Kommentar
12:29 Uhr, 27.10.2006

China – Kontrollierte Abschwächung mit Risiken

Der Druck auf Regierung und Notenbank zur Dämpfung der sehr hohen wirtschaftlichen Dynamik hält an. Zwar deuten die Trends bei der Industrieproduktion und den Anlageinvestitionen auf eine langsame Abschwächung der sehr hohen Dynamik, aber noch bleiben Unsicherheiten hinsichtlich der Stabilität der Entwicklungen. Faktoren, die nach wie vor zu einer Überhitzung führen können, sind die hohe Überschussliquidität, Rekordüberschüsse in der Handelsbilanz und eine gute Gewinnsituation der Unternehmen. Hinzu kommt ein moderater Preistrend, der isoliert betracht für eine Beibehaltung der aktuellen Geldpolitik spricht. Folglich muss eine wirksame Dämpfung der Wirtschaft weiter an einer Aufwertung des Renminbi ansetzen, da der Einfluss der Geldpolitik auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen gering ist. Mehr als die Hälfte der Investitionen wird über einbehaltene Gewinne finanziert. Eine graduelle Aufwertung der Währung zusammen mit direkten Maßnahmen zur Dämpfung der Kreditexpansion erscheint demnach als effektive Strategie zur Abkühlung der Wirtschaft. Dennoch erwarten wir Zinsanhebungen sowohl auf der Kredit- als auch der Einlagenseite. Den Hintergrund bildet die Vorstellung, dass die Regierung in den kommenden Monaten versuchen dürfte, die Funktionalität der Kapitalmärkte zu verbessern. Schließlich bergen direkte Eingriffe zur Steuerung der wirtschaftlichen Dynamik das Risiko einer zu starken Dämpfung. Besser funktionierende Kapitalmärkte sollten daher mittel- bis langfristig die Allokationsfunktion übernehmen. Ansonsten bleibt das Risiko von Boom- Bust-Zyklen bestehen.

Kürzlich ging die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) als dritte der vier großen Staatsbanken an die Börsen in Shanghai und Hongkong. Der Börsengang ist ein wichtiges Signal dafür, dass die Stabilisierung des Finanzsektors in China Fortschritte macht. Die ICBC galt als größte der vier dominierenden Staatsbanken bislang als besonders belastet durch faule Kredite. Nachdem die Bank im letzten Jahr durch staatliche Unterstützung von einem erheblichen Teil der faulen Kredite entlastet wurde, ergriffen Goldman Sachs, American Express und Allianz die Gelegenheit und erwarben eine Beteiligung an der ICBC. Dennoch bleibt es weiterhin sehr schwer zu beurteilen, inwieweit die Bank durch die starke Kreditexpansion in den letzten Jahren erneut spürbar durch faule Kredite belastet werden kann, wenn sich die Wirtschaft deutlicher abkühlt.

Fortschritte bei der Entwicklung des Finanzsystems können die Regierung dazu bewegen eine etwas schnellere Aufwertung des Renminbi zuzulassen. Von seiten der US-Regierung setzt man auf ruhigere Töne, die nach der Wechselkursbewegung in den vergangenen Wochen erfolgversprechender erscheinen. Nur vor diesem Hintergrund ist die etwas stärkere Aufwertungstendenz des Renminbi in den letzten Monaten zu erklären. Von politischer Seite hat Stabilität in den kommenden zwei Jahren absolute Priorität, da 2007 der Parteikongress der Kommunistischen Partei Chinas und 2008 die Olympischen Spiele stattfinden.

Quelle: cominvest

Die cominvest Asset Management GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main wurde im Jahr 2002 durch Zusammenlegung der inländischen Asset Management-Aktivitäten der Commerzbank AG gegründet und ist seitdem eine hundertprozentige Tochter der Commerzbank. Aktuell verwaltet sie 55 Milliarden Euro, wovon 44% auf Privatkunden und 56% auf institutionelle Investoren entfallen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf europäischen Aktien- und Rentenfonds.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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