Kommentar
09:17 Uhr, 22.07.2014

Budget-Kollaps in den USA?

In den USA sieht die Welt momentan in Ordnung aus. Das wird sich ändern, wenn der US Kongress Recht behält.

Das CBO (Congressional Budget Office) - ein Ausschuss des Kongresses - gibt jedes Jahr im Sommer eine langfristige Prognose heraus. Die Prognosen beinhalten mehrere Segmente des US Haushalts und Faktoren, die die zukünftige Entwicklung beeinflussen können.

Das wichtigste Element des jährlichen Berichts sind sicherlich die Staatsschulden. Das CBO veröffentlich immer eine Prognose für die kommenden 25 Jahre. In einigen Bereichen geht die Prognose sogar noch weiter in die Zukunft. Besonders hilfreich ist es, dass sie in den Reports auch die Historie mitliefern. Chart 1 zeigt die Historie seit Beginn der Datenreihe 1790. Der Schuldenstand wird in Prozent des Bruttoinlandsproduktes angegeben.

Den ersten "Schuldenrausch" gab es Mitte des 19. Jahrhunderts zur Zeit des Bürgerkrieges. Der nächste begann mit dem Ersten Weltkrieg und setzte sich fast ungebrochen über den Zweiten Weltkrieg fort. Der jüngste Schuldenrausch ist ist uns allen bekannt. Er begann 2008 so richtig zu eskalieren.

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Das ist soweit nichts Neues. Interessant ist an der Historie allerdings eine etwas merkwürdige Entwicklung. Ich habe die CBO Prognosen aus den Vorjahren ausgegraben und mit den aktuellen Werten verglichen. Im Jahr 2012 lag der angegebene Schuldenstand für das Jahr 1946 bei 109 % des BIPs. Im aktuellsten Report ist der Schuldenstand in diesem Jahr auf mirakulöse Weise auf 104 % gesunken. Eigentlich sollte man vermuten, dass nach über 60 Jahren die Werte dann mal so langsam feststehen sollten...

Die Abweichungen in der Historie von Jahr zu Jahr sind noch verkraftbar, wenn auch sehr merkwürdig. Wirklich spannend ist die Entwicklung der Prognose seit dem Jahr 2012. Damals glaubte das CBO daran, dass die Schulden über die kommenden 25 Jahre signifikant abgebaut werden könnten. Inzwischen ist das vom Tisch. Die Kurve zeigt lediglich 2014 und 2015 eine Stagnation an. Danach geht sie wieder steil nach oben. In zwei Jahrzehnten ist dann der Rekord aus dem Jahr 1946 wieder erreicht. Setzt sich die Tendenz aus 2013 und 2014 fort (Korrektur der Kurve nach oben), dann wird dieser Rekordwert schon deutlich früher erreicht.

Woher kommt diese große Korrektur von 2012 auf 2013/14? Grafik 2 versucht das darzustellen. Die Einnahmenprognose wurde drastisch nach unten revidiert. 2012 ging man noch mit Einnahmen von knapp 22 % des BIPs im Jahr 2022 aus. Die aktuelle Schätzung liegt fast 4 Punkte darunter. Gleichzeitig wurde die Prognose für die Ausgaben angehoben.

Man muss nicht einmal bis ans Ende des Prognosezeitraums gehen (Prognosen für das Jahr 2088 kann man ohnehin nicht ernst nehmen), um zu sehen, dass die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben immens ist. Das CBO geht über die kommenden Jahre von einem strukturellen Defizit von 3,5 % pro Jahr aus. Dieses Defizit würde nach 2020 auf 5 % wachsen und schließlich bei 10 % enden - das alles ganz ohne Wirtschaftskrise.

Ging das CBO 2012 noch von einem langfristig ausgeglichenen Haushalt aus, wächst das Defizit nach den neuesten Prognosen unaufhaltsam weiter. Wenn selbst die Politiker nicht an den Schuldenabbau glauben, dann heißt das schon was. Der Fairness halber muss man sagen, dass die Prognosen in einigen Jahren wieder genauso gut in die andere Richtung korrigiert werden können. Die Bemühungen Steuern zu erhöhen scheitern seit Jahren. Ausgegeben wird trotzdem weiter kräftig, obwohl automatische Kürzungen in Kraft getreten sind.

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Der Schuldenstand erreicht den Prognosen nach ziemlich bald ein Niveau, das man wirklich nicht mehr als nachhaltig oder Tragfähig bezeichnen kann. Neben den in der Grafik gezeigten Schuldenstand der Regierung in Washington kommen ja noch diverse andere Beträge aus Bundesstaaten, Städten etc. Aktuell kann man noch einmal 30 % des BIPs auf den Schuldenstand draufschlagen. Würden diese Schulden ebenso schnell wachsen wie die Washingtons, dann lägen wir in weniger als zwei Jahrzehnten bei einem Schuldenstand von 140 % des BIPs. Das sind schon griechische Verhältnisse. Der Spielraum der Regierung wird da sicherlich nicht größer.

Zusammenbrechen werden die USA deswegen wahrscheinlich nicht. Andere Länder können ebenfalls mit enormen Schuldenbergen leben (Italien hat schon seit Ewigkeiten keinen Schuldenstand unter 100 % gesehen). Trotzdem ist die Prognose etwas ernüchternd.

Das CBO liefert noch weitere sehr aufschlussreiche Prognosen. Dazu in Kürze mehr. TEST

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  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Hauptsächlich verantwortlich für die Schuldenspirale ist die desaströse Gesundheitsreform Obama's.

    Bemerkenswert an dem CBO-Report ist aber vor allem folgender Satz:

    "For the 2014–2039 period, the real interest rate on 10-year Treasury notes is projected to average 2.5 percent and the rate for all federal debt held by the public is projected to average 1.7 percent"

    Das CBO schreibt einfach das Niedrigzinsumfeld weiter - nicht auszudenken wenn sich hier nur etwas größere Abweichungen ergeben würden.

    16:32 Uhr, 22.07.2014
  • Protheus
    Protheus

    Sehr geehrter Herr Schmale,

    eine Idee für die weitere Recherche: Der Schuldenstand in Dollar wird schon feststehen. Was eventuell nicht feststeht, ist die Berechnungsweise des BIP, das vielleicht auch rückgerechnet wurde, womit sich die Abweichung ergeben könnte.

    Außerdem hat sich bei "Begann" ein kleiner Typo eingeschlichen:

    "Der nächste Begann mit dem Ersten Weltkrieg und..."

    Beste Grüße!

    12:42 Uhr, 22.07.2014
  • Löwe30
    Löwe30

    Hallo Clemens Schmale,

    Sie haben sicher Recht, wenn Sie schreiben: "Andere Länder können ebenfalls mit enormen Schuldenbergen leben".

    Die Frage ist nur, ob die Schulden nicht weiter so rasant steigen, wie zu Zeiten des 2. Weltkriegs. Das mag zunächst einmal unwahrscheinlich klingen, dennoch ist zu bedenken, dass der Anstieg der Schulden nach 2007 vergleichbar steil nach oben verläuft, wie zu Zeiten des 2. Weltkriegs, wenngleich er noch nicht die Höhe wie 1944/45 erreicht hat. Was kann diesen Anstieg bremsen? Ein Wirtschaftsaufschwung, natürlich. Wie soll es dazu kommen? Indem Billionen Dollar aus dünner Luft geschöpft wurden/werden? Wie lange wird es dauern, bis das jetzige Tapering der FED durch öffnen neuer QE-Programme - die vielleicht nur einen anderen Namen bekommen - abgelöst wird? Wird durch das jetzige Tapering nicht eine Belebung der Wirtschaft im Keim erstickt? Ist die FED dann nicht wieder gezwungen weitere Billionen Dollar aus heißer Luft zu schöpfen?

    Wie lange kann so etwas gut gehen?

    Dazu ein interessanter Vortrag von Michael von Prollius

    Wenn auch nicht direkt vergleichbar, aber gewisse Parallelen sind zu erkennen. Jeder, der sich über das heutige geschehen bezüglich Geldpolitik ein Bild machen will, sollte die Geschichte der verdeckten Inflationspolitik der Nationalsozialisten, die Michael von Prollius sehr minutiös aufgearbeitet hat, kennen.

    Um zu verstehen, warum Geldschöpfung, so wie sie heute weltweit betrieben wird, zu einer Verarmung der Volkswirtschaft führt und in einer Staatspleite mit Währungsreform und Enteignung der Bürger enden muss, solle man sich den Vortrag von Prof. Thorsten Polleit

    "Papiergeld und Boom & Bust"

    zu Gemüte führen. Auch die Grafiken, die er in seinem Vortrag erklärt, sollten Volkswirte kennen.

    11:43 Uhr, 22.07.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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