Kommentar
16:06 Uhr, 29.11.2022

Ein Markt, der viele Erwartungen kaum erfüllen kann

Der Markt, insbesondere der deutsche, befindet sich momentan, was die derzeit plausiblen Bewegungsspielräume nach oben und unten betrifft, in einer breiten aber überschaubaren Handelsspanne. Solche Märkte führen oftmals dazu, dass Anleger ungeduldig werden, weil gefühlt ja "nichts" passiert.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 14.407,74 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 33.849,46 $ (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX - WKN: 846900 - ISIN: DE0008469008 - Kurs: 14.407,74 Pkt (XETRA)
  • Dow Jones - WKN: 969420 - ISIN: US2605661048 - Kurs: 33.849,46 $ (NYSE)

Moin!

Wie bereits seit ein paar Wochen von mir im CCB Centre Court Börse kommuniziert, befindet sich der Markt, insbesondere der deutsche Markt, momentan, was die derzeit plausiblen Bewegungsspielräume nach oben und unten betrifft, in einer breiten aber überschaubaren Handelsspanne.

Dementsprechend sollte und kann man auch in den kommenden Wochen, wenn nicht gar Monaten keine großen Erwartungen an den Markt als solches und insbesondere darin erzielbare Performance haben. Eine stabilere Trendphase, die mehr als nur ein paar Prozent in eine der beiden Richtungen halbwegs dynamisch und unterbrechungsfrei abspulen kann, ist derzeit nicht in Sicht. In solchen Marktphasen liegt es in der Natur der Sache, dass die Bewegungsstrukturen sich über größerer Zeiträume eher zufällig und hektisch und selten nachhaltig präsentieren.

Dafür gibt es diverse Begriffe wie "Schaukel-Börse", "Schiebe-Markt" und "Sägezahn-Markt".

Das Jahresende und natürlich auch der Winter stehen vor der Tür. Insbesondere die Großinvestoren haben sich Ende September/Anfang Oktober dort eingedeckt, wo sie die Rücksetzer als übertrieben empfunden haben, und pflegen darüber hinaus oftmals schon im Dezember ihre Bücher weitestgehend zu schließen. Etliche Aktien haben seit ihren Jahrestiefs ordentlich zulegen können und seither hohe zweistellige Performances abliefern können. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn Tag für Tag liefern noch immer hunderte von Aktien weitere neue 52-Wochentiefs (man schaue exemplarisch nur mal in den EV-Sektor, wo es inzwischen zahllose Pennystocks gibt) und darüber hinaus notieren hochkapitalisierte Schwergewichte wie Apple, Amazon und Tesla momentan gerade einmal rund 10 % über ihren Jahrestiefs.

In solch einer Gemengelage im Verbund mit der zuvor abgelaufenen starken Rally-Bewegung in etlichen Aktien und Indizes kommt der Markt nun seit ein paar Tagen ein wenig zur Ruhe und muss sich nun erst einmal selber finden. Es wird charttechnisch und fundamental auf breiter Front von den Marktteilnehmern abgewogen, ob sich die Bewegungen nach oben noch fortsetzen, in wie weit das noch geht und ob das zwingend auf direktem Weg erfolgen wird und muss. Das sind gewichtige Fragen, auf die man derzeit aber nur bedingte Antworten bekommt. Zudem wird auch zu fragen sein, wie es vor allem um die europäische Infrastruktur in Sachen Energie-Versorgung bestellt ist, denn die dunkelsten Tage des Jahres stehen die nächsten 4-6 Wochen bevor, eine Zeit, in der Solarenergie traditionell schwächelt und sich auch in Sachen Wind nicht allzu viel tut.

In Summe übt sich der Markt also momentan aus vielerlei Gründen schlicht in Zurückhaltung und schlimmstenfalls kann das noch bis ins kommende Frühjahr anhalten, also bis feststeht, ob es Blackouts, Brownouts oder ähnliche Dinge gegeben haben wird und wie mit solchen Situationen (vor allem auch von der Industrie) umgegangen werden konnte und natürlich, welche Schäden daraus letztlich entstanden sind. Wer frühzeitig in den Markt zurück gekehrt ist (Ende Sep/Anfang Okt), hockt zumeist auf zum Teil stattlichen Gewinnen und sieht (abgesehen von ein paar Absicherungen via Hedge/SL) wohl eher wenig Handlungsbedarf aktuell zu agieren oder hat bereits Gewinne realisiert und mitgenommen und wieder einiges an Cash aufgebaut. Noch größer ist vermutlich die Zahl der Anleger, die bislang dem "Braten nicht getraut" und seit Wochen eher wenig bis gar nichts auf der Long-Seite gemacht haben. Auch hier liegt eine Mange Cash vor, aber durch die inzwischen erreichten Kurs-Niveaus fließt dieses nicht in den Markt, weil natürlich dieses Klientel auf größere Rücksetzer wartet, um erst dann wieder zu investieren.

Diese Situation spiegelt sich durch die breiten Patts zwischen Bullen und Bären in den Charts adäquat wider.

Fazit: Kleine Eruptionen und Mini-Crahs können an den aktuellen Chartbildern wenig ändern und wirken beide in Summe eher unspektakulär in Sachen möglicher jeweiliger Ausdehnung. Aktuell ist am Aktienmarkt alles eigentlich eher eine Sache des Timings, sprich: wann rein und raus und in welche Richtung? Eine größere Position Cash ist in einem solchen eher reinen Trading-Markt auf jeden Fall sinnvoll, dazu gehört dann aber auch eine ebenso große Portion Geduld. Der jeweils vorherrschende Markt ist immer so, wie er ist, und das sollte und muss man sowohl als Trader als auch als Investor einfach akzeptieren.

Mit Ungeduld ist Börsenerfolg in der Regel nicht zu erreichen, gerade die Zeit nach der Unterbrechung von Trendphasen ist oftmals teurer als ein kleiner Crash, denn hier greift das Motto von: "Hin und her - Tasche leer". Ich persönlich kann mit dieser Situation aus langer Erfahrung eher entspannt umgehen und hektische bis hoch anspruchsvolle Marktphasen hatten wir die letzten 2-3 Jahre ja zuhauf. Da sind Marktphasen wie jetzt auch wichtig zur Entspannung und zum Krafttanken für das, was da noch kommen wird. Ein Großteil der Zeit wird dann mit oftmals kaum zählbaren Ergebnissen beim Markt-Screening verbracht. Es soll also niemand denken, dass unsereins nun die meiste Zeit des Tages auf der faulen Haut liegen würde, es findet sich halt ungleich weniger, was man präsentieren kann oder unbedingt müsste, zu viele SetUps wären schlichtweg beliebig. Haut man in solchen Phasen zu viele davon raus, kommt es ohnehin oft in Summe nur zum Coinflip, sprich: die einen Setups gehen auf und die andern nicht, am Ende ist es dann ein Nullsummenspiel mit verbrauchter und verschenkter Lebenszeit plus ein paar Ordergebühren, sofern denn je nach Broker welche anfallen.

In diesem Sinne soll dieser heutige CCB-Newsletter noch einmal sensibilisieren, die Erwartungen an d(ies)en Markt weiter deutlich herunter zu schrauben, bis wieder nachhaltigere Action am Horizont auftaucht. In solchen Action-Phasen wird ohnehin zumeist ein Großteil der Jahres-Performance erzielt. Vor allem beim Swing-Trading. Also lautet das daraus abzuleitende Motto: Einfach mal ein wenig die Füße hoch legen und nicht mehr als nötig vor den Monitoren kleben!

Michael Borgmann

CCB Centre Court Börse

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Über den Experten

Michael Borgmann
Michael Borgmann
Technischer Analyst und Trader

Als "Kind des Neuen Marktes" kann Michael Borgmann inzwischen auf über 25 Jahre Börsenerfahrung zurückblicken und hat dabei schon früh die Anwendung der Technischen Analyse (Charttechnik) als "Mittel zum Zweck" für sich ausgemacht. Bei seinen Analysen beschränkt er sich nicht nicht auf einzelne wenige Aspekte der Materie, sondern verfolgt einen ganzheitlichen analytischen Ansatz, indem er Candlesticks, Elliott-Wellen, Fibonaccis, die Ichimoku-Methodik und diverse andere charttechnische Hilfsmittel miteinander kombiniert. In der Summe sieht er dadurch die Technische Analyse gegenüber der Fundamental-Analyse im Vorteil, da sie tagesaktuelle Chartdaten auswerten kann und somit einen deutlichen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Auswertung zum Beispiel veralteter Quartalszahlen hat. Seit Juli 2015 betreut Michael Borgmann den Premium-Service „Centre Court Börse” (CCB) im stock3 Terminal (vormals: Guidants).

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