Kommentar
14:41 Uhr, 25.12.2018

"Bad Santa" - Kurs-Schocker an den Märkten

Da der S&P500 seit dem ATH nun über 20% abgegeben hat, befindet sich - laut klassischer Definition- der breite US-Markt seit Heiligabend nun in einem "Bären-Markt". Zudem gab es zuletzt historische Kursbewegungen auf der Unterseite. Somit droht das Jahr 2019 zu einem "Jahr der Extreme" und "Dr. Dooms" zu werden.

Erwähnte Instrumente

  • Die Aktienmärkte erlebten weltweit rund um das Weihnachtsfest historische Kursbewegungen. Der Dow Jones hat an Heiligabend rund 2,9 % an Wert verloren, was wohl einer der schlimmsten jemals an diesem Tag festgestellten Kursverluste gewesen sein dürfte. Vermutlich hatte irgendwann vor 100-150 Jahren zuletzt Ebenezer Scrooge oder ein ähnlich gearteter Zeitgenosse alle seine Positionen gleichzeitig zu Weihnachten auf den Markt geworfen, weil er das "Fest der Liebe" halt so hasste.
  • Ebenso sind die im laufenden Quartal inzwischen aufgelaufenen über 5.000 Punkte an Kursverlusten (seit dem Hoch im Oktober 2018) in solch einem kurzen Zeitraum ein einmaliger Vorgang. Zwar gab der US-Leitindex im Zuge der "Lehman Brothers-Krise" (2007-2009) insgesamt sogar über 7.700 Punkte ab. Für die ersten 5.000 Punkte benötigte der Index damals aber immerhin noch ein ganzes Jahr, am Ende hatte der Index sich dann mehr als halbiert. Nun denn, wir leben in Zeiten des Hochfrequenz-Handels, was will man erwarten?
  • Man spricht gemeinhin von einem Bären-Markt, wenn große Indizes mindestens bzw. mehr als 20 % an Kursverlusten seit den letzten Hochs erleiden mussten. Diesen zweifelhaften "Meilen-Stein" erreichte nun nach dem NASDAQ100 auch bereits der S&P500, als er sich am 24.12.2018 auf nun über minus 20 % hieven konnte.
  • Aktueller Stand an Verlusten seit den letzten Hochs bei einer Auswahl weitere Indizes: Nasdaq 100: fast minus 24 %, Dow Jones: etwas über 19 %, DAX: fast minus 23 % (ohne bislang die zuletzt schweren Kursverluste des US-Marktes überhaupt schon einpreisen zu können), usw. usf.

Sämtliche bislang in den letzten Wochen von fundamentaler Seite her dargereichten Erklärungen für die Kursschwäche reichen meines Erachtens nicht aus, um solche gewaltigen Kursbewegungen zu rechtfertigen. Klar, es ist normal, dass die Wirtschaft abflaut, wenn sich das Zins-Umfeld entsprechend verschlechtert. Ebenso wirken sich natürlich Strafzölle und verhängte Sanktionen gegen Länder wie Russland und Iran für die Wirtschaftszweige vieler Länder nicht gerade positiv aus. Government-Shutdowns gab es selbst in den Amtszeiten von Bill Clinton und Barack Obama und gefühlt wurde damit in den letzten Jahren und Jahrzehnten nahezu jährlich zumindest gedroht. Es mag sein, dass es auch einfach die Summe der Dinge macht, denn hinzu kommt ja auch noch ein prinzipiell unberechenbarer US-Präsident sowie eine fast weltweite politische "Pseudo-Elite", deren wirtschaftliche und soziale Inkompetenz wohl historisch ihresgleichen suchen dürfte und die sich lieber in ideologischen Scheingefechten übt, als von der Vernunft getrieben ihren Job zu machen.

Fakt ist zudem: Börsenplätze und Finanzmärkte allgemein hassen pauschal jegliche Form der Ungewissheit und schaut man sich einmal die Charts und Kursverläufe genauer an, so muss man festhalten, dass das ganze Elend im Vorfeld der US-Midterm-Wahlen seinen Lauf nahm und die Ereignisse sich nur kurz nach Bekanntgabe des Wahl-Ergebnisses ihren Weg bahnten. Am 08.11.2018 beendete der Dow Jones seinen charttechnischen Rücklauf auf die im Vorfeld der Midterms bereits erlittenen Kursverluste und neigte sich zurück gen Süden.

Fakt ist aber auch: seit den letzten Major Lows aus den Jahren 2015/2016 ist der Dow Jones noch immer rund 40 % vorne, was die zuletzt doch recht üblen Kursabsacker sicherlich etwas relativieren dürfte.

Fazit: Sorgenfalten treibt mir aber etwas ganz anderes auf die Stirn, nämlich der Umstand, dass der Markt derzeit eventuell Dinge einpreist, die erst noch geschehen werden, bzw. veröffentlicht werden müssen....und Dinge, die Kursabsacker in solcher Form auslösen, sind zumeist darauf ausgelegt, sich auch unmittelbar auf die Real-Wirtschaft und auch das sonstige Leben außerhalb des Börsen-Parketts auswirken zu können. Etliche Firmen haben zuletzt bereits Massenentlassungen angekündigt. Darüber hinaus stehen im Frühjahr die nächsten €uropa-Wahlen an und die €uro-Zone ist zerrissen wie nie zuvor in ihren doch noch recht jungen Geschichte. In Ländern wie Frankreich und Teilen Skandinaviens herrschen bereits hier und da Szenarien vor, die durchaus bürgerkriegsähnliche Zustände angenommen haben. In Frankreich richtete sich die "Gelbwesten-Initiative" bereits aggressiv gegen die französische Politik und deren Vertreter. Wenn solche Szenarien sich häufen und auf weitere Länder überschwappen sollten (hier könnte zum Beispiel in Großbritanien der BREXIT solch eine fatale katalytische Wirkung entfalten und auch in Italien oder anderen Südländern, wie zum Beispiel Spanien, könnte der nächste Funken ein Pulverfass entzünden), könnten wir plötzlich im Jahr 2019 ein Umfeld erleben, das man bislang nur aus düsteren Dystopien kannte.....dies sind beileibe keine schönen Aussichten.

Michael Borgmann, heute mal als Dr. Doom unterwegs

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3 Kommentare

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  • vespa
    vespa

    "

    Es mag sein, dass es auch einfach die Summe der Dinge macht, denn hinzu kommt ja auch noch ein prinzipiell unberechenbarer US-Präsident sowie eine fast weltweite politische "Pseudo-Elite", deren wirtschaftliche und soziale Inkompetenz wohl historisch ihresgleichen suchen dürfte und die sich lieber in ideologischen Scheingefechten übt, als von der Vernunft getrieben ihren Job zu machen."


    Danke für diesen Satz! Der fasst meine Einstellung zur aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage ganz gut zusammen! :-)

    12:45 Uhr, 27.12.2018
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Wie kann man Kursverluste in Punkten 2018 mit denen von 2007 vergleichen??? Schon mal daran gedacht das der Dow damals viel niedriger stand....man man, das sagt schon einiges über den Autor aus!

    21:26 Uhr, 25.12.2018
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Ich denke, dass es nur übertriebene Angst ist, die sich im Laufe des kommenden Jahres relativieren dürfte.

    Ich hab die Stimmung der letzten Jahre beobachtet. Wenn die Börsen über längere Zeit stark stiegen (wie im Laufe diesen Jahres), dann meinte fast jeder Analyst, dass es aktuell keinen Grund gibt, dass die Börsen fallen. Wenn die stark fielen, wie 2015/16, gab es keinen Grund, dass die Börsen steigen, aber irgendwann drehten die überraschenderweise.

    Die Börsen sind bisher stark gefallen, das Sentiment ist sehr schlecht, die Zahlen insgesamt ganz gut und aus zyklischer Sicht sieht es für nächstes Jahr auch gut aus. Also zumindest eine ordentliche Gegenbewegung sollte vor der Tür stehen. Dann sehen wir weiter....

    21:04 Uhr, 25.12.2018

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Michael Borgmann
Michael Borgmann
Technischer Analyst und Trader

Als "Kind des Neuen Marktes" kann Michael Borgmann inzwischen auf über 25 Jahre Börsenerfahrung zurückblicken und hat dabei schon früh die Anwendung der Technischen Analyse (Charttechnik) als "Mittel zum Zweck" für sich ausgemacht. Bei seinen Analysen beschränkt er sich nicht nicht auf einzelne wenige Aspekte der Materie, sondern verfolgt einen ganzheitlichen analytischen Ansatz, indem er Candlesticks, Elliott-Wellen, Fibonaccis, die Ichimoku-Methodik und diverse andere charttechnische Hilfsmittel miteinander kombiniert. In der Summe sieht er dadurch die Technische Analyse gegenüber der Fundamental-Analyse im Vorteil, da sie tagesaktuelle Chartdaten auswerten kann und somit einen deutlichen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Auswertung zum Beispiel veralteter Quartalszahlen hat. Seit Juli 2015 betreut Michael Borgmann den Premium-Service „Centre Court Börse” (CCB) im stock3 Terminal (vormals: Guidants).

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