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08:49 Uhr, 26.02.2019

Das Jahr des Schweins: Saftige Renditen am chinesischen Markt?

Handelskriege, Disruption und Reformen haben Jupiter-Fondsmanager Charles Sunnucks zufolge die Aussichten für chinesische Unternehmen getrübt, was sowohl Risiken als auch erhebliche Chancen mit sich bringt.

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London (GodmodeTrader.de) - Der Legende nach war das Schwein, nachdem es verschlafen hatte, das letzte der Sternzeichentiere, das zu einem Treffen mit dem Jadekaiser erschien. Aus diesem Grund wurde es im chinesischen Sternzeichenkalender auf den letzten Platz verwiesen. Anleger hoffen nun darauf, dass die Märkte 2019 nicht ganz so träge sind. Denn eigentlich soll das Jahr des Schweins Reichtum und Glück bringen, wie Charles Sunnucks, Co-Fondsmanager des Jupiter China Select SICAV bei Jupiter Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Ein Blick auf das BIP-Wachstum und die Investorenstimmung zeige, dass Chinas Wirtschaftssituation in den letzten Quartalen – ähnlich wie das Schwein – auch als langsam und ungeliebt bezeichnet werden könnte. Tatsächlich liege das derzeitige Bewertungsniveau beinahe auf einem mehrjährigen Tiefststand. Das liege vor allem daran, dass das prognostizierte Gewinnwachstum im vergangenen Jahr bei zwölf Prozent gelegen habe, der Markt aber um 14 Prozent geschrumpft sei. Die Perspektiven für China seien jedoch komplex. Jenseits der Schlagzeilen hätten Handelskriege, Disruption und Reformen die Aussichten für chinesische Unternehmen getrübt, was sowohl Risiken als auch erhebliche Chancen mit sich bringe, heißt es weiter.

„Seit Donald Trump Ende 2016 zum US-Präsidenten gewählt wurde, sind die Aussichten für chinesische Exporteure eher trüb. Denn seither versucht die USA, gegen die vermeintlich wettbewerbswidrigen Handelspraktiken Chinas vorzugehen. Nachdem China 2017 Waren im Wert von rund 505 Milliarden Dollar in die USA exportierte, belegte Trump im Mai/Juni 2018 einen Teil dieser Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar mit einem Zollsatz von 25 Prozent. Im August 2018 folgte dann ein weiterer zehnprozentiger Strafzoll auf Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar. Nun droht Trump zusätzliche Zölle zu erheben, wenn es bis März keine Einigung auf ein Handelsabkommen gibt. Diese Unsicherheit hat sich in China nicht nur auf die Exporteure, sondern auch auf das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher ausgewirkt“, so Sunnucks.

Bei den börsennotierten chinesischen Exporteuren habe es einen Ausverkauf bei Großhandelsunternehmen gegeben, der die Wahrscheinlichkeit eines längeren Konflikts mit negativem Ausgang widerspiegle. Allerdings seien nicht alle Exporteure gleichermaßen betroffen. Tatsächlich hätten einige Unternehmen wie die in Hongkong börsennotierte Crystal International Group den Großteil ihrer Produktionskapazitäten bereits in Niedriglohnländer wie Vietnam verlagert. Diese Unternehmen sollten tatsächlich gut positioniert sein, um von den verschärften Handelsbedingungen zwischen China und den USA zu profitieren. Zusammen mit dem heftigen Ausverkauf habe dies einige sehr attraktive Kaufmöglichkeiten geschaffen, heißt es weiter.

„Das Niveau der Online-Aktivitäten in China liegt weit über dem vieler entwickelter Marktteilnehmer. So liegt China beispielsweise weltweit auf dem zweiten Platz, wenn es darum geht, wie viel Zeit für die Nutzung des Smartphones aufgewendet wird. Zudem ist der Anteil der Online-Einzelhandelsaktivitäten doppelt so hoch wie in den USA. Auch die Wettbewerbslandschaft entwickelt sich schnell weiter. Grund dafür sind vor allem sich verändernde Präferenzen von Konsumenten als auch eine Reihe von jüngst umgesetzten, politischen Maßnahmen. Größere Unternehmen wie das in den USA börsennotierte Baidu entwickeln sich strategisch auch über ein verbraucherorientiertes Modell hinaus weiter und richten sich damit direkter an Unternehmen – zum Beispiel in Bereichen der autonomen Fahrzeuge und Cloud Services. Generell führt die Entwicklung der Online-Aktivitäten zur stärkeren Fragmentierung einiger Märkte, da ein funktionierendes Vertriebsnetz kein wesentliches Eintrittshindernis mehr darstellt. Von Bohrern bis hin zu Computer-Dockingstationen: Hersteller wie Tiangong International und Bizlink können nun viel direkter ihre Produkte an den Endverbraucher verkaufen. Eine Entwicklung, die die Wertschöpfung innerhalb der Lieferkette grundlegend verändert“, so Sunnucks.

Während chinesische Finanzdienstleistungsunternehmen oft als langsame, staatliche Monolithen bezeichnet würden, hätten sich bestimmte Unternehmen als sehr kreativ und innovativ erwiesen, wenn es darum gehe, gewisse Verordnungen zu umgehen. Dies reiche von Fintech-Unternehmen, die außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Bankenaufsicht tätig seien, bis hin zu Stadtbanken, die oft alternative Kreditklassifizierungen verwendeten, um lästige Kreditrisikoanforderungen und Kreditlimits zu vermeiden, heißt es weiter.

„Infolgedessen entwickelte sich allerdings ein wesentliches systemisches Risiko in China. Erfreulich war für langfristige Investoren aber die jüngste Entschlossenheit der Regulierungsbehörden, aktiv gegen diese Risiken anzugehen. So hat beispielsweise die strengere Überwachung von Webseiten für Konsumentenkredite dabei geholfen, die Zahl der Peer-to-Peer-Kreditunternehmen von über 3.000 auf unter 1.000 zu reduzieren. Zwar stellte dies die chinesische Wirtschaft vor eine neue Herausforderung, jedoch ermöglichte es gleichzeitig eine Konsolidierung der Branche und verhalf jenen Unternehmen zu einem höheren Marktanteil, die bereits im Rahmen der Regulierung agieren“, so Sunnucks.

Die angebotsseitige Reform sei ein weiterer wichtiger Faktor, der berücksichtigt werden sollte. Diese Reform sei erstmals 2015 eingeführt worden, um einige Marktexzesse in Folge des Konjunkturpakets „Rmb4tril“ aus dem Jahr 2008 zu entschärfen. Zunächst sei sich auf die Lösung des Problems der sogenannten Zombieunternehmen konzentriert worden. Ziel sei es gewesen, die Kohlekapazität um 250 Millionen Tonnen und die Stahlkapazität um 100 bis 150 Millionen Tonnen zu reduzieren. Während diese Politik eindeutig starken Druck auf die Kapazitäten einiger Unternehmen ausgeübt habe, habe es gleichzeitig Rückenwind für Unternehmen gegeben, die bereits effizient unter Berücksichtigung von Umweltstandards arbeiteten. Das in Hongkong börsennotierte Unternehmen Vinda sei ein Beispiel hierfür, heißt es weiter.

„In Zukunft verlagert sich der Schwerpunkt zunehmend auf Innovation und die Förderung eines höherwertigen Angebots – dazu gehören die Entwicklung fortschrittlicher Fertigungsverfahren sowie die Nutzung großer Datenmengen und künstlicher Intelligenz. In China gibt es bereits doppelt so viele Hochschulabsolventen in den Bereichen Naturwissenschaft und Maschinenbau als in den USA. Das Gehaltsniveau für Ingenieure liegt in China allerdings bei nur einem Drittel des Gehalts von Ingenieuren in den USA. Dadurch haben neue Industrien Zugang zu einem großen und relativ günstigen Talent-Pool. Chinas Entwicklung über die ‚Weltfabrik‘ hinaus hat zur Folge, dass China zunehmend zu einer direkteren Wettbewerbsbedrohung für die entwickelten Länder wird. Darüber hinaus werden chinesische Unternehmen ohne Innovationskultur zunehmend zurückfallen – ein Phänomen, das den Aufstieg der Privatwirtschaft unterstützen wird“, so Sunnucks.

Letztendlich sei China ein riesiges Land, mit einer immer vielfältigeren Wirtschaft, einer Bevölkerung, die mehr als doppelt so groß sei wie die gesamte Europäische Union und einer Landfläche, die fast 40-mal größer sei als das Vereinigte Königreich. Somit habe der Wandel weitreichende Auswirkungen auf die dortige Geschäftswelt. Während unterstützende geld- und fiskalpolitische Maßnahmen die Wirtschaft im Jahresverlauf stabilisieren sollten, dürften die chinesischen Aktienrenditen 2019 eher dadurch geprägt werden, inwiefern sich ihre Entwicklung von den erwähnten Maßnahmen abkopple, hei0t es weiter. „Auch wenn das chinesische Neujahrsfest in diesem Jahr ganz im Zeichen des Schweins steht, sollten Anleger statt auf die kleinsten Ferkel des Wurfs, lieber auf die Vorreiter des Wandels setzen“, so Sunnucks.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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