Ausblick auf die US-Notenbanksitzung: Kleine Schritte zu großen Veränderungen
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Die kommende US-Notenbanksitzung verdient besondere Aufmerksamkeit. Nicht, weil größere Veränderungen zu erwarten wären. Doch die Geldpolitik nähert sich einem unvermeidlichen Wendepunkt. Und die Fed hat deutlich gemacht, dass sie große geldpolitische Anpassungen nur in kleinen Schritten vollziehen wird. Die Anleger werden daher sehr genau darauf achten, ob, und welchem Umfang es zu folgenden zwei Themen zu Diskussionen kam: Reduktion der Anleihekäufe und Änderungen bei den Inflationserwartungen.
Der Anstieg der Inflation im Mai auf 5,0 Prozent im Jahresvergleich – weit über den Konsens- und Fed-Schätzungen – erhöht den Druck auf die Notenbanker. Einige von ihnen warnten bereits zuvor, die höheren Inflationszahlen nicht ganz sorglos zu beobachten. Doch dürfte die Mehrheit der Notenbanker den sich aufbauenden Preisdruck weiterhin als nur vorübergehend einschätzen. Das von der US Notenbank bevorzugte Maß für die Inflationserwartungen – die langfristige Prognose der professionellen Prognostiker – scheint tatsächlich "gut verankert" bei etwa zwei Prozent zu sein. Tendenz jedoch leicht steigend.
Die für die Anpassung der geldpolitischen Ausrichtung notwendige Bedingung eines "ausreichenden Fortschritts der wirtschaftlichen Erholung" dürfte jedoch noch nicht gegeben sein. Die Lage des Arbeitsmarktes ist trotz einiger solider Fortschritte weit von dem entfernt, was die Notenbank als maximale Beschäftigung ansieht. Ferner ist es derzeit sehr schwer, im Zahlenwirrwarr zwischen Rauschen und Signal zu unterscheiden.
Kleinere technische Anpassungen scheinen hingegen schon möglich. Denn daran, dass der Markt mit genügend Liquidität versorgt ist, besteht unserer Meinung nach kein Zweifel. Sowohl die Rekordnachfrage nach Übernachteinlagen wie auch die extrem unterstützenden finanziellen Rahmenbedingungen sprechen dafür. In dieser Hinsicht erwarten wir in der kommenden Sitzung eine eher "technische" Anpassung des Zinssatzes für Übernachtrückkaufvereinbarungen sowie der Zinsen auf Überschussreserven (IOER). Mit einer Ankündigung, die Anleiheankäufe bald reduzieren zu wollen, rechnen wir nicht. Doch das Thema wird eher früher als später auf die Tagesordnung kommen.
Erst kürzlich haben mehrere Notenbanker ihre Bereitschaft dazu geäußert. Damit beginnt zwar der Warmlaufprozess, der Beginn eines Entscheidungsprozesses wird damit aber noch nicht direkt eingeleitet.
Die höhere Inflation und das sich beschleunigende Wirtschaftswachstum werden sich jedoch in den aktualisierten Wirtschaftsprognosen widerspiegeln müssen. So könnten wir uns auch vorstellen, dass die Notenbanker die Zuschreibung "temporär" für die Inflation neu definieren: bis ins Jahr 2022 hinein. Zur Entwicklung des Leitzinses erwarten wir jedoch keine Neubewertung. Es dürfte vorerst bei kleinen Schritten in Richtung großer Veränderungen bleiben.
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