Kommentar
17:12 Uhr, 23.06.2014

Buy and Hold besser als Indexfonds?

Was wie eine Fangfrage klingt ist durchaus ernst gemeint. Einen Indexfonds zu kaufen und ewig zu halten hat streng genommen wenig mit Buy and Hold zu tun, schließlich ändert sich die Indexzusammensetzung regelmäßig. Was also, wenn man die Aktien ewig hält anstatt einen sich ändernden Index?

Seit 1935 ein Outperformer

Der Voya Corporate Leaders Trust Fund zeigt seit 1935 eine beeindruckende Performance. Der vor 80 Jahren gegründete Fonds beinhaltete die 30 größten Industriewerte. Die Idee dahinter war ziemlich einfach: Unternehmen, die die Große Depression überlebt haben, müssen wirklich gut sein.

Die Große Depression ist nun schon eine Weile her. Die Fondsphilosophie hat sich dennoch nicht geändert. Betrachtet man die Performance, dann ist diese größtmögliche Untätigkeit ziemlich erfolgreich gewesen. Wer damals 10.000 USD investierte, hätte heute deutlich mehr als bei einem Investment in den Dow Jones. Die Investition in den Dow Jones hätte aus 10.000 USD in dieser Zeit gut 1,5 Mio. gemacht. Bei einem Investment in den Voya Corporate Leaders Fund (Symbol LEXCX) wären es nun 5,6 Mio. Hätte man dann noch die Dividenden reinvestiert, dann stünde das Kapital bei knapp 17 Mio.

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Die jährliche Performance war zugegebenermaßen nicht in jedem Jahr besser als beim Dow Jones, aber sehr häufig. Einschränkend muss man sagen, dass die Outperformance in vielen Jahren auf die Reinvestition der Dividenden zurückzuführen ist. Ohne Reinvestition läge eine Outperformance noch immer in deutlich mehr als der Hälfte der Jahre vor, ist aber nicht mehr so überwältigend ausgeprägt wie in der Grafik dargestellt.

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Auf den ersten Blick kann man guten Gewissens sagen: Buy and Hold schlägt die US Indizes deutlich. Während die Performance von S&P und Dow Jones bei gut 6 % pro Jahr liegt, ist sie bei LEXCX bei ca. 10 %. Ein absoluter Beweis für den Erfolg von Buy and Hold ist das sicherlich nicht. In den unterschiedlichen Börsenphasen lag die Performance auch einmal merklich hinter jener der Leitindizes. In den 80er Jahren kam der Fonds nicht vom Fleck, während der Dow Jones ordentlich zulegen konnte. Seit 2003 holt der Fonds nun wieder massiv auf. Seit dem Tief 2003 legte der Fonds 193 % zu, der Dow Jones lediglich 124 %.

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„Kurzfristig“, also über einige Jahre hinweg, kann die Performance des Fonds hinter den Leitindizes hinterherhinken. Langfristig macht das anscheinend gar nichts. Bei einem Beobachtungszeitraum von 80 Jahren kann man auch nicht mehr behaupten, die Outperformance sei Zufall. Was aber wirklich besonders bemerkenswert ist: in den 80 Jahren hat nicht jedes Unternehmen überlebt. Einige sind in die Insolvenz gegangen. Und trotzdem ist die Performance so gut.

Ein Stück amerikanischer Industriegeschichte

Der Fonds ist nicht nur wegen seiner Rendite bemerkenswert. Mit der extremen Form von Buy and Hold bildet der Fonds auch einen Großteil der amerikanischen Industriegeschichte ab. Die wenigsten Unternehmen, die damals in den Fonds aufgenommen wurden, sind heute noch so, wie sie damals waren. Von den 30 Ausgangswerten sind nur noch 4 Originale. Das sind Du Pont, Union Pacific, General Electric und Procter & Gamble. Alle anderen Unternehmen haben Fusionen, Zerschlagungen und Übernahmen hinter sich. Aus der Position AT&T wurde vor einem Jahrzehnt eine AT&T und Comcast Position. AT&T übernahm Teile von Comcast, die später wieder separat gehandelt wurden.

Besonders spannend ist der Wandel der Geschäftsfelder. Westinghouse Electric versuchte sich zwischenzeitlich als Medienunternehmen. Sie kauften CBS von Viacom. CBS war ein Spin Off von Viacom. 2000 erwirbt Viacom CBS zurück. 2005 werden die beiden Unternehmen wieder getrennt.

Viele Unternehmen haben die 80 Jahre nicht überlebt, allerdings nicht, weil sie bankrott gegangen wären, sondern weil kräftig fusioniert und übernommen wurde. Einige Male wurde das von der ursprünglichen Gesellschaft übernommene Unternehmen zum größeren Partner. Woolworth übernahm z.B. Foot Locker. Nach einer kurzzeitigen Umbenennung des gemeinsamen Unternehmens in Venator Group wurde Woolworth letztlich zu Foot Locker. Die Marke Foot Locker erstand nach fast 30 Jahren wieder auf.

1935

1935-1959

1960-1979

1980-1999

2000-2014

Heute

The North American Company

1946 Spin Offs; verbleibende Unternehmensteile in Unicion Electric umbenannt

1997: Fusion mit Central Illinois Public Service zu Ameren

Ameren Corp.

AT&T

2002: Teilfusion mit Comcast

Comcast; AT&T

American Tobacco

1986 Unternehmen wird von American Brands gekauft; American Brands wird 1987 zu Fortune Brands

2011 Fortune Brands spaltet Unternehmensteil ab (Beam)

Beam und Fortune Brands

The Atchison Topeka Fe Railway

1995: Fusion mit Burlington Northern Railroad

2009: wird von Berkshire Hathaway übernommen

Berkshire Hathaway

Westinghouse Electric

Spin Off CBS von Viacom

1996: erwirbt CBS

2000: Viacom kauft CBS, 2005 spaltet sich Viacom auf in CBS und Viacom

Viacom; CBS

Standard Oil of California

1984: wird in Chevron umbenannt

Chevron

Consolidated Gas Company of New York

1936: in Consolidated Edison umbenannt

Consolidated Edison

Union Carbide & Carbon

1992: Spin Off von Union Carbide, Rest in Praxair umbenannt

2001: Dow Chemical kauft Carbide

Dow Chemical; Praxair

EL Du Pont de Nemours

EL Du Pont de Nemours

Standard Oil of New Jersey und Socony-Vacuum Oil Company

1955: Socony wird zu Scony Mobil Oil

1972:Standard Oil wird zu Exxon, 1965: wird zu Mobil Oil Corporation

1999: Exxon und Mobil fusionieren

Exxon Mobil

Woolworth

1974: Woolworth kauft Foot Locker

1998: Woolworth wird Venator Group

2001: Venator wird in Foot Locker umbenannt

Foot Locker

General Electric

General Electric

Allied Chemical & Dye Corp.

1999: von Honeywell gekauft

Honeywell

United States Steel

1982: Marathon Oil wird Tochtergesellschaft; US Steel wird in USX Corporation umbenannt

2002: Marathon Oil wird abgespalten; Rest wird wieder zu US Steel; 2005 Marathon wird 100 % Eigentümer von Marathon Ashland Petroleum, welches in Marathon Petroleum umbenannt wird; 2011 wird Marathon Petroleum wieder verkauft

Marathon Oil, Marathon Petroleum Company

Columbia Gas & Electric

2000: Fusion mit NiSource

NiSource

Procter & Gamble

Procter & Gamble

Union Pacific

Union Pacific

The New York Central Railroad Company, The Pennsylvania Railroad Company

1968: Zusammenschluss zu Penn Central; 1970: Insolvenz von Penn Central

Otis Elevator

1976: von United Technologies gekauft

UTC damals nicht börsennotiert?

International Harvester

1986: Zerschlagung nach beinahe-Insolvenz; nicht weiter börsennotiert

National Biscuit

1986: von R.J. Reynolds Tobacco gekauft, damals nicht börsennotiert

The United Gas Improvement Company

1968: Umbennenung in UGI Corporation

Mitte 80er Jahre: Originalgeschäft wird nicht weitergeführt; Aktie wird nicht weiter gehalten

American Can Company

1985: von Triangle Industries gekauft, damals nicht börsennotiert

The Bordan Company

1995: Leveraged Buyout; nicht mehr notiert; später von KKR gänzlich zerschlagen und abgewickelt

Sears, Roebuck & Company

1995: Geschäft wurde stark restrukturiert, Teile verkauft, Aktie wurde nicht weiter gehalten

Pacific Gas and Electric Company

2001: Bankrott

American Radiator & Standard Sanitary

2007: Zerschlagung

Eastman Kodak

2011: Insolvenz

Interessant ist auch der Untergang einiger der ganz großen Unternehmen. International Harvester war einmal einer der ganz großen Hersteller von Landmaschinen, Autos und Lastwagen. Der Niedergang dauerte in etwa 15 Jahre bis das endgültige Aus kam. Auch der endgültige Niedergang der Eisenbahn ist dokumentiert. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (Topeka Fe und Northern Railroad, die von Berkshire Hathaway übernommen wurden) blieb von den Unternehmen der industriellen Revolution wenig. Die New York und Pennsylvania Railroad Company schlossen sich noch 1968 zusammen, bevor sie nur zwei Jahre später endgültig bankrott waren.

Der Fonds zeigt einen guten Teil der Industriegeschichte der USA im vergangenen Jahrhundert. Ganz nebenbei ist der Performance überdurchschnittlich. Gibt es dazu ein Fazit? – Nicht wirklich. Es drängt sich lediglich der Verdacht auf, dass die Propaganda für Buy and Hold von Indexfonds etwas übersieht. Indizes richten sich nach gewissen Kriterien, meist Marktkapitalisierung und Handelsvolumen. Das sind einfache Kriterien, die allerdings eine gewisse voreingenommene Selektion zur Folge haben. Ist ein Sektor gerade gefragt, wie Tech Werte Ende der 90er Jahre, dann schaffen es solche Unternehmen in die großen Indizes. Solche Trends oder mittelfristig geliebte Sektoren kehren sich auch irgendwann wieder um. Oft kommen solche Unternehmen erst in die Indizes, wenn sie bereits eine enorme Performance hinter sich haben. Bei Apple wird erst jetzt über eine Aufnahme in den Dow Jones diskutiert. Von dem Unternehmen kann man nach der Vervielfachung kaum davon ausgehen, dass es sich noch einmal verzwanzigfachen wird.

Wer stur an seinen Aktien festhält, der hat nicht das Problem, dass er mit der Mode geht. Das führt kurzzeitig immer wieder zur Underperformance. Langfristig macht das nichts aus. Selbst Insolvenzen haben langfristig keinen negativen Effekt auf das Portfolio. Das ist eigentlich schon sehr bemerkenswert.

Viel Erfolg

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  • Danke für diesen wirklich sehr interessanten Artikel! Ich leite daraus mal ab, dass mein Fondssparen (über Sparplan) fürs Alter (Verteilung auf mehrere Fonds) nicht die schlechteste Variante ist ;)

    20:14 Uhr, 23.06.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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