Kommentar
09:13 Uhr, 02.09.2016

Aus der Traum von ewig steigenden Kursen?

Wenn Aktienkurse nicht von alleine steigen wollen, können sich Unternehmen noch immer selbst helfen. Sie kaufen einfach eigene Aktien zurück. Das scheint nun aber nicht mehr zu funktionieren.

Wer in den letzten Jahren vor allem Aktien von Unternehmen hielt, die ihre eigenen Wertpapiere zurückkauften, hatte viel Freude. Vergleicht man den S&P 500 mit dem PowerShare Buyback ETF, dann liegt die Sache klar auf der Hand. Der ETF, der Aktien von Unternehmen hält, die ihre eigenen Papiere zurückkaufen, hat den breiteren Markt deutlich geschlagen.

Ausgehend vom Tief im Jahr 2009 bei 50 Punkten stieg der Index bis Sommer 2015 auf gut 210 Punkte. Das ist eine Vervierfachung. Der S&P 500 kann lediglich eine Verdreifachung ausweisen. Das ist ein signifikanter Performanceunterschied.

Nun wendet sich das Blatt. Seit einem Jahr kommt der ETF nicht mehr vom Fleck. Er steht sogar ein paar Prozente im Minus. Der breite Markt hingegen konnte nach oben ausbrechen und neue Allzeithochs erklimmen. Es sieht so aus, als ob Aktienrückkäufe kein Allheilmittel mehr wären.

Es ist noch zu früh, um mit Sicherheit sagen zu können, woran das liegt. Ein durchaus stichhaltiges Argument für die Underperformance: Unternehmen sind inzwischen so hoch verschuldet, dass Aktienrückkäufe in Zukunft geringer ausfallen werden.

Die Verschuldung ist zuletzt auf einen Rekordwert gestiegen. Die Schulden im Verhältnis zum Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) sind seit 2014 massiv gestiegen. Vor dem großen Schuldenboom lag das Verhältnis bei 1,7. Inzwischen ist es auf über 2,2 angestiegen.

Auch bei niedrigen Zinsen akkumulieren Unternehmen durch immer höhere Schuldenberge hohe Ausgaben. Die Schulden müssen bedient werden und wenn die Bilanzen der Unternehmen erst einmal hoch gehebelt sind fällt zukünftiger Spielraum weg.

Unternehmen ihrerseits haben in den letzten Monaten weniger Rückkäufe autorisiert. Das Volumen der Rückkäufe dürfte in den kommenden Monaten also etwas sinken. Die Verschuldung wird das nicht unbedingt bremsen. Viele Unternehmen verzeichnen rückläufige oder stagnierende Gewinne, sodass selbst bei geringerer Neuverschuldung das Verhältnis von Schulden zum EBITDA steigt.

Den Trend zur Underperformance kann man auf zwei Arten interpretieren. Entweder geht die Performance zurück, weil Unternehmen ihre Rückkäufe etwas zurücknehmen oder Anleger sind schlauer geworden und belohnen die exzessive Verschuldung nicht weiter durch Aktienkäufe. Letzteres ist eher unwahrscheinlich. Die meisten Anleger interessieren sich für kurzfristige Kurssteigerungen und nicht so sehr für eine langfristig gesunde Bilanz.

Die Kurse der Unternehmen, die Rückkäufe durchführen, dürften dem Markt so lange hinterherhinken, bis die Verschuldung wieder sinkt. Derzeit ist die Erwartung, dass Unternehmen zukünftig nicht mehr in der Lage sein werden in so hohem Ausmaß Aktien zurückzukaufen. Das lastet auf den Kursen. Erst, wenn die Gewinne wieder steigen und Unternehmen so wieder mehr Spielraum gewinnen, dürfte die entsprechenden Aktien wieder eine Phase der Outperformance beginnen.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • MMU amüsiert
    MMU amüsiert

    So weit ich weiss, haben die Japaner schon vor Jahren versucht die Wirtschaft mit billigem Geld anzukurbeln und gebracht hat's nichts. Schön ist aber, dass der ex Goldman-Banker mit dem billigen Geld für steigende Kurse sorgt. Meiner Meinung nach ist das eine Hausse wie damals in den 90igern, statt Technologie heisst es heute Marging Dept und alles kaufen.

    00:46 Uhr, 03.09. 2016
  • anweb
    anweb

    ... und dadurch dass die EZB nun auch noch Unternehmensanleihen aufkauft, unterstützt sie diesen Irrwitz der Aktienrückkäufe (=Perpetuum Mobile).
    Kein Wunder, dass die Liquiditätsschwemme in der realen Wirtschaft nicht ankommt! Anstatt in Entwicklung zu investieren, winken die Vorstände die Rückkaufprogramme großzügig durch mit Blick auf die eigenen Bonuszahlungen, die oftmals an der Kursentwicklung gekoppelt ist.

    Diese eigennützige und kurzfristige Sichtweise wird irgendwann einmal zu einem Kollaps führen, der wie immer die breite Masse treffen wird. Die Verursacher selbst haben natürlich bis dahin ihre Bonuszahlungen gesichert und beobachten dann das Geschehen aus sicherer Entfernung aus ihrer x-ten Villa …

    10:48 Uhr, 02.09. 2016
  • Mondschein
    Mondschein

    Sehr gut beschrieben Herr Schmale. Kennzahlenanalysen in Zeiten von Notenbankpolitik scheint "OUT" zu sein.

    10:08 Uhr, 02.09. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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