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10:14 Uhr, 28.11.2012

Börsenexperte: Krisenmanagement ist "doppelzüngig"

Frankfurt (BoerseGo.de) - Der Börsenexperte und Geschäftsführer der Finanzethos GmbH, Dirk Müller, hat die Verabschiedung immer neuer Sparpakete für Krisenländer in der Eurozone als falsch und kreativlos bezeichnet. Das führe in die falsche Richtung, sagte Müller im Interview mit „Börse Online“. Reformen seien zwar notwendig, sollten aber von Konjunkturhilfen begleitet werden. Insbesondere mit der Politik des Internationalen Währungsfonds kann sich Müller wenig anfreunden. Denn dieser bürde einerseits Ländern wie Italien, Spanien oder Griechenland drakonische Sparmaßnahmen auf, andererseits rate er aber dem global größten Schuldner - den USA - von Sparmaßnahmen ab und rege zum Investieren an. „Ein unglaublicher Fall von Doppelzüngigkeit“, so Müller. „Europa zerschlägt seine industriellen Strukturen, obwohl klar ist, dass die Schuldenproblematik dadurch nicht gelöst wird. Dagegen sanieren die USA ihre Industrien, weil sie wissen, dass Inflation kein Dogma ist“.

Beim Thema ,Inflation“ schwimmt Müller gegen den Strom. Dies sei kein Übel. Er hält eine „kontrollierte Rate zwischen sieben und acht Prozent“ sogar für dringend notwendig, um „unsere Systeme wieder in Gang zu bringen, begleitet von steigenden Löhnen und Renten“. In Griechenland gerieten die Unternehmen zudem zunehmend in die Zange zwischen steigenden Rohstoffkosten und einer fehlenden Preisverhandlungsmacht. Solch ein „Stagflationsszenario“ sei eine Katastrophe für die ökonomische Entwicklung in dem Land.

Möglichkeiten für die angeschlagene griechische Wirtschaft sieht Müller vor allem aufgrund der großen Erdgas- und Rohölvorkommen in dem Land. Mit Hilfe von europäischen Fördermitteln und privatem Kapital könnten Unternehmen wie Wintershall oder Eni gemeinsam mit griechischen Firmen diese Reservoirs anzapfen. Warum dies nicht passiere, sei nicht nachvollziehbar. Es dränge sich hier Verdacht auf, dass man Griechenland an die Wand drücken wolle, bis kein Ausweg mehr bleibe, als die Förderrechte zu verramschen, mutmaßte Müller. Weiteres Potenzial für Südeuropa berge zudem die europaweit beschlossene Energiewende.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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