Kommentar
12:11 Uhr, 26.03.2019

Auswege aus der Verlustfalle beim Trading

Haben Sie schon etwas von "relativem Moneymanagement" gehört? Nein, dann lesen Sie unbedingt diesen Beitrag von Klaus Birkholz, Experte für automatisiertes Trading auf Guidants.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)
  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Da es im automatisierten Handel auf meinem Guidants Experten-Desktop derzeit nicht viel Bewegung gibt, schreibe ich heute etwas zum Money-Management für Trader. Oft lese ich bei den Kollegen, dass es sehr wichtig ist, das Risiko zu begrenzen und bei jedem Trade schnell zu verringern, so dass ich immer handlungsfähig bleibe.

Ich möchte 2 Varianten beschreiben, wie das in der Praxis umgesetzt werden kann:

Der klassische Ansatz zur Risikobegrenzung

Ich als Trader rechne damit, im Verlustfall bei einem Trade maximal 1 % des Depotwertes zu verlieren. Das bedeutet nicht, dass ich als Trader 100 Versuche habe, bis mein Trading-Kapital verbraucht ist, sondern folgt etwas anderen Regeln, da ich die 1 % vom verbleibenden Trading-Kapital berechne.

  • Nach 10 Verlusttrades in Folge verbleiben noch 90,44 % des Depotwertes.
  • Nach 100 Verlusttrades in Folge verbleiben noch 36,60 % des Depotwertes.

Dazu kommt, dass im Normalfall empfohlen wird, das Risiko je Trade abzurunden, wenn das gehandelte Produkt ein exaktes Abbilden des maximalen Risikos nicht zulässt.

Die folgende Aufstellung zeigt die Entwicklung des Depotwertes nach x Verlusttrades in Folge:

No. Depotwert bei Risiko 1 %
100000,00
1 99000,00
2 98010,00
3 97029,90
4 96059,60
5 95099,00
6 94148,01
7 93206,53
8 92274,47
9 91351,72
10 90438,21
20 81790,69
30 73970,04
40 66897,18
50 60500,61
60 54715,66
70 49483,87
80 44752,32
90 40473,20
100 36603,23

Diese Vorgehensweise ist gut und wichtig, um immer handlungsfähig zu bleiben, hat aber auch Nachteile. Angenommen, ich trade langfristig für größere Anschaffungen, mittelfristig für einen schönen Urlaub, je nachdem, wie es läuft und kurzfristig mit meinem "Spielgeld" z.B. voll automatisiert, bis sich die entwickelten Systeme bewiesen haben.

Wenn ich für alle Timeframes das Moneymanagement identisch verfolge, bedeutet das, dass ich im langfristigen Fall 1 % des Depotwertes einsetze für eine Bewegung im gehandelten Basiswert, die vielleicht 20 % oder 50 % beträgt. Ggf. dauert es viele Jahre, bis das Ziel erreicht oder der Verlust realisiert wurde.

Im mittelfristigen Fall setze ich ggf. auf eine Bewegung im Basiswert von 5 % bis 20 %. Diese ist nach meiner Planung vielleicht in einigen Monaten erreichbar. Ich handle öfter und riskiere jedes Mal 1 % des Depotwertes. In dem Fall haben mehrere mittelfristige Trades in meiner Moneymanagement-Betrachtung das gleiche Gewicht wie ein langfristiger Trade.

Im kurzfristigen Fall wird das noch sehr viel deutlicher. Wenn ich im Zeitraum einer Woche 5 oder sogar noch viel mehr Trades starte und beende, die auf Bewegungen des Basiswertes von 0,5 % bis 5 % setzen, dann ist die Gewichtung noch problematischer. Das Gewicht jedes einzelnen kurzfristigen Trades sorgt dafür, dass die 5 Trades einer Woche, wenn ich mal nicht so erfolgreich bin, die erwarteten Gewinne des langfristigen und ggf. mehrerer mittelfristiger Trades zunichte machen.

Das frustriert und lässt an den eigenen Fähigkeiten zweifeln, obwohl man ja technisch alles richtig gemacht hat. Diesen Effekt habe ich in meiner Laufbahn als Trader mehr als einmal zu spüren bekommen und eine Lösung dafür gesucht.

Relativ gewichtetes Moneymanagement

Ein Lösungsansatz, um das Moneymanagement an die Wertentwicklungen verschiedener Basiswerte und geplanter Haltedauern anzupassen, ist das "Relative gewichtete Moneymanagement". Abhängig von der Volatilität eines Basiswertes und der erwarteten Performance bzw. des maximalen Risikos, dass in einem Trade riskiert werden soll, wird die Positionsgröße nach einfachen Regeln festgelegt. Basis für die Berechnung der Positionsgröße sind immer der Depotwert und der relative Abstand zum SL im Basiswert. Das bedeutet demnach, für jeden Trade wird im Vorfeld ein SL definiert.

Ich möchte das direkt an Beispielen erklären:

Ich gehe von einem Depotwert der Größe 10.000 € aus.

Die wichtigste Festlegung je Basiswert: Es soll 1 % des Depotwertes riskiert werden, wenn der Basiswert sich um 1 % bewegt. Das macht den Ansatz des Relativen gewichteten Moneymanagements aus!

Produkt 1: Gehandelt mit einem Dax CFD, wobei die kleinste handelbare Einheit 0.10 ist und bedeutet, dass eine Bewegung von 100 Dax-Punkten einem Ergebnis von 10,00 € entspricht, im Gewinn oder im Verlust.

Produkt 2: Gehandelt wird ein KO-Zertifikat, wobei ein Zertifikat 20,00 € kostet und 100 Dax-Punkte verändern den Wert des Zertifikats um 1,00 €

1. Beispieltrade

DAX Long

  • Start @ 11600
  • SL @ 11500
  • TP @ 11800

Das CRV ist 2,0 (200 Dax-Punkte Chance bei 100 Dax-Punkten Risiko) und damit in Ordnung.
Das Risiko für den Trade beträgt 100 Punkte des Basiswertes.
Die relative Entwicklung des Basiswertes vom Einstieg bis zum SL ist 0,86 %. Demnach werden max. 0,86 % des Depotwertes riskiert, also 86,00 €.
Produkt 1: Gehandelt werden 0.80 Dax-CFDs (immer abrunden, um im Zweifel das Risiko kleiner zu halten)
Produkt 2: Gehandelt werden 85 KO-Zertifikate (da der Spread berücksichtigt werden muss, im Zweifel abrunden)

Der 1. Beispieltrade zeigt schon, dass nicht immer 1 % des Depotwertes riskiert werden. Warum das sinnvoll ist, zeigt der 2. Beispieltrade.

2. Beispieltrade

DAX Long

  • Start @ 11600
  • SL @ 11300
  • TP @ 12300

Das CRV ist diesmal noch größer mit 2,3, spielt aber für die Positionsgrößenbestimmung keine Rolle.
Das Risiko für den Trade beträgt 300 Punkte des Basiswertes.
Die relative Entwicklung des Basiswertes vom Einstieg bis zum SL ist 2,59 %. Demnach werden max. 2,59 % des Depotwertes riskiert, also 259,00 €.
Produkt 1: Gehandelt werden 0.80 Dax-CFDs (Risiko 240 €)
Produkt 2: Gehandelt werden 85 KO-Zertifikate (Risiko 255 €)

Die Positionsgröße des Trades bleibt in dem Fall gleich, da wir im gleichen Basiswert aktiv sind und zum gleichen Zeitpunkt starten. Jedoch wird der 2. Besipieltrade deutlich länger laufen und daher wurde das Depotrisiko erhöht.

  • Die Positionsgröße ändert sich in Abhängigkeit vom Depotwert und vom Einstiegskurs des Basiswertes.
  • In der Zeit, die der Long-Trade mit weiter entferntem SL läuft, könnten z.B. 3 Trades mit kleinerem SL laufen. Diese dürfen nicht das gleiche Risiko für das Depot bedeuten, so dass ich auch beim Trading höherer Frequenz handlungsfähig bleibe.

Versucht mal, diese Idee auf andere Basiswerte anzuwenden. Ihr werdet schnell merken, dass dadurch die Trades viel besser vergleichbar werden.

Im automatisierten Gold -Handel auf meinem Server liegt das Depotrisiko je Trade bei ca. 0,5 %. Wer die dokumentierten Trades verfolgt hat, wird feststellen, dass der SL zu Beginn jedes Trades ca. 1,5 % vom Einstiegskurs entfernt liegt. Dadurch wird das Risiko sehr gering gehalten und ich habe die Möglichkeit, mehrere Trades gleichzeitig laufen zu lassen, ohne das Gesamtrisiko zu stark zu erhöhen.

Auswege-aus-der-Verlustfalle-beim-Trading-Kommentar-Guidants-Team-GodmodeTrader.de-1
Ergebnisse des Strategy-Testers für den Gold-Handel des Systems der letzten 10 Jahre

"Relatives gewichtetes Moneymanagement" ist das Stichwort.

Es hat sich bewährt und hat vor allem in Phasen, in denen ich über Wochen hinweg aktiv mehrere Trades pro Tag gestartet habe, den Frust in längeren Verlustphasen klein gehalten. Oft hat bereits eine erfolgreiche mittelfristige Position alle Verluste dieser aktiven erfolglosen Phase wieder ausgeglichen. Von den langfristigen Positionen möchte ich dabei noch gar nicht sprechen. Gewürzt mit einer gesunden Diversifikation über die Märkte steht so dem Erfolg nichts mehr im Wege.

Viele Grüße
Klaus Birkholz


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Klaus Birkholz hat nach dem Studium der Wirtschaftsinformatik in mehreren Unternehmen als IT-Berater gearbeitet. Seit vielen Jahren entwickelt er automatische Tradingmodelle und lässt diese auf eigenen Servern für sich handeln. Seit 2019 ist Klaus Birkholz Experte für automatische Handelssysteme auf Guidants.

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  • ToWo
    ToWo

    Mit großen Interesse habe ich Ihren Artikel gelesen. Ich bin allerdings über die beiden Beispiele gestolpert und komme nicht weiter. Wie schließen Sie bei dem ersten Beispiel von einem CRV von 2% auf einen zu verwendenden Depotwert von 0,86%? Ein kleines Beispiel zum Nachrechen wäre super!

    12:22 Uhr, 31.03.2019

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