Kommentar
09:00 Uhr, 08.08.2024

Darum kam die Korrektur ausgerechnet jetzt

Die jüngste Stärke des Yen war wohl durchaus gewünscht, allerdings offenbar nicht in dem Tempo, welches zuletzt erreicht wurde.

Yen: Gewünschte Kursentwicklung, unerwünschtes Tempo

Am Ende der gestrigen Analyse hieß es im Fazit sehr klar, dass die Börsenwelt nun nach Japan schaut. „Zeichnen sich [..] erneute dynamische Wechselkurseffekte zum Nachteil der Carry-Trades ab, könnte dies auch weitere Verkaufswellen am Aktienmarkt auslösen“, schrieb ich. Und: „Kommt es [..] zu einer Beruhigung des Yen, dürften sich die Kurse insgesamt beruhigen.“ In der Nacht wurde anschließend bereits der Beweis für diese Erwartungen geliefert:

Bank of Japan interveniert verbal

Denn laut dem stellvertretenden Gouverneur der Bank of Japan, Shinichi Uchida, werde die Notenbank die Zinsen nicht weiter anheben, solange die Finanzmärkte instabil seien. „Da wir eine hohe Volatilität auf den in- und ausländischen Finanzmärkten sehen, ist es notwendig, das derzeitige Niveau der geldpolitischen Lockerung vorerst beizubehalten“, so Uchida.


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Yen mit starker Gegenbewegung

Diese Aussagen übten deutlichen Druck auf den Yen aus. Zum US-Dollar verlor die Devise binnen weniger Minuten fast 2 % an Wert.

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Am Devisenmarkt sind solche Kurssprünge selten, während sie am Aktienmarkt wesentlich häufiger vorkommen.

Die Aktienmärkte folgen dem Yen

Apropos: Der Nikkei225 legte zeitgleich mehr als 4 % zu.

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Und auch in Europa und den USA konnten die Kurse profitieren.

Gewünschte Kursentwicklung, unerwünschtes Tempo

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Schwäche der japanischen Währung laut dem Gouverneur der Bank of Japan, Kazuo Ueda, einer der Gründe für die Entscheidung war, die Zinsen auf 0,25 % zu erhöhen.
Zwar habe die Yen-Abwertung die Inflationserwartungen der Notenbank nicht wesentlich verändert, doch hätten die Währungshüter dies als Risiko dafür gesehen, das sich die Aussichten nach oben verschieben könnten. Und so war dies einer der Gründe für die geldpolitische Entscheidung, so Ueda auf einer Pressekonferenz.

Und er fügte hinzu, dass die Zinsen trotz der Erhöhung noch sehr niedrig seien, weshalb die Anhebung der Wirtschaft oder den Preisen nicht schaden dürfte.

Insofern war die jüngste Stärke des Yen wohl durchaus gewünscht, allerdings offenbar nicht in dem Tempo, welches zuletzt erreicht wurde. Und das ist nur allzu verständlich, weil durch die panikartigen Reaktionen der Anleger am Aktienmarkt schnell offensichtlich wurde, dass derart schnelle (Wechsel-)Kursveränderungen zu Problemen im Finanzsystem führen können.

Bis zu einer nachhaltigen Kursberuhigung ist das Risiko hoch

Für die weitere Entwicklung des Yen bzw. des USD/JPY hat das zur Folge, dass nun erst einmal eine Kursberuhigung im Interesse (fast) aller Marktteilnehmer liegen dürfte (abgesehen von Spekulanten). Und die Notenbanken dürften verbal darauf hinarbeiten. Bis zu einer nachhaltigen Normalisierung der Volatilität halte ich die Gefahr, sich die Finger zu verbrennen, wenn man auf den Wechselkurs traden möchte, für zu groß.

Beim Chartanalyse-Dienst "Target-Trend-Spezial", in dem der USD/JPY regelmäßig analysiert wird, hatte ich zu Short-Positionen geraten, um auf Zinswenden der US-Notenbank (Zinssenkung) und der Bank of Japan (Zinserhöhung) und somit einer abnehmenden Zinsdifferenz zugunsten des Yen zu setzen. Vom möglichen Einstiegskurs eines Trades bei rund 147,5 Yen hätte man bis zum Tief bei 141,677 Yen durchaus schon einen ordentlichen Gewinn erzielen können. Und ich hatte dazu geraten, bei Unterschreiten der Marke von 146,47 Yen diese Position auf Einstiegskurs per Stop-Loss abzusichern.

Ob man nun mit oder ohne Gewinn aus der Position ausgestiegen ist – jetzt würde ich vorerst keine neuen Trades eingehen, bis sich die Kurse beruhigt haben und sich neue Formationen ergeben, auf die man mit einem wesentlich besseren Chance-Risiko-Verhältnis traden kann.

Und was neue Trades auf die Aktienmärkte angeht, so würde ich auf die hohe Korrelation zur Kursentwicklung des Yen achten. Aus meiner Sicht machen diese Trades erst wieder Sinn, wenn sich diese Korrelation aufgelöst hat und die Märkte somit nicht mehr von der Wechselkursentwicklung des Yen abhängen.

Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Und natürlich können kurzfristige Anleger auch sehr schön von der hohen Volatilität profitieren. Allerdings sollte man jederzeit mit plötzlichen Richtungswechseln rechnen und die Trades entsprechend dosieren und möglichst auch absichern.

Von leichten Konjunktursorgen zu panischen Carry-Tradern

Im Hinblick auf die gestrige Börse-Intern-Ausgabe gibt es übrigens beim Blick auf die sehr kurzfristigen Charts weitere interessante Marktreaktionen. Stellvertretend für die Aktienmärkte wähle ich dazu den Dow Jones.

Schwache Einkaufsmanagerdaten leiten die Korrektur ein

Und dieser hat am Donnerstag vergangener Woche, als um 15:45 bzw. 16:00 Uhr (MESZ) die schwachen Einkaufsmanagerdaten zum verarbeitenden Gewerbe der USA veröffentlicht wurden, deutlich nachgegeben (siehe roter Pfeil im folgenden Chart).

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Dadurch wurden Konjunktursorgen geweckt und die scharfe Korrektur eingeleitet.

Arbeitsmarktdaten und Auftragseingänge verstärkten die Konjunktursorgen

Als dann am Freitag um 14:30 Uhr die schwachen US-Arbeitsmarktdaten hinzukamen, setzte die nächste Verkaufswelle ein. Zumal um 16:00 Uhr auch noch gemeldet wurde, dass der Auftragseingang der Industrie im Juni um -3,3 % zum Vormonat stark gesunken ist, was einerseits bereits der zweite Rückgang in Folge (Mai: -0,5 %) und andererseits auch noch schlechter als erwartet (-2,9 %) war (siehe dunkelrote Pfeile im folgenden Chart).

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So wurden die Konjunktursorgen verstärkt.

Starke Daten zum US-Dienstleistungsbereich beruhigen die Märkte

Als am Montag um 15:45 bzw. 16:00 Uhr dann allerdings starke Einkaufsmanagerdaten zum Dienstleistungsbereich der USA veröffentlicht wurden, fingen sich die Kurse und gingen in eine Erholung über (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart).

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Man kann also eindeutig sagen, dass die Konjunktursorgen durch schwache US-Konjunkturdaten geweckt wurden und dies eine Korrektur am Aktienmarkt ausgelöst hat (siehe auch roter Pfeil im folgenden Chart). Denn zuvor befand sich der Dow Jones noch auf dem Weg zurück zu seinem Rekordhoch vom 18. Juli.

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Insofern bestehen keine Zweifel daran, dass Konjunktursorgen die Korrektur ausgelöst haben. Und diese wurden durch starke Konjunkturdaten am Montag etwas beruhigt.

Von leichten Konjunktursorgen zu panischen Carry-Tradern

Zweifel bestanden lediglich dran, dass die Konjunktursorgen am Montag zu crashartigen Szenarien an den Börsen geführt haben. Dafür waren wohl eher die Carry-Trader verantwortlich, die infolge der aufkommenden Konjunktursorgen und der dadurch zunehmenden Stärke des Yen ihre Positionen auflösen mussten. Das machte aus einem rollenden Stein eine Lawine, die sich selbst verstärkt hat. Die eingeleiteten Korrekturbewegungen nahmen immer mehr Fahrt auf, wodurch letztlich Panik ausgelöst wurde.

Warum passiert das ausgerechnet jetzt?

Soweit zur Vergangenheit. Was heißt das nun für die Zukunft? Dazu muss man sich die Frage stellen, wie berechtigt die Konjunktursorgen waren. Auch dazu hatte ich gestern schon einiges geschrieben. Diverse Probleme sind eigentlich längst bekannt. Fakt ist aber, dass dennoch offensichtlich Sorgen geweckt wurden und diese zu scharfen Rücksetzern geführt haben. Warum ausgerechnet jetzt?

Die Erklärung dazu ist, dass kurz zuvor die japanische Notenbank eine überraschende Zinsanhebung vorgenommen hat und dabei weitere Zinsanhebungen angekündigt wurden (siehe "Plötzliche Richtungswechsel beim Nasdaq 100 und USD/JPY"). Und damit sind wir wieder bei den Carry-Trades. Denn diese dürften nun nicht mehr wie bisher funktionieren.

Sollte es weitere schwache Wirtschaftsdaten vor allem aus den USA geben oder kommen starke Konjunktursignale aus Japan, muss man damit rechnen, dass die Anleger erneut unruhig werden. Denn dann werden Zinssenkungen der US-Notenbank bzw. Zinserhöhungen der Bank of Japan wieder wahrscheinlicher – und Carry-Trades damit unattraktiver. Zumal das den Dollar schwächen und den Yen weiter stärken würde.

Jetzt wird auch die hohe Bewertung zum Problem

Außerdem haben die Anleger auch deshalb Grund, Sorge vor weiteren schwachen US-Daten zu haben, weil die Aktienmärkte in den USA die schönste aller Börsenwelten eingepreist und dadurch eine sehr hohe Bewertung erreicht haben. Bereits kleine Schönheitsfehler beim Wachstum rechtfertigen diese hohe Bewertung aber nicht mehr. Bislang schienen die historisch schnell gestiegenen Zinsen der US-Wirtschaft jedoch nichts anhaben zu können. Sollte sich das aber ändern, wird sich wohl auch die Kursrichtung der US-Aktienmärkte nachhaltig ändern.

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