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16:29 Uhr, 02.07.2014

Bundesregierung unterstützt IWF-Pläne für Schuldenstreichungen

Die Bundesregierung unterstützt die Pläne des IWF, wonach private Gläubiger künftig im Rahmen eines Schuldenschnitts an den Kosten einer Staatspleite beteiligt werden sollen. Dies würde die Maßnahmen der EZB konterkarieren.

Die Bundesregierung unterstützt die Pläne des IWF, wonach private Gläubiger künftig stärker an den Kosten einer Staatspleite beteiligt werden sollen. Die Stoßrichtung werde vom Bundesfinanzministerium generell positiv bewertet, sagte Jeromin Zettelmeyer, Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik im Bundeswirtschaftsministerium, der Wochenzeitung "Die Zeit". Es sei ein Verfahren für den Umgang mit überschuldeten Ländern nötig. Die Pläne des IWF gingen in die richtige Richtung.

Der IWF hatte kürzlich in einem neuen Papier Szenarien beschrieben, wie auf zukünftige Schuldenkrisen reagiert werden sollte. Demnach sollen Krisenländer in drei Gruppen eingeteilt werden: Staaten mit nur vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten sollen wie bisher Kredite erhalten. Wenn die Tragfähigkeit der Schulden unklar ist, soll die Laufzeit der anstehenden Anleihen verlängert werden. Offensichtlich überschuldeten Ländern soll sofort ein Teil der Schulden gestrichen werden. Die Gläubiger müssten dann auf rechtmäßige Ansprüche verzichten.

Die Sache mit dem Haken

Die Pläne des IWF sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Jede Anlage birgt Risiken und die Gläubiger müssen auch entsprechend dafür haften. Die Sache hat aber leider einen Haken. Und dieser Haken heißt EZB. Private Gläubiger wiegen sich derzeit in Sicherheit, weil Notenbank-Präsident Mario Draghi unmissverständlich klar gemacht hat, dass er alles notwendige tun wird um den Euro zu retten. Diese Aussage hat gereicht, um die Renditen von Staatsanleihen aus den Krisenländern in die Tiefe zu drücken. Die Pläne des IWF passen nicht in dieses Bild.

Sollten bei privaten Investoren Sorgen vor einem möglichen Schuldenschnitt aufkeimen, würden sie sich wieder von Staatspapieren trennen. Die Renditen würden entsprechend in die Höhe schnellen. Die EZB würde in diesem Fall vermutlich einspringen und Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufkaufen. Je mehr Staatsanleihen die EZB hält, desto größer müsste der Schuldenschnitt bei den privaten Gläubigern ausfallen, damit die Staatsverschuldung wieder auf ein erträgliches Niveau gesenkt werden kann. Dies könnte zu einer breiten Flucht aus Staatsanleihen führen und in einen Teufelskreis münden. Die immer wieder beschworene Ansteckungsgefahr, die von einem Schuldenschnitt in einem Land ausgehen könnte, dürfe künftig nicht mehr als Argument dagegen gelten, heißt es ausdrücklich in dem IWF-Papier. Letztendlich müsste sich dann wohl auch die EZB auf einen Schuldenschnitt einlassen. Die Zeche hätte der Steuerzahler zu zahlen.

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  • reinerle
    reinerle

    wunderbar! unsere verlogenen Politiker sehen den IWF auf dem richtigen Weg für Schuldenstreichungen? sind wir desshalb immer alle auf einem guten Weg?

    17:43 Uhr, 02.07.2014

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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