Fundamentale Nachricht
08:31 Uhr, 30.04.2015

China ─ das neue schwarze Loch der Finanzwelt?

China wurde lange Zeit als wichtiger Wachstumsmotor für die anderen Schwellenländer betrachtet, jedoch hat sich das Wirtschaftswachstum auf rund fünf Prozent abgekühlt.

Kopenhagen/Lyngby (BoerseGo.de) – „Vor nicht allzu langer Zeit betrug die jährliche Wachstumsrate Chinas über zehn Prozent, der Autoabsatz boomte, Markenartikelhersteller etablierten sich und der Appetit auf Konsumgüter schien unersättlich. Mit anderen Worten, die restliche Welt profitierte immens von Chinas schnellem Wachstum. Nun hat sich allerdings das Blatt gewendet und China verzeichnet eine schleppende Zunahme des Exportsektors, ein sehr schwaches Wachstum der industriellen Produktion sowie enttäuschenden Privatkonsum, wie Bo Bejstrup Christensen, Chief Analyst bei Danske Invest, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Zudem sänken Immobilienverkäufe, Immobilienpreise und Bauaufträge stetig. Entsprechend habe die chinesische Wirtschaft im ersten Quartal 2015 die schwächste Wachstumsrate seit der Finanzkrise im Jahr 2008 aufgewiesen. Dazu hätten verschiedene Faktoren beigetragen: So sei zum Beispiel die chinesische Regierung darauf fokussiert gewesen, eine Immobilienmarktblase zu verhindern. Die Kreditbedingungen für Hauskäufer seien verschärft und das Kreditwachstum eingedämmt worden. Dies zeige, dass der Abschwung auf dem Immobilienmarkt auch selbst verschuldet sei. Zudem habe die neue politische Führung ein Antikorruptionsprogramm eingeführt. Das habe unter anderem die Nachfrage nach Luxusgütern negativ beeinflusst, heißt es.

„Die Zinsrate ist in China noch immer relativ hoch. Die Staatswährung profitierte zudem vom erstarkenden Dollar. Dies zeigt, dass die chinesische Wirtschaft einer Folge negativer Schocks ausgesetzt war. Dabei war das Kreditwachstum auf 10-Jahressicht im ersten Quartal 2015 so gering wie seit zehn Jahren nicht mehr – nach einer langen Zeit mit jährlichen Raten von über 20 Prozent“, so Christensen.

Das Wachstum sei mit fünf Prozent gegenwärtig so niedrig, dass es unter Chinas langfristigem potentiellen Niveau von, geschätzt, sechs Prozent liege. Die Schwäche des Immobilienmarktes sei ein Hauptproblem, weshalb davon auszugehen sei, dass die Regierung sich darauf konzentrieren werde finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Deshalb sei eine weitere Lockerung der Wirtschaftsregulierungen zu erwarten, wobei eine Zinslockerung denkbar sei. Am relevantesten sei aber, dass der Zugang zu Hauskrediten schon erleichtert worden sei und daher von einem moderaten Kreditwachstum auszugehen sei, heißt es weiter.

„Diese Entwicklung macht China jedoch nicht zum schwarzen Loch der Finanzwelt: Da die chinesische Währung vermutlich nicht im gleichen Tempo aufwerten wird, kann mit einem wieder zunehmenden Wirtschaftswachstum gerechnet werden. Allerdings ist anzunehmen, dass die Staatsbehörden weiterhin die Korruption bekämpfen werden und ein Überhitzen des Immobilienmarktes vermeiden wollen. Entsprechend gehen wir davon aus, dass das chinesische Wachstum sich bei 6 bis 6,5 Prozent einpendeln wird. Jedoch wird das Wachstum nicht das Ausmaß früherer Jahre annehmen; die Konsumgüterpreise werden vergangene Höhen nicht erreichen. Hersteller von Luxusgütern müssen sich auf eine veränderte Nachfrage aus China einstellen“, so Christensen.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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