Fundamentale Nachricht
08:10 Uhr, 05.09.2019

Brexit: Probleme sind vorprogrammiert

Boris Johnsons halbherziger Versuch das Parlament zu suspendieren, erscheint den Finanzexperten der DWS prädestiniert zu sein, nach hinten loszugehen.

Frankfurt (GodmodeTrader.de) - Die Wahrscheinlichkeit eines ungeordneten „No-Deal" Brexits ist aus Sicht der Finanzexperten der DWS mit der Suspendierung des britischen Parlaments nicht wesentlich gestiegen. „Sie liegt aus unserer Sicht derzeit bei 20 Prozent“, wie es im aktuellen „CIO View“ heißt.

Indem sich Johnson rücksichtslos über etablierte Verfassungsnormen hinwegsetze, könnte es im Gegenteil dazu kommen, dass er dadurch seinen Gegnern helfe. Was den verärgerten Abgeordneten angesichts des verordneten Zwangsurlaubs nun an Zeit fehle, könnten sie durch die zusätzliche Motivation schnell eine gemeinsame Linie gegen Johnson zu finden, mehr als ausgleichen, heißt es weiter.

„Im Gegensatz dazu müssen wir anerkennen, dass die von uns vertretene 25-prozentige Wahrscheinlichkeit eines geordneten, aber ‚harten Brexits‘ täglich schwieriger zu rechtfertigen ist. Dieser Ausgang würde aus einer im Sinne John-sons leicht abgeänderten Version des Austrittsabkommens bestehen, die vom House of Commons verabschiedet wird. Angesichts der unbeständigen Situation in Westminster haben wir die Möglichkeit eines ‚weichen Brexits‘ noch nicht abgeschrieben. So könnte das Vereinigte Königreich etwa Mitglied der EU-Zollunion oder gar des europäischen Binnenmarktes bleiben. Eine solche Lösung nach norwegischem Vorbild wäre übrigens auch genau das, was Johnson und Farage ihren Wählern im Vorfeld der Brexit-Abstimmung versprochen hatten“, so die DWS-Finanzexperten.

Alles in allem schienen Boris Johnson und sein Imageberater Dominic Cummings vor allem darauf fokussiert zu sein, die täglichen Schlachten in den Medien zu gewinnen. Ein längerfristiger, schlüssiger Schlachtplan, scheine kaum erkennbar – aber jede Menge mögliche Fallstricke, die sie sich selbst unwissentlich bereits für die kommenden Wochen und Monaten gelegt hätten. Dies scheine kaum ein Rezept zu sein, um einen Brexit in irgendeiner Form überhaupt zu liefern, geschweige denn um Wahlen zu gewinnen. Es könnte jedoch durchaus dazu führen, dass das Vereinigte Königreich Mitglied der EU bleibe - ein Szenario, dem wir derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent zuordnen. Die Ereignisse der letzten Tage hätten die Wahrscheinlichkeit eines Verbleibs tendenziell sogar noch erhöht, heißt es weiter.

„Bereits 1867 beschrieb Frederic Thesiger, 1. Baron Chelmsford und damaliger Lordkanzler die Suspendierung des Parlaments als ‚eine eigentlich langweilige Angelegenheit, die aber mitunter für Unannehmlichkeiten sorgt‘. An Unannehmlichkeiten dürfte es Team Johnson in den kommenden Wochen jedenfalls nicht mangeln. Da scheint fraglich, ob Boris Johnson sich den Versuch, das Parlament in den Zwangsurlaub zu schicken, gut überlegt hat oder ob dieser nach hinten losgehen wird“, so die DWS-Finanzexperten. Jedenfalls gelte, was Johnson und so mancher seiner Mitstreiter bereits über den ‚No Deal‘-Brexit gesagt haben: „Probleme sind vorprogrammiert“.

2 Kommentare

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  • wizardmw
    wizardmw

    Was soll das ganze hin und her eigentlich? Es war und ist des Volkes Wille raus zu gehen. Außerdem ist das nur Panikmache vom Mainstream weil die verbleibenden EU-Mitglieder die eigentliche Angst haben vorm Brexit. Außerdem kann UK einfach nach den Regeln der WTO ganz normalen Handel betreiben, so wie alle anderen nicht EU-Länder dieser Welt auch. Und wenn uns das ganze nicht funktionierenden EU-Gebilde um die Ohren fliegt, werde die Insulaner uns alle auslachen. Das ganze Taktieren ist einfach nur eine Schande für die Demokratie.

    08:58 Uhr, 05.09.2019
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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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