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15:40 Uhr, 12.05.2020

China verspielt viel Kredit

Anzuerkennen ist, dass Peking im Ringen mit dem Virus viel erreicht hat. Doch mit seinem derzeitigen Auftritt kann Peking nicht glänzen.

Peking/ Frankfurt (Godmode-Trader.de) - Die Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Corona-Virus in China haben im ersten Quartal die Wirtschaft der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft massiv einbrechen lassen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte laut den offiziellen Zahlen gegenüber der Vorperiode um fast 10 Prozent und lag um 6,8 Prozent unter seinem Vorjahreswert.

Damit ist offensichtlich, dass 2020 das schwächste Jahr seit dem Beginn der Wirtschaftsstatistik in den 1970er Jahren sein wird. Voraussichtlich kommt das Wachstum im Jahresschnitt sogar zum Erliegen. China hat bereits im März die harten Restriktionen zurückgefahren. Entsprechend ist das Land, was den Verlauf der Lockdowns angeht, dem Rest der Welt voraus, vielleicht um sechs bis acht Wochen. Auch die Stimmungsindikatoren gehen wieder nach oben. Von den vier Einkaufsmanagerindizes haben sich drei wie erwartet schnell und spürbar erholt. Hinterher hinken offenbar vor allem die Geschäfte der kleineren Dienstleistungsbetriebe, die im Markit-Index stärker gewichtet sind als im offiziellen CFLP-Dienstleistungsindikator.

Anzuerkennen ist, dass Peking im Ringen mit dem Virus viel erreicht hat. Doch durch seinen derzeitigen Auftritt verstört Peking viele seiner Handelspartner, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung meint. Zwar werde Chinas riesiger Markt weiterhin wichtig bleiben. „Dennoch wird nun überdacht, was man dort fertigen lassen will“. Die Abhängigkeit von China bei Medikamenten werde sich ändern. Neue Produktionskapazitäten für Textilien oder Elektronik könnten in ausgewählten Ländern Südostasiens besser aufgehoben sein als in der Volksrepublik, um Kosten zu mindern und Risiken zu streuen, schreibt die Zeitung. „Der robuste Auftritt Pekings wird dazu führen, dass Staatsinvestoren in kritische Infrastruktur wie Netze, Kraftwerke oder Häfen weniger erwünscht sein werden“.

Für Chinas Wirtschaft könnte ein in der Krise und deren Bewältigung sich entwickeltes Umdenken teuer zu stehen kommen. Eine Ende der Globalisierung und des Handels ist nicht in Sicht. Aber eine Neujustierung und der Rückzug etwa Europas aus kritischen Bereichen könnte Chinas Wirtschaftsaufschwung in Teilen den Nährboden entziehen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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