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11:08 Uhr, 10.04.2014

Chinas Führung akzeptiert Wachstumsverlust

Chinas Konjunktur schwächelt. Das ist ok, sagt Premier Li Keqiang. Er duldet Schwankungen, will keine kurzfristig wirkende Stimuli auflegen, sondern plant eine umfassende Neuorientierung des Wirtschaftgefüges.

Hainan (BoerseGo.de) - Die Wachstumsdynamik des chinesischen Außenhandel hat im März pausiert. Die Exporte China sind in vergangenen Monat überraschend deutlich um 6,6 Prozent zurückgegangen, wie die Zollbehörde am Donnerstag mitteilte. Analysten hatten im Konsens mit einem Anstieg von bis zu vier Prozent gerechnet. Die Importe sanken zugleich um 11,3 Prozent. Hier lag die Erwartung bei einem Plus von 2,4 Prozent. Als Grund nannte die Zollbehörde u. a. das Neujahrsfest, das Anfang Februar zu Ende gegangen war.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang will trotz der abflauenden Konjunktur seines Landes kein kurzfristiges Stimulusprogramm auflegen, um den Wachstumsverlust zu stoppen. In einer Rede auf dem asiatischen Wirtschaftsforum in Boao auf der südchinesischen Insel Hainan sagte der Premier am Donnerstag: „Wir werden nicht Zuflucht in kurzfristigen Maßnahmen suchen.“ Trotz des langsameren Wachstums der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde strebe seine Regierung vor allem nachhaltige, strukturelle Reformen an. Die Staatsführung will die Wirtschaft aus ihrer bisherigen Abhängigkeit von Exporten und großen staatlichen Infrastrukturprojekten befreien und stärker auf den privaten Konsum setzen. China leide als größte Handelsnation auch unter den Auswirkungen einer komplizierten globalen Wirtschaftslage, so Li weiter. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass sein Land das Wachstum "in einem angemessenen Rahmen halten kann".

Der Premier will die Industrie umstrukturieren und modernisieren. Peking zuletzt Steuererleichterungen für kleine und mittlere Firmen angekündigt und den Ausbau des Eisenbahnnetzes als Ziel ausgegeben. Außerdem sind Wohnbauprojekte für Haushalte mit niedrigem Einkommen geplant. Flankiert werden die Schritte von monetären Lockerungen. Die chinesische Zentralbank hat am Donnerstag zum ersten Mal seit neun Wochen zusätzliche Liquidität ins Bankensystem gepumpt. Die Maßnahme half, den erhöhten Geldbedarf zu decken, und signalisierte eine Lockerung der Geldpolitik. Die Notenbank werde in dieser Woche über ihre Offenmarktgeschäfte netto 55 Milliarden Yuan ins Bankensystem schleusen, hieß es am Markt. In der Vorwoche waren 62 Milliarden Yuan abgezogen worden.

Angesichts schwacher Konjunkturdaten relativierte Regierungschef Li Keqiang in Boao das selbst gesteckte Wachstumsziel von rund „7,5 Prozent“ in diesem Jahr. Ob es etwas mehr oder weniger werde, sei nicht entscheidend, solange genug Arbeitsplätze geschaffen würden, sagte der Premier. Das tatsächliche Wachstum könne sich in einem gewissen Rahmen um 7,5 Prozent bewegen. 2013 waren das zweite Jahr in Folge 7,7 Prozent erreicht worden, so wenig wie seit den 90er Jahren nicht mehr. In diesem Jahr rechnen Experten nur noch mit weniger als 7,5 Prozent.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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