BMF-Schreiben zu Kryptosteuern: Die vier wichtigsten Takeaways
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Dieser Beitrag erschien im DACH Insider Ausgabe 14 am 16.03.2025. Der DACH Insider ist das Insider-Journal für die deutschsprachige Digital Assets Industrie. Jeden zweiten Sonntag liefern wir exklusive Analysen und Hintergrundberichte aus dem DACH-Raum.
Nach fast drei Jahren hat das deutsche Bundesministerium der Finanzen (BMF) sein neuestes Schreiben zur Besteuerung von Kryptowerten veröffentlicht – mit einigen wesentlichen Klarstellungen, aber auch neuen Anforderungen für Anleger.
Während sich grundlegende Regelungen nicht verändert haben, präzisiert das Dokument zentrale Definitionen, bestätigt bestehende Steuerprinzipien und führt erstmals strikte Nachweis- und Mitwirkungspflichten ein.
Wir haben das Schreiben analysiert, das Urteil einer Steuerexpertin eingeholt und für deutsche Krypto-Anleger die vier wichtigsten Takeaways rund um die Besteuerung von Staking, Lending und Airdrops zusammengefasst.
Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich informativen Zwecken und stellt keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Die Inhalte wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, ersetzen jedoch keine professionelle Steuerberatung. Für individuelle steuerliche Fragen empfehlen wir, sich an qualifizierte Fachberater zu wenden.. Ein besonderer Dank gilt den Steuerexpert:innen Afra Stöhr, Matthias Steger und Werner Hoffmann für ihre wertvolle Unterstützung bei der Einordnung der neuen Regelungen.
BMF-Schreiben: Die vier wichtigsten Takeaways
1 | Strenge Nachweis- und Mitwirkungspflichten
Was bisher galt: Vor dem neuesten BMF-Schreiben existierten keine einheitlichen und detaillierten Vorgaben zur Dokumentation von Kryptotransaktionen. Steuerpflichtige mussten zwar grundsätzlich ihre Einkünfte erklären, aber es fehlten klare Standards, wie Kryptowerte nachzuweisen waren.
Was nun gilt: Laut dem neuen BMF-Schreiben müssen alle Krypto-Transaktionen vollständig und nachvollziehbar dokumentiert werden. Fehlende Nachweise können dazu führen, dass das Finanzamt die Gewinne schätzt – in der Regel eher zu hoch als zu niedrig. Wer keine lückenlose Dokumentation vorlegen kann, riskiert daher hohe Steuernachzahlungen.
Entscheidend sind dabei unter anderem Angaben wie Kauf- und Verkaufszeitpunkt, Tokenmenge und Kurswert – unabhängig davon, ob die Transaktion auf einer zentralisierten (CEX) oder einer dezentralen Börse (DEX) stattgefunden hat.
2 | Staking & Lending: Klarere Regeln
a) Lending
Was bisher galt: Lending-Zinsen gelten steuerlich als sonstige Einkünfte und müssen bereits zum Zeitpunkt des Zuflusses versteuert werden. Das bedeutet, dass die erhaltenen Tokens mit ihrem aktuellen Marktwert besteuert werden – unabhängig davon, ob sie direkt verkauft oder weiter gehalten werden. Anleger müssen also Steuern auf ihre Lending-Erträge zahlen, selbst wenn sie die erhaltenen Tokens gar nicht veräußern.
Zu beachten ist ebenfalls, dass Lending unter Umständen als gewerbliche Tätigkeit eingestuft und entsprechend besteuert werden kann – etwa dann, wenn es systematisch und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.
Was nun gilt: Das neue Schreiben des BMF konkretisiert diese Punkte eindeutig und räumt somit einige Unklarheiten bezüglich der Besteuerung beim Lending aus. Eine weitere wichtige Klarstellung betrifft die Haltefrist der beim Lending eingesetzten Tokens: Zudem bestätigt das Schreiben eine weitere bestehende Regelung: Die Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre gilt nicht für Tokens, die in Lending-Protokollen hinterlegt sind.
Beispiel:
- Ein Anleger kann seine BTC auf Lending-Märkten wie Aave hinterlegen, ohne dass sich etwas an der Haltefrist seiner Assets ändert.
- Im Laufe eines Monats erhält der Nutzer nun 0,1 BTC als Lending-Zinsen, deren Marktwert zum Zeitpunkt des Zuflusses 8.000 € entspricht.
- Diese 8.000 € müssen sofort als sonstige Einkünfte versteuert werden – selbst wenn der Anleger die 0,1 BTC nicht verkauft (zum Beispiel mit 30% Einkommensteuer = 2.400 € Steuerlast).
- Verkauft der Anleger die 0,1 BTC später, beispielsweise für 10.000 €, muss er den zusätzlichen Gewinn von 2.000 € versteuern – sofern der Verkauf innerhalb eines Jahres nach dem Zufluss erfolgt. Nach Ablauf der einjährigen Haltefrist bleibt der Gewinn steuerfrei.
b) Staking
Was bisher galt: Ähnlich wie beim Lending wurden auch hier die Begriffe genauer definiert und bestehende Regelungen zum Großteil bestätigt.
Was nun gilt: Auch beim Staking wurde bestätigt, dass sich die Haltefrist für gestakte Tokens nicht auf zehn Jahre verlängert. Zwar hat das BMF bereits zuvor zwischen passivem und aktivem Staking – dem sogenannten 'Forging' – unterschieden, doch Ersteres wurde erstmals unter einem eigenen Begriff behandelt:
- Passives Staking: Hierbei stellen Nutzer lediglich ihre Tokens zur Netzwerkabsicherung bereit, zum Beispiel über Liquid-Staking-Protokolle wie Lido. Die erhaltenen Rewards gelten als Einkünfte aus privater Vermögensverwaltung und werden als sonstige Einkünfte besteuert. Die Versteuerung erfolgt zum Zeitpunkt des Zuflusses anhand des aktuellen Marktwerts.
- Aktives Staking: Dabei betreibt der Nutzer einen eigenen Validator und beteiligt sich direkt an der Blockerstellung. Die erhaltenen Rewards werden – wie beim passiven Staking – zum Zeitpunkt des Zuflusses mit ihrem Marktwert versteuert. Allerdings kann aktives Staking in manchen Fällen als gewerbliche Tätigkeit eingestuft werden, wenn es systematisch und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Dadurch würden die Erträge als gewerbliche Einkünfte eingestuft. Außerdem würden die beim Staking eingesetzten Kryptowerte als Betriebsvermögen gelten, wodurch die Haltefrist nicht mehr anwendbar wäre.
Beispiel:
- Ein Anleger stakt 10 ETH über ein Jahr über Lido (passives Staking).
- Am Jahresende erhält der Anleger 0,5 ETH in Staking-Rewards, die zum Zeitpunkt des Zuflusses 1.000 € wert sind. Diese 1.000 € müssen als sonstige Einkünfte versteuert werden – unabhängig davon, ob die ETH verkauft werden oder nicht.
- Verkauft der Anleger die 0,5 ETH später für 1.500 €, beträgt der zusätzliche Gewinn 500 € (1.500 € Verkaufspreis minus 1.000 € ursprünglicher Wert). Dieser Gewinn ist steuerpflichtig, wenn der Verkauf innerhalb eines Jahres erfolgt. Hält der Anleger die ETH länger als ein Jahr, bleibt der Gewinn steuerfrei.
- Das gleiche gilt für das aktive Staking. Darüber hinaus würde das Finanzamt prüfen, ob die Tätigkeit des Stakers als gewerblich einzustufen ist – in dem Fall wären die 0,5 ETH als Betriebseinnahmen zu verbuchen und etwaige Kosten (Server, Strom) könnten gegengerechnet werden.
Klare Regeln zum Claiming
Die wichtigste Änderung sowohl beim Staking als auch Lending bezieht sich auf die genaue Besteuerung der generierten Rewards. So wurde festgelegt, dass die Rewards zum Zeitpunkt des Claims besteuert werden müssen – also beim Zufluss in die Wallet.
Bisher galt die verbreitete Annahme, dass nicht geclaimte Rewards steuerfrei bleiben. Doch das BMF hat nun klargestellt, dass alle Rewards spätestens zum 31.12. eines jeden Jahres besteuert werden – unabhängig davon, ob sie zuvor geclaimt wurden.
Eine Ausnahme gilt nur für nicht-transferierbare Tokens. In diesem Fall entfällt die Steuerpflicht.
3 | Klarere Unterscheidung von Token-Typen
Was bisher galt: Grundsätzlich unterscheidet die Finanzaufsicht zwischen drei verschiedenen Token-Typen:
a) Payment / Currency Token
Hierzu zählen Bitcoin, Ethereum und andere Tokens, die primär als Zahlungsmittel verwendet werden. Werden sie für Zahlungen genutzt, gilt das steuerlich als Veräußerung und führt zu einer Steuerpflicht. Liegt zwischen Kauf und Nutzung weniger als ein Jahr, muss ein Gewinn versteuert werden. Nach einem Jahr ist der Verkauf oder die Verwendung steuerfrei.
Beispiel:
- Ein Anleger kauft im März 2025 1 ETH für 2.000 €.
- Im Juni 2025 bezahlt er mit diesem ETH ein Produkt im Wert von 2.500 €. Diese Zahlung gilt steuerlich als Veräußerung des ETH zum Preis von 2.500 €.
- Der daraus resultierende Gewinn von 500 € ist zu versteuern, da zwischen Kauf und Verkauf weniger als ein Jahr liegt.
- Hätte der Anleger sein ETH länger als 1 Jahr gehalten, wäre kein Gewinn zu versteuern gewesen.
b) Utility Token
Diese gewähren bestimmte Nutzungsrechte, z. B. Zugang zu einer Plattform, Software oder Vergünstigungen, oder können gegen Waren oder Dienstleistungen eingelöst werden. Wird der Token für die vorgesehene Leistung genutzt, gilt das nicht als steuerpflichtiger Verkauf. Wird er jedoch gehandelt oder gegen andere Kryptowährungen getauscht, gilt die einjährige Spekulationsfrist. Ein Verkauf innerhalb eines Jahres ist steuerpflichtig, danach bleibt der Gewinn steuerfrei.
Beispiel:
- Ein Nutzer erhält einen Utility Token, der als Eintrittskarte für ein Konzert dient.
- Er tauscht den Token gegen das Ticket ein – dabei fällt keine Steuer an, da keine entgeltliche Veräußerung an Dritte vorliegt.
- Verkauft der Nutzer denselben Token dagegen nach drei Monaten mit Gewinn an jemand anderen weiter, muss er den Gewinn versteuern, weil die einjährige Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen ist.
c) Security Token
Security Token sind mit Wertpapieren vergleichbar und können zum Beispiel Eigenkapital- oder Schuldverschreibungsrechte verbriefen. Enthält ein Token eine Kapitalforderung, etwa auf Zinsen oder Rückzahlung, zählen die Erträge und Verkaufsgewinne zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Verkauf unterliegt der Abgeltungsteuer (25 %), unabhängig von der Haltedauer – eine Spekulationsfrist gibt es hier nicht. Hat der Token dagegen nur einen Anspruch auf eine Ware oder Dienstleistung, wird er steuerlich wie ein Utility Token behandelt. In diesem Fall kann ein Verkauf nach einem Jahr steuerfrei sein.
Beispiel:
- Ein Startup emittiert 2025 einen Security Token, der einem Aktienanteil entspricht. Ein Anleger erwirbt 100 Token im Rahmen des Verkaufs.
- 2027 verkauft der Anleger seine 100 Token mit Gewinn. Obwohl mehr als ein Jahr vergangen ist, muss der Veräußerungsgewinn versteuert werden – der Token wird wie eine Aktie behandelt und fällt unter die 25 % Abgeltungsteuer.
Was nun gilt: Diese Unterscheidungen bleiben weiterhin bestehen, wobei die einzelnen Definitionen und ihre steuerliche Behandlung leicht nachgeschärft wurden.
4 | Besteuerung von Airdrops
Was vorher galt: Bei der Besteuerung von Airdrops unterscheidet die Finanzaufsicht zwischen zwei Arten von Airdrops:
a) Airdrops ohne Gegenleistung
Handelt es sich um einen Airdrop ohne Zutun des Empfängers, also ohne Gegenleistung, fällt zunächst keine Steuer an.
Beispiel:
- Ein Anleger erhält 10 XYZ-Token via Airdrop, ohne irgendetwas dafür tun zu müssen. Beim Zufluss besteht keine Steuerpflicht – der Anleger muss den Erhalt nicht versteuern.
- Drei Monate später verkauft der Anleger die 10 XYZ-Token für insgesamt 1.000 €. Da die Token mit 0 € Anschaffungskosten angesetzt wurden, gelten die gesamten 1.000 € als Gewinn und sind zu versteuern.
- Hält der Anleger die Tokens hingegen länger als 1 Jahr, kann die Veräußerung steuerfrei sein, da die Haltefrist abgelaufen ist.
b) Airdrops mit Gegenleistung
Muss der Nutzer eine aktive Handlung vornehmen, wie das Erfüllen bestimmter, ihm bekannter Aufgaben auf einer Plattform, wird der Airdrop als steuerpflichtige Gegenleistung eingeordnet.
Beispiel:
- Ein Nutzer nimmt an einer Promo-Aktion teil und erhält dafür 50 ABC-Tokens. Zum Zeitpunkt des Airdrops haben diese einen Marktwert von 500 €, die er sofort beim Zufluss als sonstige Einkünfte versteuern muss.
- Verkauft er die Tokens später für 800 €, sind nur die zusätzlichen 300 € als Gewinn steuerpflichtig, falls der Verkauf innerhalb eines Jahres nach dem Airdrop erfolgt. Hält er sie länger als ein Jahr, bleibt dieser Verkaufsgewinn steuerfrei.
Was nun gilt: An dieser Unterscheidung hat sich grundsätzlich nichts geändert. Nach wie vor ist nicht eindeutig definiert, was die Finanzaufsicht als Gegenleistung betrachtet, sodass die Entscheidung stets vom individuellen Fall abhängt. Diese nun strengere Dokumentationspflicht betrifft auch Airdrops. Steuerpflichtige müssen nachweisen, unter welchen Umständen sie die Kryptowerte erhalten haben, um die steuerliche Behandlung korrekt bestimmen zu können.
Der Take einer Steuerexpertin
Afra Stöhr
Steuerberaterin & Partnerin, swtax
Das neue BMF-Schreiben bringt zwar mehr Klarheit, erhöht aber gleichzeitig die Bürokratie. Es enthält keine großen Überraschungen oder Neuerungen, ist aber dennoch ein Schritt in die falsche Richtung. Anstatt Prozesse zu vereinfachen, wird die Steuerlast durch komplexe Nachweispflichten weiter verschärft. In Deutschland fehlt das Verständnis, dass viele Krypto-Gewinne reine Buchgewinne sind – ihre vollständige Besteuerung kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.
Von dem Schreiben profitieren am ehesten langfristige Investoren, die Token kaufen und einfach halten, da die Steuerfreiheit nach einem Jahr bestehen bleibt und der administrative Aufwand für sie überschaubar ist. Schwieriger wird es für aktive On-Chain-Nutzer – genau die, die oft Innovationen vorantreiben. Sie müssen nun erheblichen Mehraufwand leisten, um alle Transaktionen compliant abzubilden, wobei viele Detailfragen weiterhin offen bleiben.
Statt immer neuer Hürden brauchen wir Regelungen, die eine realistische und praxistaugliche Besteuerung sicherstellen, ohne Innovation auszubremsen. Wenn Deutschland als Standort wettbewerbsfähig bleiben will, sind attraktivere Rahmenbedingungen dringend nötig – insbesondere, da sich geopolitische Verschiebungen abzeichnen und der wirtschaftliche Wettbewerb mit den USA unter Trump weiter zunehmen wird.
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