Kommentar
18:10 Uhr, 29.02.2016

Comeback der Inflation: Das große Problem der Fed

Anleger glauben nicht, dass es in diesem Jahr noch zu einer weiteren Zinserhöhung kommen wird. Inzwischen glauben viele der Notenbanker selbst nicht mehr daran. Das ist ein großes Problem

Die US-Notenbank hat ein duales Mandat. Sie soll für Vollbeschäftigung und stabile Preise sorgen. Die Arbeitslosenrate ist in den letzten Jahren deutlich gefallen und wird bis Ende des Jahres vermutlich auf 4,5 % sinken. Das Ziel der Vollbeschäftigung kann man mehr oder minder als erreicht ansehen.

Bei der Preisstabilität ist die Notenbank von ihrem Ziel noch ein Stück entfernt. Obwohl sie 2 % Inflation als Ziel festgelegt hat, verharrte die Teuerungsrate jahrelang unter dieser Marke. Das dürfte sich in diesem Jahr rasch ändern.

Grafik 1 zeigt die Entwicklung der verschiedenen Inflationsraten, die die US-Notenbank betrachtet. Die Notenbank achtet auf unterschiedliche Teuerungsraten. Die ersten beiden sind die Inflationsrate und die dazugehörige Kerninflation. Die Kerninflation unterscheidet sich von der Inflationsrate, in dem sie Nahrungsmittel und Energiepreise ausklammert.

Mit größerem Interesse blickt die Fed auf die Konsumgüterinflation (PCE – Personal Consumption Expenditure Price Index). Den PC-Raten liegt ein ähnlicher Warenkorb wie der Inflation zugrunde. Die Gewichtung der einzelnen Bestandteile unterscheidet sich jedoch. Die PCE-Raten fokussieren sich stärker auf die alltäglichen Konsumausgaben.

Die Kerninflationsraten sind wesentlich stabiler als andere Maßstäbe für die Teuerung, weil sie die volatilen Bestandteile Nahrungs- und Energiepreise ausklammern. Insbesondere Energiepreise haben die Inflationsrate stark sinken lassen. Sie erreichte auf Jahressicht Ende 2014 und Anfang 2015 sogar negative Werte.

Notenbanken ist viel daran gelegen, dass die Inflation nicht negativ wird, sprich, dass die Preise nicht sinken. Dauerhaft sinkende Preise sind aus mehreren Gründen ein Problem. Sinkende Preise führen früher oder später zu sinkenden Einkommen. Das ist ein großes Problem, da die bestehenden Schulden nicht mit den Preisen und Einkommen sinken, sondern konstant bleiben. Die Verschuldung wächst. Um konstant hohe Schulden mit sinkenden Einkommen bedienen zu können, muss an anderer Stelle gespart werden. Es wird weniger konsumiert. Die Nachfrage sinkt, die Preise fallen weiter, die Einkommen gehen ebenfalls weiter zurück.
Über ein solches Szenario muss sich die Fed nun keine Gedanken mehr machen. Die Kerninflationsraten steigen seit Mitte 2015 wieder und liegen nun zwischen 1,4 % und 2,2 %. Das ist weit entfernt von Deflation und nahe am 2 % Ziel.

Als vergangene Woche die Daten zur Inflationsrate veröffentlicht wurden sorgte das für verdutzte Gesichter. Die Inflationsrate, die durch die niedrigen Ölpreise stark gedrückt worden war, sprang auf 1,34 % nach oben. Noch vor wenigen Monaten lag sie bei 0 %.

Der starke Anstieg in der Inflation kommt zu einer Zeit, da der Ölpreis gerade neue Mehrjahrestiefs erreichte. Was geschieht dann erst mit der Inflation, wenn sich die Rohstoffpreise erholen? – Man kann es sich ansatzweise vorstellen. Steigt der Ölpreis bis Jahresende auf 45 Dollar, dann ist von einer Inflationsrate von 3 % auszugehen.

Die Notenbank hatte bereits in der Vergangenheit klargemacht, dass sie ein Überschießen des 2 % Ziels für vertretbar hält. So wie es derzeit aussieht, braucht sie diesen Spielraum auch. Sofern sich die Wirtschaft nicht auf mysteriöse Weise sehr bald und sehr deutlich abkühlt, wird die Inflation bis Jahresende merklich steigen.

Aufgrund der Turbulenzen auf den Aktienmärkten weltweit haben sich einige Notenbanker breitschlagen lassen, einer weiteren Zinsanhebung bei der nächsten Sitzung im März eine Absage zu erteilen. Die Notenbank manövriert sich dadurch in eine Sackgasse, in der sie die Zinsen wohl vor Juni nicht mehr wird anheben können. Je länger sie jedoch mit einer weiteren Anhebung wartet, desto rascher muss sie dann agieren, wenn sie sich wieder zu einer Zinsanhebung überwinden kann.

Bleibt die Notenbank nun ein weiteres halbes Jahr tatenlos, dann kann die Inflation in der Zwischenzeit deutlich ansteigen und die Fed in der Folge zu drastischen Zinsschritten zwingen. Das ist etwas, das Janet Yellen dringend verhindern möchte, doch auf genau so ein Szenario bewegt sich die Notenbank zu.

Das Dilemma, mit dem die Fed konfrontiert ist, ist groß. Hebt sie die Zinsen im März oder April an, dann dürfte das den Markt verunsichern. Wartet sie mit der nächsten Zinsanhebung weiter ab, bis sich der Markt stabilisiert hat, dann könnte es schon zu spät sein, um eine schonende Inflationsbekämpfung durch graduelle Zinsanhebungen zuzulassen.

Es gibt zwei Szenarien, unter denen die Notenbank dem Dilemma entkommt. Entweder sinken die Rohstoffpreise doch noch einmal auf neue Tiefs oder der Dollar setzt seine Aufwertung fort. Eine Dollaraufwertung ohne die Aussicht auf eine baldige Fortsetzung der Zinserhöhungen ist unwahrscheinlich. Rohstoffe wiederum scheinen sich zu stabilisieren und zumindest eine Zwischenerholung einzuleiten.

Der US-Notenbank muss eine schwierige Gratwanderung gelingen. Dass ihr das gelingt, ist unwahrscheinlich. Auf Inflation ist kaum jemand vorbereitet. Das Inflationsziel kann natürlich kurzzeitig überschritten werden, doch wenn sich die Rohstoffpreise nachhaltig stabilisieren und erholen, dann kann von einem kurzzeitigen Überschießen keine Rede mehr sein.

Auf den ersten Blick denkt man sich als Anleger vielleicht: Na, dann gibt es eben 3,5 % Inflation – na und? – So kann man denken, doch ein schneller Anstieg der Inflation ist für Aktien nicht gut. Unternehmen haben große Probleme, Preissteigerungen direkt und 1 zu 1 an Konsumenten weiterzugeben. Unternehmensgewinne tendieren daher unter einem Umfeld schnell steigender Inflation zu sinken. Die Gewinnrezession aus 2015 würde sich fortsetzen und die Kurse belasten.

Gegen eine Gewinnrezession wegen ansteigender Inflation ist die Notenbank machtlos. Senkt sie die Zinsen wieder, dann steigt die Inflation noch schneller an. Hebt sie die Zinsen hingegen rasch an, um die Inflation zu bekämpfen, würgt das den Konsum ab und belastet das Wirtschafts- und Gewinnwachstum ebenfalls.

Was bedeutet das für Aktien? - Kurz- bis mittelfristig bin ich bullisch. Ab Ende 2016 wird es dann jedoch eng. Der Markt dürfte in den kommenden Wochen von einer Erholung auf dem Rohstoffmarkt getragen werden. Fällt dieser Rückenwind weg und tritt das negative Gewinnwachstum wieder in den Vordergrund, dann sehen wir ab Ende 2016 wieder fallende Kurse. Die Kurse dürften sich ähnlich wie 2001 bis 2003 bewegen.

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14 Kommentare

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  • Jörg Eberlein
    Jörg Eberlein

    Aus genannten Gründen von Clemens Schmale gehe ich von einer Zinserhöhung im März aus.

    21:59 Uhr, 27.02. 2016
  • 1 Antwort anzeigen
  • whynot
    whynot

    Na ja, ich weiß nicht, ob man, wenn nur 60% der arbeitsfähigen US Bevölkerung am Arbeitsmarkt überhaupt teilnehmen und viele US Bürger 2 oder mehr minderwertigeTeilzeitjobs benötigen (von dem jeder einzelne als neu geschaffene Stelle gezählt wird), um über die Runden zu kommen, von Vollbeschäftigung reden kann.

    Es kann noch zu einer explosiven Mischung kommen, sollte es doch zur Rezession kommen und gleichzeitig die doch achso herbeigesehnte Inflation dann vor die Tür steht. Es ist leider nicht (mehr) so, dass die sich in Umlauf befindliche Geldmenge durch werthaltige physische Güter gedeckt wäre (wie es auch mein Vorredner richtigerweise anmahnt). In Zeiten, wo noch der Goldstandard galt, führte dies noch zu einer Selbstdisziplinierung der Zentralbanken, was den Erhalt des Geldwertes sicherstellte. Die Entwicklung, die unser Geldsystem und die Zentralbanken seitdem genommen haben, steht dem heute jedoch diametral entgegen. Am liebsten würde man sogar mittlerweile auf Bargeld verzichten. Das würde es dann Zentralbanken ermöglichen, nur noch rein virtuelles Geld via Mausklick zu erzeugen (vielleicht in Kooperation mit Bitcoin?). Damit stünden wir dann endgültig kurz vor dem Zusammenbruch unseres Geldsystems, wie wir es seit der Abschaffung des Goldstandards kennen. Man hat das Gefühl, dass die Egos der Draghis dieser Welt, dermaßen von sich selbst geblendet sind, dass sie jeden Bezug zu historischen Erfahrungen und volkswirtschaftlichen Zusammenhängen verdrängen.

    13:15 Uhr, 26.02. 2016
  • Löwe30
    Löwe30

    Die FED hatte und wird immer große Probleme haben, das zeigt der Beitrag von Clemens Schmale deutlich. Das ist so, weil eben niemand zukünftige Entwicklungen voraussehen kann. Da das nun mal so ist, sollte dem Marktprozess die Steuerung überlassen werden. Dazu bedarf es allerdings entnationalisierter Währungen, so wie sie Murray N. Rothbard in „A Genuine Gold Dollar vs. the Federal Reserve“ , vorgeschlagen hat. Eine auszugsweise Übersetzung gibt es hier: http://www.misesde.org/?p=12113

    Zitat: "

    „Da die Menschen an ihren Dollars und Francs hängen und an ihnen festhalten werden, bleibt nur eine Möglichkeit, um das Geld vom Staat zu trennen und eine echte Entnationalisierung der nationalen Gelder herbeizuführen. Der Dollar (bzw. die Mark oder der Franc) selbst muss entnationalisiert werden. Nur die Privatisierung des Dollars kann die staatlich vorangetriebene Inflationierung der US-amerikanischen Geldmenge beenden.

    Wie aber kann der Dollar privatisiert oder entnationalisiert werden? Ganz sicher nicht, indem man Geldfälschung legalisiert. Es gibt nur einen Weg: Der Dollar muss erneut an eine nützliche Marktware gekoppelt werden. Nur mit der Veränderung der Definition des Dollars von einem Papierschein, den die Regierung ausgibt, hin zu einer Gewichtseinheit einer Marktware kann die Funktion der Geldemission ein für alle Mal von staatlicher in private Hand übergehen lassen.

    Wenn es aber unbedingt erforderlich ist, den Dollar erneut als eine Gewichtseinheit einer Marktware zu definieren, welche Ware (oder Waren) und welches Gewichtsmaß soll hierfür als Grundlage dienen? Als Antwort schlage ich vor, den Dollar als Gewicht einer Ware zu definieren – diese Ware ist Gold...

    Irving Fishers Postulat nach einem konstanten Preisniveau stammt aus seiner eigenen falschen philosophischen Auffassung, dass, so wie die Naturwissenschaft auf messbaren Standards fußt (ein Yard also aus 36 Inches besteht), auch Geld als ein Maßstab für Werte und Preise verstanden werden kann. Da es aber kein allgemein gültiges Preisniveau gibt, ist seine ganze Idee nicht nur unwissenschaftlich, sondern auch eine hoffnungslose Chimäre. Das einzige wissenschaftliche Messinstrument, das diesen Umstand richtig berücksichtigt, ist die Definition einer Währungseinheit als eine Gewichtsmaßeinheit der Geldware. Zudem ist die einzige wissenschaftliche Maßeinheit eine Definition, die – einmal gewählt – für immer gleich bleibt, so wie „das Pfund“ oder „der Yard“. Die festgesetzte Gewichtung eines Warenkorbs zu manipulieren, verletzt jedes ordnungsgemäße Konzept einer Festsetzung oder einer Maßeinheit...

    Es ist wichtig zu verstehen, was eine Festsetzung des Dollars in Gold bedeuten würde. Denn statt nominal muss eine Festsetzung vielmehr echt und effektiv sein. Die US-Statuten definieren den Dollar als 1/42,22 einer Goldunze, aber diese Festsetzung ist eine rein formelle Abrechnungseinheit. Damit es sich um eine echte Festsetzung handelt, muss der Dollar als eine Gewichtseinheit von Gold implizit austauschbar sein und muss daher bei seinem Herausgeber in die Menge Gold eingetauscht werden können, die der Gewichtsforderung in Dollar entspricht. Darüber hinaus muss die einmal gewählte Festsetzung, wie auch immer sie gewählt wurde, für immer gleich bleiben. Einmal gewählt, gibt es keine Rechtfertigung, die Festsetzung zu verändern, genauso wie es keine Rechtfertigung dafür gibt, die Länge eines Standardyards oder das Gewicht eines Standardpfunds zu verändern.“

    Hat man solche Währungen, benötigt man keine Zentralbanken mehr. Deflation wäre auch kein Schreckgespenst mehr, sondern etwas, das den Wohlstand der Menschen steigen lässt, weil die Steigerung der Produktivität eben zu niedrigeren Preisen führt, aber nicht zu niedrigerer Nachfrage, da Geld mehr wert ist, und man dafür mehr kaufen kann.

    12:28 Uhr, 26.02. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Christian Kämmerer
    Christian Kämmerer Freier Finanzanalyst

    Wieder einmal ein sehr schöner Beitrag Clemens!

    09:51 Uhr, 26.02. 2016
  • bembes
    bembes

    Hoffentlich kapiert in Europa auch Super-Mario, dass die Inflationsrate in Wirklichkeit höher ist als mitgeteilt. Glaube keiner Statistik, welche du nicht selbst gefäscht hat.

    Die Lebensmittelpreise incl. Miete, Strom, Gas, Wasser, Abwasser steiger in 2016 mindes- tens um 5 bis 8 %. Wo soll das eine NULL-Infaltion sein !!!! Ihr Träumer von der EZB.....wollt nur die Südstaaten in Europa mit billigem Geld retten. Wird aber nicht klappen, da die Merkel-Flüchtlingswelle noch viel kostet und dann außer vielleicht in Deutschland auch mit Krediten finanziert werden muss.

    Das wird etwas kosten !!!!!!

    08:22 Uhr, 26.02. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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