Kommentar
14:22 Uhr, 26.04.2022

Bei diesen Daten hilft nur ein Wunder

Eine ganze Reihe an Indikatoren sendet Warnsignale, die nicht weniger als einen Wachstumsschock andeuten.

Wirtschaftlich geht es den USA noch gut. Was sich in den kommenden Monaten andeutet, ist allerdings nicht weniger als eine Vollbremsung und dies, obwohl die USA vom Ukrainekrieg wirtschaftlich weniger betroffen sind als Europa. Man kann sich ansatzweise vorstellen, wie es erst in Europa kommen muss.

Ende 2021 wuchs die US-Wirtschaft noch 5,5 % gegenüber dem Vorjahr. Das ist ein sehr hoher Wert und der Pandemie geschuldet. Aufgrund niedriger Vergleichswerte im Vorjahr sind die Wachstumswerte beeindruckend. Dass sie nicht so hoch bleiben werden, ist keine Überraschung. Wie tief die Werte jedoch sinken können, dürfte viele verwundern.

Will man wissen, wohin sich das Wachstum entwickelt, lohnt ein Blick auf den Einkaufsmanagerindex für die USA (ISM Index, Grafik 1). Über weite Strecken sind Wirtschaftswachstum und ISM Index nicht voneinander zu unterscheiden. Bereits jetzt fällt der ISM Index, ist mit einem Punktestand von 57,1 aber noch solide im Expansionsbereich (=Werte über 50).

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Der Index beschreibt die Lage. Dass diese gut ist, bezweifelt niemand. Für die Börse ist jedoch relevant, was sein wird. Der erwartete Auftragseingang gibt darüber Aufschluss. Dieser befindet sich im Gebiet der regionalen Notenbank von Philadelphia im freien Fall. Der ISM Index folgt dieser Entwicklung mit sechs Monaten Verzögerung (Grafik 2).

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Der regionale Index ist volatiler als der ISM Index, der das gesamte Land abbildet. Der Trend ist jedoch der gleiche. Früher oder später folgt der ISM Index dem Auftragseingang. Impliziert werden derzeit Werte, die maximal bei der Expansionsgrenze von 50 Punkten liegen. Wahrscheinlicher sind Werte darunter.

Das Bild bestätigt sich auch in anderen Notenbankbezirken. Der Empire State Index (New Yorker Notenbankbezirk) zeigt beim erwarteten Auftragseingang ebenfalls deutlich nach unten (Grafik 3). Auch hier gilt: Die Lage ist noch gut, der Ausblick ist katastrophal.

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Die US-Wirtschaft steht vor einer rasanten Abkühlung. China kämpft derweil immer noch mit Lockdowns und bietet keinen Rückenwind für die Weltwirtschaft. In Europa hat sich der Ausblick nicht zuletzt wegen des Krieges und massiv steigender Energiekosten eingetrübt. Die Exporterwartungen für Deutschland sind auf Krisenniveau. Da Deutschland ein Exportland ist, gibt die Exporterwartung eine Richtung für den Welthandel vor (Grafik 4).

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Die Abkühlung betrifft nicht nur die USA, Europa und China, sondern letztlich jeden Winkel der Erde. Da hilft es auch nicht gerade, dass Konjunkturmaßnahmen auslaufen. Die Staatsausgaben sind immer noch hoch, aber nicht mehr so hoch wie inmitten der Coronakrise. Das bedeutet, dass es fiskalischen Gegenwind gibt. In den USA zieht dieser 2-3 % vom Wachstum ab (Grafik 5).

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Betrachtet man die Indikatoren isoliert, kann man nur auf ein Wunder hoffen. Das Wunder ist möglicherweise näher als man denkt. Die jüngsten Daten sind immer noch stark vom Kriegsschock geprägt. Es besteht die Möglichkeit, dass sie eine emotionale Komponente widerspiegeln. Man kann auf die Aprildaten hoffen. Kommt es zu keiner Gegenreaktion, sollte man als Anleger nervös werden.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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