Kommentar
10:17 Uhr, 19.06.2015

Bank-Run in Griechenland

Wegen des ungelösten Schuldenstreits räumen die Griechen ihre Konten leer. Das Tempo der Abhebungen hat sich zuletzt weiter beschleunigt.

Wegen des ungelösten Schuldenstreits hat der Kundenansturm auf die griechischen Banken in den letzten Tagen offenbar erneut Fahrt aufgenommen. Mehrere Quellen berichten, dass die Griechen ihre Konten leerräumen. Allein gestern sei mehr als eine Milliarde Euro von den Konten abgehoben worden. Zwischen Montag und Mittwoch sollen es zwei Milliarden Euro gewesen sein. Damit erreichen die Mittelabflüsse ein neues Niveau.

Wie Bloomberg unter Berufung auf mehrere mit der Sache vertraute Personen berichtet, wird der geldpolitische Rat der EZB an diesem Freitag zur Mittagszeit eine Not-Telefonkonferenz wegen der akuten Geldnot der griechischen Banken abhalten. Es solle über eine Aufstockung der Notfinanzierung beraten werden. Die griechische Zentralbank habe um eine weitere Erhöhung der ELA-Kredite um mehr als drei Milliarden Euro gebeten, heißt es. Erst am Mittwoch hatte die EZB eine weitere Erhöhung der ELA-Notkredite um 1,1 Milliarden auf 84,1 Milliarden Euro bewilligt.

Ohne zusätzliche Liquidität könnte den Banken in Griechenland schon am Wochenende das Geld ausgehen. EZB-Ratsmitglied Benoit Coeure soll während der Sitzung der Euro-Finanzminister in Luxemburg gesagt haben, dass er sich nicht sicher sei, ob die griechischen Banken am Montag wieder öffnen können. "Es ist nicht mehr 5 Minuten vor 12, sondern 5 Sekunden vor 12", heißt es aus Zentralbankkreisen. Solche Äußerungen sind sehr gefährlich, da sie einen Bank-Run noch zusätzlich befeuern können. Die griechische Regierung hat die Meldungen über eine mögliche Schließung der Banken deshalb auch als Versuch einer Destabilisierung des Landes kritisiert. Mit solchen Berichten werde der Druck auf die Regierung erhöht, die Reform- und Sparforderungen der Gläubiger zu akzeptieren.

Verhandlungen auf Montag vertagt

Nach Angaben von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ist eine Einigung mit Griechenland weiterhin nicht in Sicht. Die griechische Seite habe zu wenige Vorschläge für Maßnahmen auf den Tisch gelegt, die verlässlich und ernsthaft genug seien, sagte Dijsselbloem am Donnerstagabend. Es soll nun am Montag einen weiteren Anlauf geben, um den Schuldenstreit zu lösen. Zu diesem Zweck hat EU-Gipfelchef Donald Tusk ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Euroländer einberufen. Vor dem Sondergipfel wird es ein weiteres Treffen der Eurogruppe geben, wie Frankreichs Finanzminister Michel Sapin am Freitag ankündigte.

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras zeigt sich optimistisch, dass am Montag eine Einigung erreicht werden kann. "Wir hoffen, dass die abschließende Verhandlungsrunde auf höchster politischer Ebene in Europa stattfinden, und wir arbeiten jetzt daran, dass dieser Gipfel ein Erfolg wird", heißt es in einer Erklärung von Tsipras. "Es wird eine Lösung geben, die die Regeln der Europäischen Union und der Demokratie respektiert und die Griechenland erlauben wird, innerhalb des Euro zum Wachstum zurückzukehren."

36 Kommentare

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  • MonsterLutz
    MonsterLutz

    Die Umverteilung hat doch hier wunderbar geklappt. Weiter gehts.

    Jetzt geht Griechenland erstmal bankrott und dann wird in Frankreich das gleiche Spiel gestartet. Witzig, dass die Leute mit Ahnung schon 2005 angesagt haben, was heute passiert. Und keiner hat darauf geachtet.

    12:15 Uhr, 19.06. 2015
  • markuss
    markuss

    Auf wessen Kosten macht dies die EZB und die EU Politiker: Jetzt kommt die Rolle der Deutschen Steuerzahler, die ... wie in meinem Post genannt, die Deppen darstellen, die zwar keiner mag und die keine echten Freunde haben, aber eben das Geld, das man ihnen bereitwillig abnehmen kann. Tolle Rolle, danke an unsere Politiker!

    12:11 Uhr, 19.06. 2015
  • markuss
    markuss

    Grundsätzlich muss gelten: wer feiern kann, muss auch bezahlen! Wer Schulden macht, muss diese auch bedienen, egal warum und unter welchen Umständen er diese abgeschlossen hat! Wer in Ruhestand geht, muss es sich leisten können!

    Wer das nicht so handhabt, handelt nicht nur unanständig sondern auch extrem egoistisch, nach dem Motto, sollen doch andere Deppen meine Zeche zahlen.

    11:55 Uhr, 19.06. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Greg1387
    Greg1387

    Der Anspruchsgedanke ist zu stark ausgeprägt. Zusatzleistungen gelten als Selbstverständlich. Und allen steht alles zu. Wenn jemand noch nicht die andere Seite gesehen hat, dann wird er die Bedeutung NIE wertschätzen.

    11:41 Uhr, 19.06. 2015
  • Greg1387
    Greg1387

    Ich habe viele Orte dieser Welt bereist und stehe zu meiner Aussage. Es gibt noch viele Probleme in der EU, aber kaum ein anderer Ort auf diesem Planeten bietet eine solche Sicherheit, Freiheit und Stabilität. Die Leute können einfach nicht über den Tellerrand hinaus schauen und wissen es nicht zu schätzen. Natürlich ist die EU stark nach links gerückt, jedoch ist dieser Raum im Gesamtkontext immer noch sehr attraktiv.

    11:36 Uhr, 19.06. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Greg1387
    Greg1387

    EU ist nichts wert? Reisefreiheit, Kulturvielfalt, Pressefreiheit, Demokratie, Stabilität, und und und. Du hast anscheinend keine Ahnung. Natürlich gibt es auch viele Probleme, aber deine Aussage ist falsch. Die meisten Leute sind einfach zu verwöhnt und wissen diese Werte einfach nicht zu schätzen.

    11:27 Uhr, 19.06. 2015
    7 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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