Kommentar
16:59 Uhr, 14.03.2011

Das Ende des Atomzeitalters

Verehrte Leserinnen und Leser des Antizyklischen Börsenbriefs,

angesichts der Bilder aus Japan fällt es schwer, an die alte Börsianerregel zu denken, die besagt, man solle in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren. Wobei dieses Bild diesmal gar nicht so recht passen will. Versuchen wir es trotzdem und bewerten einige Dinge, soweit das aus heutiger Sicht überhaupt möglich ist.

Einige wichtige Punkte möchte ich vorausschicken: Meine persönliche Meinung ist, dass wir gerade den Anfang vom Ende des Atomzeitalters erleben. Mindestens so wichtig ist der zweite Punkt: Japan ist das am höchsten verschuldete Land der Welt. Eine Staatspleite im Land der aufgehenden Sonne war schon unter normalen Umständen keine Utopie. Jetzt ist sie noch sehr viel wahrscheinlicher geworden. Und sollte Japan kippen, dann wird niemand da sein, der einen Rettungsschirm aufspannen könnte, um die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt vor dem Staatsbankrott zu bewahren. Dann könnte in einem weiteren Schritt auch das weltweite Kartenhaus aus Schulden und Kredit einstürzen. Wegen des Zinseszinseffekts wird das ohnehin passieren, doch jetzt könnte alles noch etwas schneller gehen.

Wir hatten im Antizyklischen Börsenbrief schon vor einigen Jahren immer wieder Entwicklungen angekündigt, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollkommen utopisch geklungen haben. So mag das vielleicht auch jetzt wieder sein. Doch wer unseren Börsenbrief schon länger liest, der wird feststellen, dass zahlreiche unserer Prognosen nach und nach eingetroffen sind.

Eine Katastrophe wie in Japan hatte natürlich niemand auf der Rechnung, doch mit den aktuellen Ereignissen hat unser Editorial aus der März-Ausgabe plötzlich eine beklemmende Aktualität bekommen. Wir hatten geschrieben:

(...) „wenn wir nicht von selbst erkennen, dass kein System auf der Erde immerzu nur wachsen kann, dann wird uns die Natur zu dieser Erkenntnis zwingen“.

Nun sind das japanische Erdbeben oder der Tsunami natürlich nicht von Menschenhand gemacht. Mit den Folgen unseres Handelns, die sich in den japanischen Kernkraftwerken andeuten, ist das aber vollkommen anders. Wir Menschen bekommen jetzt den Spiegel vors Gesicht gehalten:

Der Weg des zügellosen Verbrauchs von Energie, den wir geglaubt hatten, mittels der Kernkraft gehen zu können, stellt sich unübersehbar als Irrweg heraus. Die Kernenergie ist nicht sicher, sie war es nie und sie wird es nie sein - das werden wir alle in den kommenden Wochen erkennen. Wenn alle Sicherheitsmaßnahmen versagen und auch die schlimmsten Prognosen weit in den Schatten gestellt werden, dann sind wir Menschen den Kräften der Natur hilflos ausgeliefert wie kleine Kinder. Vor allem aber sind wir jetzt auch den Konsequenzen unseres eigenen Handelns schutzlos ausgeliefert.

Kernschmelze...

Spricht man in diesen Tagen mit ausgebildeten Physikern über die Situation in den japanischen Kernkraftwerken, dann hört man immer wieder die gleiche Meinung: Fachleute, die es besser wissen sollten als Politiker und Medien, gehen davon aus, dass die Kernschmelze in den japanischen Meilern bereits voranschreitet. Und wir sprechen inzwischen nicht mehr über einen oder zwei Reaktoren, sondern von vier oder fünf.

Was das für Folgen haben wird, das werden wir sehen. Nicht auszuschließen ist aus heutiger Sicht, dass ein Grossteil Japans schon in einigen Wochen unbewohnbar sein wird. Doch viele Menschen sind offenbar immer noch nicht bereit, solche Möglichkeiten wenigstens zu denken: In einigen Börsenkommentaren ist deshalb jetzt wieder der Hinweis zu finden, die Katastrophe werde die Erholung Japans sogar begünstigen. Der Wiederaufbau werde wie ein gigantisches Konjunkturprogramm wirken. Nach „normalen“ Naturkatastrophen trifft das sehr häufig auch zu. Doch was in Japan gerade passiert, das sprengt alle historischen Maßstäbe.

Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986. In einem Umreis von mehreren hundert Kilometern wurde da selbst 25 Jahre nach dem Unglück überhaupt nichts aufgebaut. Noch heute fließen fünf Prozent der ukrainischen Wirtschaftsleistung in Maßnahmen zum Schutz vor dem havarierten Reaktor. Die Frage lautet deshalb: Wer soll im schlimmsten Fall ein mutmaßlich völlig verstrahltes Land wie Japan eigentlich wieder aufbauen? Die Schreiber solcher Zeilen sicherlich nicht.

Schuldenberg...

Auf einem ganz anderen Blatt steht die monetäre Situation Japans. Das Land hat die vergangenen zehn Jahre nur wegen der rekordtiefen Zinsen ohne Insolvenz überstanden. Schon heute liegt die Staatsverschuldung bei wenig vertrauenerweckenden 225 Prozent der Wirtschaftsleistung. Erst kürzlich hatten einige Rating-Agenturen die Bonität des Landes herabgestuft. Sollten jetzt die Zinsen steigen, bekommt Japan ein sehr gravierendes Problem, das sich zu einem weltweiten Flächenbrand ausweiten könnte. Historisch betrachtet hatten Naturkatastrophen im Verbund mit einer hohen Staatsverschuldung schon öfter weitreichende Konsequenzen. Das könnte diesmal ähnlich sein.

Weltweit dürfte die Liquiditätsflut der Notenbanken jetzt noch einmal deutlich ausgeweitet werden. Die japanische Notenbank hat heute mit einer Finanzspritze in Höhe von 132 Milliarden Euro den Anfang gemacht. US-Notenbankchef Ben Bernanke wird sich nun wohl auch nicht lange bitten lassen, und schon bald „QE3“ aus dem Hut zaubern. Den Finanzakrobaten auf unserem Planeten dürfte das kurzfristig recht gut gefallen.

Was wir jetzt tun würden:

Unsere Stammleser verfügen bereits über einen großen Bestand an physischen Edelmetallen. Geben Sie weiterhin keine Unze aus der Hand. Die weltweite Staatsschuldenkrise könnte im Sog der japanischen Katastrophe in den kommenden Monaten in ihre finale Phase eintreten. Gold und Silber, anonym erworben, sind dann absolut unverzichtbar. Sollten Sie noch nicht über ausreichende Bestände verfügen, nehmen Sie unter der Mobilfunk-Nummer 01 79 / 4 56 11 80 Kontakt mit uns auf. Wir helfen Ihnen weiter.

Gold und Silber halten sich aktuell recht gut. Das sollte kurzfristig auch die Aktien der Edelmetall-Produzenten unterstützen. Hier würden wir dabei bleiben. Von den Papieren der Uran-Produzenten würden wir uns kurz- bis mittelfristig verabschieden. Sollte sich die Lage in Japan weiter zuspitzen, könnten immer mehr Staaten zu dem Schluss kommen, dass die Kernenergie ein Auslaufmodell ist. Zu wünschen wäre es uns allen. Mit Verkäufen könnte man vielleicht noch abwarten, bis sich die aktuelle Panik in dem Sektor gelegt hat. Aus strategischer Sicht, das heißt mit Blick auf die kommenden Monate und Jahre, sind diese Unternehmen vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse unserer Meinung nach nicht mehr interessant.

Bei den Energieversorgern muss man jetzt differenzieren: Weltkonzerne wie E.ON (WKN ENAG99) oder RWE (WKN 703712) verfügen über eine hervorragende Kapitalausstattung und sollten auch eine Wende hin zu den regenerativen Energien finanzieren können. Insbesondere RWE besitzt mit seinen zahlreichen Kohlekraftwerken eine interessante Brückentechnologie. Beide Konzerne dürften nach einer möglichen Übergangszeit auch weiterhin gute Geschäfte machen. Wir würden die Papiere weiter halten.

Der Windanlagenbauer Nordex (WKN A0D655), unser Börsenstiefkind aus der März-Ausgabe, dürfte bis auf Weiteres von den Turbulenzen profitieren. Wir würden hier bei Kursschwäche weiter zukaufen. Gleiches gilt für preiswerte Solartitel, wie den deutschen Marktführer Solarworld (WKN 510840). Beide Sektoren sollte man in den kommenden Wochen weiter ausbauen.

Das gilt im Übrigen auch für alternative Energieunternehmen, wie die kanadische Western Lithium (WLC.TO), bei der sich im Kursverlauf vom vergangenen Freitag eine potentielle untere Trendwende ausgebildet hatte.

Konserven im Keller...

Ein anderes Kapitel hatten wir schon länger nicht mehr angesprochen. Jetzt ist die Zeit dazu, auch über ein paar Konservendosen im Keller nachzudenken. Vorerst ist das eine reine Vorsichtsmaßnahme, die jedoch in den kommenden Monaten wichtig werden könnte:

Gesetzt den Fall, die Lage in Japan spitzt sich so zu, dass auch das kreditfinanzierte Weltfinanzsystem ins Wanken gerät, und vorsichtshalber sollte man mit so etwas rechnen, dann könnten wir in Deutschland auch ganz ohne Atomunfall sehr schnell vor ähnlichen Versorgungsproblemen stehen, wie die Japaner. Wenn das Bankensystem in ernste Schwierigkeiten gerät und die Menschen das ohnehin beschädigte Vertrauen in die Banken noch weiter verlieren, dann kann das alles sehr schnell gehen. Wir würden uns deshalb mit haltbaren Lebensmitteln, Wasser und den wichtigsten Medikamenten eindecken.

Doch so bitter das heute klingen mag, selbst diese verheerende Katastrophe kann eine Chance sein. Vielleicht ist es die letzte, die uns Erdenbewohnern noch bleibt, um endlich umzudenken...

Mehr dazu in der kommenden Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs.

Herzlichst

Ihr Andreas Hoose

Wie wir die Börsenlage einschätzen und was wir unseren Lesern raten, das lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die vor wenigen Tagen erschienen ist.

Anmeldemöglichkeit (1) : Das Drei-Monats-Abo des Antizyklischen Börsenbriefs

Anmeldemöglichkeit (2) : Das Jahres-Abo des Antizyklischen Börsenbriefs

Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. [Link "Börsenbrief" nicht mehr verfügbar] und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen