wird der russische Konzern Stroytransgaz zusammen mit der Iraqi North Oil Company die Pipeline wieder aufbauen. Die Pipeline verbindet eines der größten irakischen Ölfelder, das West Qurna Feld, über Syrien mit dem Mittelmeer. Alleine für die Durchleitungsgebühren erwartet Syrien jährliche Erlöse zwischen 1 und 1,5 Milliarden Dollar. Weitere 2 Mio., b/t werden in den 3 Häfen im persischen Golf verladen: Basra, Khor al-Amaya und Khor az-Zubair. Vor allem Basra als wichtigster der drei, wurde von massiven Anschlägen erschüttert und arbeitet deshalb nur unter der vollen Kapazitätsauslastung.
Was die Widerherstellung des Vorkriegszustandes kosten würde, wurde bereits erläutert. Das irakische Öl wird den Ölmarkt allerdings erst dann maßgeblich beeinflussen, wenn die Förderanlagen und die Möglichkeiten zur Erforschung und Erschließung neuer Quellen den technischen Standard der anderen wichtigen Förderländer erreicht haben. Es sind somit höhere Kosten, als die bereits veranschlagten 1,144 Mrd. USD, erforderlich, um eine moderne Infrastruktur auf die Beine zu stellen.
Die OPEC-Staaten fördern teilweise an Ihrer Kapazitätsgrenze. Während Saudi-Arabien die Fördermenge noch erhöhen kann (weitere 2 Mio. B/T sind noch möglich), schafft Indonesien die Soll-Vorgaben nicht mehr. Auch Russland, Mexiko und Kuwait haben ihre Probleme. Die Kapazitätsreserven der OPEC sind von 6 Mrd. Barrel im Jahr 1990 auf unter 1,5 Mrd. zusammengeschmolzen. Auch Nicht-OPEC-Staaten, wie beispielsweise Norwegen, fördern mit 3,3 Mio. B/T bereits an der Kapazitätsgrenze. Die Nachfrage nach Öl wird nicht zurückgehen, da die weltweite Konjunktur immer mehr an Fahrt gewinnt und der Faktor Asien immer wichtiger werden wird. Wenn die OPEC die Quoten maßgeblich erhöhen will, werden die Ölpreise nicht nur aufgrund der Knappheit, sondern auch aufgrund der stark steigenden Explorationskosten steigen müssen. Die Förderung aus neuen, technisch schwerer zugänglichen Lagerstätten, erhöht die Kosten. Im Irak hingegen sind die Kosten für die Offenlegung neuer Quellen im weltweiten Vergleich sehr niedrig.
Im Irak gibt es aktuell 80 bekannte Ölfelder. Erst aus 17 dieser Felder wird Öl gefördert. Etwa 2600 Bohrtürme gibt es im Irak, wobei nur ca. 1600 tatsächlich Öl fördern. Um sich diese Zahl zu verdeutlichen - in Texas, USA, gibt es rund 1.000.000 Bohrtürme. Seit 1990 hat der Irak keine neuen Techniken und Verfahren zur Ölförderung kennen gelernt. Diese Zahlen verdeutlichen, welches Potenzial im Irak steckt und warum die internationalen Ölkonzerne Schlange stehen, um in diesem Land Fuß zu fassen.
Ohne Frage werden die Modernisierung der Förderung und die Exploration weiterer Quellen sehr hohe Kosten verursachen. Diese dürften jedoch immer noch niedriger sein als beispielsweise die Erforschung von Offshore Ölfeldern in der Nordsee. Vor allem sollte nicht vergessen werden, welche Kapazitäten hier brach liegen.
Der Ölpreis wird in den folgenden Jahren immer stärker von der Lage im Irak abhängig werden. Welchen Einfluss beispielsweise die Nachricht, dass im Irak neue Ölvorkommen aufgetan wurden mit Reserven von 30 Mrd. Barrel, die relativ kostengünstig gefördert werden könnten, auf den Ölpreis hätte, kann man sich vorstellen. Worauf es hierbei ankommt ist, dass fast nur aus dem Irak derartige Neuigkeiten zu erwarten sind. In den restlichen Golfstaaten sind die Ölquellen größtenteils erschlossen, die Exploration neuer signifikanter Ölfelder ist hier unwahrscheinlich.
Damit sich die westlichen Ölgesellschaften im Irak maßgeblich engagieren, ist in erster Linie die Sicherheit von Bedeutung. So lange westliche Geschäftsleute immer wieder die Zielscheibe für Anschläge sind, wird der Aufbau des Landes nur sehr schleppend voran gehen und das Potenzial im Ölbereich wird weiterhin ungenutzt bleiben.
Quelle: Rohstoff-Report
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