Kommentar
16:02 Uhr, 29.03.2021

Das könnte dem Markt Probleme bereiten

Korrekturen kommen selten aus dem Nichts. Was sind aktuell die wahrscheinlichsten Auslöser?

Gerne wird dem Markt unterstellt, dass er auch aus dem Nichts, also ohne Grund, korrigiert. Das ist selten der Fall. Der weitaus üblichste Fall ist ein anderer. Dabei sind Argumente für eine Korrektur bekannt, sie werden nur ignoriert. Das war Anfang 2020 nicht anders.

China ging am 22. Januar 2020 in den Lockdown. Westliche Aktienmärkte berührte das kaum. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss allerdings jedem klar gewesen sein, dass da ein großes Risiko einfach ignoriert wird. Genauso war es 2015. Auslöser für die damalige Korrektur war eine große und spontane Abwertung der chinesischen Währung. Bereits Monate zuvor konnte man zusehen wie eine Kapitalflucht aus China stattfindet. Beim großen Crash 2008 in der Finanzkrise hat es jahrelang (!) Warnungen geben. Auslöser war dann erst der Bankrott von Lehman Brothers.

Die Gründe für eine Korrektur liegen meist lange vor Beginn der Korrektur auf der Hand. Sie werden nur einfach souverän ignoriert. Vor allem Privatanleger schließen daraus, dass die Risiken schlichtweg kein Problem sind. Tatsächlich sind sie ein Problem. Es dauert nur manchmal viele Monate, bis die Probleme ernst genommen und eingepreist werden.

Aktuell gibt es zwei offensichtliche Argumente für eine Korrektur. Keines bedingt eine große Bereinigung von 20 %, vielmehr einen Rücksetzer im 10-15 % Bereich. Das erste wartet nur darauf loszulegen. Es handelt sich dabei um Steuererhöhungen. Einige Länder haben diese schon angekündigt, um die Schulden in den Griff zu bekommen.

In den USA ist es ein offenes Geheimnis, dass die Biden-Administration die Steuersenkung von 2018 teilweise rückgängig machen will. Die ohnehin hohen Gewinnschätzungen für 2022 könnten sich allein dadurch als 10 % zu hoch erweisen (Grafik 1). Die Wahrscheinlichkeit für Steuererhöhungen ist sehr hoch. Es ist keine Frage, ob sie kommen, sondern wann. 2022 ist denkbar.

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Etwas kurzfristiger sind Zinsen ein Thema. Die Bewertung, gemessen am KGV der nächsten 12 Monate, folgt der Realzinserwartung (Grafik 2). Zuletzt stiegen die erwarteten Realzinsen deutlich an. Das KGV folgte nicht. Es ist offen, wie lange Marktteilnehmer das Thema ignorieren.

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Dass Anleger Risiken, die teils offensichtlich sind, ignorieren, mag merkwürdig erscheinen, macht aber sogar Sinn. Wer vorauseilt, verliert in diesem Fall. Wer Ende 1996 auf Alan Greenspan gehört hätte, der vor der Technologieblase warnte (Irrational Exuberance), verlor drei sehr gute Jahre.

Ebenso war es vor der Finanzkrise. Die ersten ernstzunehmenden Warnungen gab es 2005. Erst wenn die Mehrheit ein Thema als Problem wahrnimmt, lohnt es sich zu reagieren. Dann reagieren gleich alle gleichzeitig und es kommt zu einer Schieflage. Häufig sind es natürlich nicht so dramatische Schieflagen wie 2008. Es wird auch diesmal so sein, dass Anleger irgendwann realisieren, dass Unternehmen mehr von den Gewinnen weggenommen wird. Dann findet „spontan“ eine Neubewertung statt.

Es gibt auch weniger offensichtliche Risiken. Das größte ist ein Zusammenbruch globaler Lieferketten. Dieses wird komplett ausgeblendet, ist aber ein richtiges Pulverfass. Mehr dazu in Kürze.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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